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Die Lungenparasiten des Rehes (Capreolus capreolus). Befallsprävalenzen, begünstigende Faktoren und Auswirkungen auf die Wirtstiere in bayerischen Habitaten
Die Lungenparasiten des Rehes (Capreolus capreolus). Befallsprävalenzen, begünstigende Faktoren und Auswirkungen auf die Wirtstiere in bayerischen Habitaten
Neben Parasitosen des Magen-Darm-Trakts stellt bei Rehen (Capreolus capreolus) der Befall mit Lungenparasiten eine der bedeutendsten Erkrankungen dar. Zwei Arten von Lungenwürmern sind dabei in Deutschland beschrieben, der kleine Lungenwurm, Varestrongylus capreoli, der vornehmlich in den feineren Bronchien parasitiert und der große Lungenwurm, Dictyocaulus capreolus, dessen Adulte die Trachea und größeren Bronchien bewohnen. Ziel dieser Arbeit war es, für Europa beschriebene Befallskennzahlen der beiden Lungenwürmer zu verifizieren und mithilfe einer möglichst großen Anzahl an untersuchten Individuen weitere Erkenntnisse über das Befallsgeschehen zu gewinnen. Dafür wurden Umweltfaktoren wie Jahreszeit der Erlegung und bewohntes Habitat, sowie Eigenschaften der Rehe wie Geschlecht, Alter und Körpergewicht in die Betrachtung miteinbezogen und bezüglich Prävalenz und Intensität des Parasitenbefalls verglichen. Zur Untersuchung kamen 762 Lungen von im Rahmen der Jagdausübung erlegten Rehen aus acht unterschiedlichen Lebensräumen im Südosten Deutschlands. Diese unterschieden sich hinsichtlich landwirtschaftlicher Nutzung, Waldanteil, Höhe über dem Meeresspiegel, mittlerem Jahresniederschlag, Jahresmitteltemperatur und Länge der Vegetationsperiode. Das Geschlechterverhältnis war mit ♂ 1 : ♀ 1.01 ausgeglichen und im Hinblick auf Altersklassen teilten sich die untersuchten Individuen in 299 Juvenile, 197 Subadulte und 251 Adulte auf. Der Nachweis von D. capreolus erfolgte mittels helminthologischer Sektion, für V. capreoli wurde eine neue Nachweismethode entwickelt. Die ermittelten Befallsprävalenzen decken sich mit für Deutschland und andere europäische Länder berichteten Daten und lagen beim kleinen Lungenwurm bei 42,5 %, der große Lungenwurm trat bei 14,0 % der Rehe auf. Männliche Tiere waren häufiger von beiden Lungenwürmern befallen als weibliche, und der in der Literatur für andere Parasiten beschriebene SBP konnte damit für die Lungenwürmer des Rehes bestätigt werden. Die Altersklasse erwies sich als weiterer begünstigender Faktor, wobei juvenile Rehe im Vergleich zu Subadulten und Adulten einen häufigeren und stärkeren Lungenwurmbefall aufwiesen. Von V. capreoli etwa waren 67,9 % der Kitze betroffen, womit ihre Chance für diesen Befall um das mehr als 3-fache erhöht war. Auch Jahreszeit und Lebensraum hatten signifikanten Einfluss auf das Befallsgeschehen der beiden Lungenwürmer, die Tendenzen zwischen V. capreoli und D. capreolus unterschieden sich hierbei jedoch und verschiedene zugrundeliegende Faktoren kommen als Erklärung in Frage. Mögliche Auswirkungen auf die Wirtstiere zeigten sich durch makroskopisch erkennbare Lungenveränderungen, sowie ein reduziertes Körpergewicht befallener Rehe. Im Durchschnitt wogen mit V. capreoli befallene Rehe 0,72 kg weniger als ihre gesunden Artgenossen, im Fall von D. capreolus 0,65 kg weniger, was auf das Referenzreh unseres Modells bezogen einer Gewichtsreduktion von 7,1 % bzw. 6,4 % entspricht. Die mit dem Lungenwurmbefall in Zusammenhang stehende Verringerung des Körpergewichts könnte weitreichende Konsequenzen für infizierte Rehe haben. Eine spätere Geschlechtsreife, verringerte Nachkommenzahl, bis zu einer verkürzten Lebenserwartung wären denkbar., In addition to parasitic infections of the gastrointestinal tract, infestation with lung parasites is one of the most important diseases in roe deer (Capreolus capreolus). Two species of lungworms have been described in Germany: the small lungworm, Varestrongylus capreoli, which parasitises primarily in the finer bronchi, and the large lungworm, Dictyocaulus capreolus, whose adult forms inhabit the trachea and larger bronchi. The aim of this study was to verify the rates of infestation for the two lungworms described for Europe and to gain further insights into the infestation patterns with the help of a large number of examined individuals. To this end, environmental conditions such as season of the bagging and habitat, as well as characteristics of the roe deer such as sex, age and body weight were included in the analysis and compared in regards to prevalence and intensity of parasite infection. The study analysed 762 lungs of roe deer bagged in the course of hunting from 8 different habitats in south-eastern Germany. These differed in terms of agricultural utilisation, percentage of forest, altitude above sea level, average annual precipitation, annual mean temperature and length of the vegetation period. The sex ratio was balanced at ♂ 1 : ♀ 1.01 and in terms of age classes, the examined individuals comprised 299 juveniles, 197 subadults and 251 adults. D. capreolus was detected by helminthological dissection, while a new detection method was developed for V. capreoli. The determined infestation prevalences are consistent with those reported for Germany and other European countries, with 42.5 % for the small lungworm and 14.0 % for the large lungworm. Males were more frequently infected with both lungworms than females, and the SBP described in the literature for other parasites was thus confirmed for roe deer lungworms. The age group proved to be an additional promoting factor, with juvenile roe deer showing a more frequent and more severe lungworm infection compared to subadults and adults. For example, 67.9 % of fawns were affected by V. capreoli, demonstrating a more than 3-fold increased risk of infection. Season and habitat also had a significant influence on the infection occurrence of the two lungworms, but the tendencies between V. capreoli and D. capreolus differed and various underlying causes could provide an explanation. In addition to macroscopically recognisable lung alterations, possible effects on the host animals were seen in the reduced body weight of infested roe deer. On average, roe deer infected with V. capreoli weighed 0.72 kg less than their healthy counterparts, and 0.65 kg less in the case of D. capreolus. In relation to the reference roe deer of our model, this translates to a weight reduction of 7.1 % and 6.4 %, respectively. The reduction in body weight associated with lungworm infestation could have far-reaching consequences for infected roe deer. Delayed sexual maturity, a reduced number of offspring and a shortened life expectancy might be possible.
Dictyocaulus capreolus, impact, lungworm, parasite infestation, roe deer, Varestrongylus capreoli
Wild, Tobias
2025
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Wild, Tobias (2025): Die Lungenparasiten des Rehes (Capreolus capreolus): Befallsprävalenzen, begünstigende Faktoren und Auswirkungen auf die Wirtstiere in bayerischen Habitaten. Dissertation, LMU München: Tierärztliche Fakultät
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Abstract

Neben Parasitosen des Magen-Darm-Trakts stellt bei Rehen (Capreolus capreolus) der Befall mit Lungenparasiten eine der bedeutendsten Erkrankungen dar. Zwei Arten von Lungenwürmern sind dabei in Deutschland beschrieben, der kleine Lungenwurm, Varestrongylus capreoli, der vornehmlich in den feineren Bronchien parasitiert und der große Lungenwurm, Dictyocaulus capreolus, dessen Adulte die Trachea und größeren Bronchien bewohnen. Ziel dieser Arbeit war es, für Europa beschriebene Befallskennzahlen der beiden Lungenwürmer zu verifizieren und mithilfe einer möglichst großen Anzahl an untersuchten Individuen weitere Erkenntnisse über das Befallsgeschehen zu gewinnen. Dafür wurden Umweltfaktoren wie Jahreszeit der Erlegung und bewohntes Habitat, sowie Eigenschaften der Rehe wie Geschlecht, Alter und Körpergewicht in die Betrachtung miteinbezogen und bezüglich Prävalenz und Intensität des Parasitenbefalls verglichen. Zur Untersuchung kamen 762 Lungen von im Rahmen der Jagdausübung erlegten Rehen aus acht unterschiedlichen Lebensräumen im Südosten Deutschlands. Diese unterschieden sich hinsichtlich landwirtschaftlicher Nutzung, Waldanteil, Höhe über dem Meeresspiegel, mittlerem Jahresniederschlag, Jahresmitteltemperatur und Länge der Vegetationsperiode. Das Geschlechterverhältnis war mit ♂ 1 : ♀ 1.01 ausgeglichen und im Hinblick auf Altersklassen teilten sich die untersuchten Individuen in 299 Juvenile, 197 Subadulte und 251 Adulte auf. Der Nachweis von D. capreolus erfolgte mittels helminthologischer Sektion, für V. capreoli wurde eine neue Nachweismethode entwickelt. Die ermittelten Befallsprävalenzen decken sich mit für Deutschland und andere europäische Länder berichteten Daten und lagen beim kleinen Lungenwurm bei 42,5 %, der große Lungenwurm trat bei 14,0 % der Rehe auf. Männliche Tiere waren häufiger von beiden Lungenwürmern befallen als weibliche, und der in der Literatur für andere Parasiten beschriebene SBP konnte damit für die Lungenwürmer des Rehes bestätigt werden. Die Altersklasse erwies sich als weiterer begünstigender Faktor, wobei juvenile Rehe im Vergleich zu Subadulten und Adulten einen häufigeren und stärkeren Lungenwurmbefall aufwiesen. Von V. capreoli etwa waren 67,9 % der Kitze betroffen, womit ihre Chance für diesen Befall um das mehr als 3-fache erhöht war. Auch Jahreszeit und Lebensraum hatten signifikanten Einfluss auf das Befallsgeschehen der beiden Lungenwürmer, die Tendenzen zwischen V. capreoli und D. capreolus unterschieden sich hierbei jedoch und verschiedene zugrundeliegende Faktoren kommen als Erklärung in Frage. Mögliche Auswirkungen auf die Wirtstiere zeigten sich durch makroskopisch erkennbare Lungenveränderungen, sowie ein reduziertes Körpergewicht befallener Rehe. Im Durchschnitt wogen mit V. capreoli befallene Rehe 0,72 kg weniger als ihre gesunden Artgenossen, im Fall von D. capreolus 0,65 kg weniger, was auf das Referenzreh unseres Modells bezogen einer Gewichtsreduktion von 7,1 % bzw. 6,4 % entspricht. Die mit dem Lungenwurmbefall in Zusammenhang stehende Verringerung des Körpergewichts könnte weitreichende Konsequenzen für infizierte Rehe haben. Eine spätere Geschlechtsreife, verringerte Nachkommenzahl, bis zu einer verkürzten Lebenserwartung wären denkbar.

Abstract

In addition to parasitic infections of the gastrointestinal tract, infestation with lung parasites is one of the most important diseases in roe deer (Capreolus capreolus). Two species of lungworms have been described in Germany: the small lungworm, Varestrongylus capreoli, which parasitises primarily in the finer bronchi, and the large lungworm, Dictyocaulus capreolus, whose adult forms inhabit the trachea and larger bronchi. The aim of this study was to verify the rates of infestation for the two lungworms described for Europe and to gain further insights into the infestation patterns with the help of a large number of examined individuals. To this end, environmental conditions such as season of the bagging and habitat, as well as characteristics of the roe deer such as sex, age and body weight were included in the analysis and compared in regards to prevalence and intensity of parasite infection. The study analysed 762 lungs of roe deer bagged in the course of hunting from 8 different habitats in south-eastern Germany. These differed in terms of agricultural utilisation, percentage of forest, altitude above sea level, average annual precipitation, annual mean temperature and length of the vegetation period. The sex ratio was balanced at ♂ 1 : ♀ 1.01 and in terms of age classes, the examined individuals comprised 299 juveniles, 197 subadults and 251 adults. D. capreolus was detected by helminthological dissection, while a new detection method was developed for V. capreoli. The determined infestation prevalences are consistent with those reported for Germany and other European countries, with 42.5 % for the small lungworm and 14.0 % for the large lungworm. Males were more frequently infected with both lungworms than females, and the SBP described in the literature for other parasites was thus confirmed for roe deer lungworms. The age group proved to be an additional promoting factor, with juvenile roe deer showing a more frequent and more severe lungworm infection compared to subadults and adults. For example, 67.9 % of fawns were affected by V. capreoli, demonstrating a more than 3-fold increased risk of infection. Season and habitat also had a significant influence on the infection occurrence of the two lungworms, but the tendencies between V. capreoli and D. capreolus differed and various underlying causes could provide an explanation. In addition to macroscopically recognisable lung alterations, possible effects on the host animals were seen in the reduced body weight of infested roe deer. On average, roe deer infected with V. capreoli weighed 0.72 kg less than their healthy counterparts, and 0.65 kg less in the case of D. capreolus. In relation to the reference roe deer of our model, this translates to a weight reduction of 7.1 % and 6.4 %, respectively. The reduction in body weight associated with lungworm infestation could have far-reaching consequences for infected roe deer. Delayed sexual maturity, a reduced number of offspring and a shortened life expectancy might be possible.