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Die Rolle der Staubkoagulation bei der Planetenentstehung. Coulomb-dipolinduzierte Gelierung im besonderen
Die Rolle der Staubkoagulation bei der Planetenentstehung. Coulomb-dipolinduzierte Gelierung im besonderen
Die Aufenthaltsdauer von Staub in protoplanetaren Scheiben ist zeitlich begrenzt, da die Staubmaterie durch Reibung mit dem Gas an Drehimpuls verliert und auf das Zentralgestirn driftet. In einer turbulenten Scheibe geschieht dies in Zeitspannen, die kürzer sind, als die typischen Wachstumszeitskalen von Staub hin zu Planetesima- len, so daß nicht mehr ausreichend Staubmaterie zur Planetenbildung zur Verfügung steht. Diese Zeitskalenproblematik wird in der vorliegenden Arbeit anhand eines konvektiv- turbulenten Scheibenmodells ausführlich diskutiert. Da eine globale Sichtweise der Staubentwicklung erwünscht ist, wird einem analytischen Modell gegenüber einem numerischen der Vorzug gegeben. Es werden die hydrodynamischen Gleichungen in radialer und vertikaler Richtung unabhängig voneinander für Bedingungen in einer protoplanetaren Scheibe weitestgehend gelöst und im Grenzfall analytische Nähe- rungen vorgeschlagen. Die Einführung einer stationären Lösung für die vertikale Verteilung der Staubmaterie ermöglicht es, eine Verbindung zwischen theoretischem Modell und beobachtbaren Größen wie Akkretionsrate und Opazität herzustellen. Um das Problem der Wachstumszeitskalen zu lösen, wird erstmals die Fragestellung diskutiert, ob die Aufladung von Staub den Wachstumsprozeß in protoplanetaren Scheiben beschleunigen kann. Bei den bisherigen Rechnungen zur Staubkoagulation wurde allein der geometrische Koagulationsquerschnitt berücksichtigt. In Experimenten zum Wachstum von geladenen Staubpartikeln, die im Vorfeld dieser Dissertation in Zusammenarbeit mit dem MPE unter den Bedingungen der Schwere- losigkeit auf der Internationalen Raumstation durchgeführt wurden, wurde erstmals der Effekt der Coulomb-dipolinduzierten Gelierung (einer Art Runaway-Wachstum) von Staub nachgewiesen. In einem System mikropshärischer, zu gleichen Teilen nega- tiv und positiv geladener Staubpartikel bilden sich dabei innerhalb weniger Sekunden sog. Runaway-Agglomerate, die ∼ 10% der Gesamtmasse des Systems enthalten. Die Auswertung einiger dieser Experimente ist ebenfalls Bestandteil dieser Arbeit. Basierend auf den Ergebnissen dieser Experimente wird überprüft, inwieweit die Be- dingungen in einer protoplanetaren Scheibe für Coulomb-dipolinduzierte Gelierung von Staub gegeben sind. Dabei wird ersichtlich, daß durch diesen neuen Wachs- tumsprozeß das Staubwachstum in bestimmten Regionen der jungen protoplaneta- ren Scheibe deutlich vorangetrieben werden kann. Durch das Zusammenwirken von beschleunigtem Staubwachstum und der dadurch bedingten Änderung der Opazi- tät verändern sich die turbulenten Eigenschaften der Scheibe. Zum einen führt dies zur Sedimentation von Staub, so daß sich in der Mittelebene eine dichte Staub- schicht herausbildet, die gravitativ instabil werden kann. Zum anderen wird weitere Akkretion unterbunden, so daß ausreichend Staubmaterie für die folgenden Schrit- te der Planetenentstehung erhalten bleibt. Damit wird in dieser Arbeit ein Weg zur Überwindung der Problematik der Wachstumszeitskalen bei der Planetenentstehung aufgezeigt.
Planetenentstehung, Staubwachstum, Staubaufladung, Wachstumszeitskalen
Mokler, Felicitas
2007
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Mokler, Felicitas (2007): Die Rolle der Staubkoagulation bei der Planetenentstehung: Coulomb-dipolinduzierte Gelierung im besonderen. Dissertation, LMU München: Fakultät für Physik
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Abstract

Die Aufenthaltsdauer von Staub in protoplanetaren Scheiben ist zeitlich begrenzt, da die Staubmaterie durch Reibung mit dem Gas an Drehimpuls verliert und auf das Zentralgestirn driftet. In einer turbulenten Scheibe geschieht dies in Zeitspannen, die kürzer sind, als die typischen Wachstumszeitskalen von Staub hin zu Planetesima- len, so daß nicht mehr ausreichend Staubmaterie zur Planetenbildung zur Verfügung steht. Diese Zeitskalenproblematik wird in der vorliegenden Arbeit anhand eines konvektiv- turbulenten Scheibenmodells ausführlich diskutiert. Da eine globale Sichtweise der Staubentwicklung erwünscht ist, wird einem analytischen Modell gegenüber einem numerischen der Vorzug gegeben. Es werden die hydrodynamischen Gleichungen in radialer und vertikaler Richtung unabhängig voneinander für Bedingungen in einer protoplanetaren Scheibe weitestgehend gelöst und im Grenzfall analytische Nähe- rungen vorgeschlagen. Die Einführung einer stationären Lösung für die vertikale Verteilung der Staubmaterie ermöglicht es, eine Verbindung zwischen theoretischem Modell und beobachtbaren Größen wie Akkretionsrate und Opazität herzustellen. Um das Problem der Wachstumszeitskalen zu lösen, wird erstmals die Fragestellung diskutiert, ob die Aufladung von Staub den Wachstumsprozeß in protoplanetaren Scheiben beschleunigen kann. Bei den bisherigen Rechnungen zur Staubkoagulation wurde allein der geometrische Koagulationsquerschnitt berücksichtigt. In Experimenten zum Wachstum von geladenen Staubpartikeln, die im Vorfeld dieser Dissertation in Zusammenarbeit mit dem MPE unter den Bedingungen der Schwere- losigkeit auf der Internationalen Raumstation durchgeführt wurden, wurde erstmals der Effekt der Coulomb-dipolinduzierten Gelierung (einer Art Runaway-Wachstum) von Staub nachgewiesen. In einem System mikropshärischer, zu gleichen Teilen nega- tiv und positiv geladener Staubpartikel bilden sich dabei innerhalb weniger Sekunden sog. Runaway-Agglomerate, die ∼ 10% der Gesamtmasse des Systems enthalten. Die Auswertung einiger dieser Experimente ist ebenfalls Bestandteil dieser Arbeit. Basierend auf den Ergebnissen dieser Experimente wird überprüft, inwieweit die Be- dingungen in einer protoplanetaren Scheibe für Coulomb-dipolinduzierte Gelierung von Staub gegeben sind. Dabei wird ersichtlich, daß durch diesen neuen Wachs- tumsprozeß das Staubwachstum in bestimmten Regionen der jungen protoplaneta- ren Scheibe deutlich vorangetrieben werden kann. Durch das Zusammenwirken von beschleunigtem Staubwachstum und der dadurch bedingten Änderung der Opazi- tät verändern sich die turbulenten Eigenschaften der Scheibe. Zum einen führt dies zur Sedimentation von Staub, so daß sich in der Mittelebene eine dichte Staub- schicht herausbildet, die gravitativ instabil werden kann. Zum anderen wird weitere Akkretion unterbunden, so daß ausreichend Staubmaterie für die folgenden Schrit- te der Planetenentstehung erhalten bleibt. Damit wird in dieser Arbeit ein Weg zur Überwindung der Problematik der Wachstumszeitskalen bei der Planetenentstehung aufgezeigt.