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Antibiotika und Probiotika als Therapieoptionen beim akuten unkomplizierten Durchfall des Hundes
Antibiotika und Probiotika als Therapieoptionen beim akuten unkomplizierten Durchfall des Hundes
Akuter unkomplizierter Durchfall (AD) ist ein häufiges Erkrankungsbild in der tierärztlichen Praxis und Klinik. Studien zufolge werden in vielen Fällen verschiedene antibiotische Wirkstoffe, allen voran Metronidazol, eingesetzt. Dies widerspricht bisherigen Studienergebnissen nach denen Antibiotika keinen Vorteil hinsichtlich der klinischen Verbesserung aufweisen, wenn sie mit Probiotika oder Probiotika verwandten Präparaten wie Synbiotika verglichen werden. Folglich wird auch in Empfehlungen zur Therapie eines AD´s Abstand zum Antibiotikaeinsatz genommen. Weitere Gründe hierfür sind, neben der Zunahme an Antibio-tikaresistenzen, die unerwünschten Wirkungen durch die Verabreichung der antibiotischen Wirkstoffe. Hierbei sind gastrointestinale und neurologische Anzeichen möglich. Zudem konnte nach Verabreichung von Metronidazol die Entstehung von intestinalen Dysbiosen nachgewiesen werden. In dieser Arbeit wurde bestätigt, dass Probiotika bzw. Synbiotka bei AD eine Therapiealternative zu Metronidazol darstellen, da ihre Verabreichung eine äquivalente klinische Verbesserung betroffener Hunde induzierte und der Einsatz von Metronidazol zu einer intestinalen Dysbiose führte. Probiotika sind Präparate, die lebende Mikroorganismen enthalten und dem Empfänger, bei Aufnahme adäquater Mengen, zu einem gesundheitlichen Nutzen verhelfen. Präbiotika hingegen sind nicht-verdauliche Substrate, die dem Empfänger zu einem gesundheitlichen Nutzen verhelfen, indem sie selektiv das Wachstum oder die Aktivität einzelner oder bestimmter Bakterien im Kolon stimulieren. Synbiotika enthalten sowohl probiotische Mikroorgansimen als auch präbiotische Substrate. In Deutschland werden Probiotika oder Synbiotika als Futtermittelzusatzstoff definiert und werden entsprechend in einer Liste des Bundes-amts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit aufgeführt. Sie können in verschiedene Untergruppen eingeteilt werden. Basierend auf der Taxonomie von Mikroorganismen werden mono-und multistämmige Probiotika unterschieden. Zusätzlich können sie in Probiotika bakteriellen und nicht bakteriellen Ursprungs oder sporenbildende und nicht-sporenbildende Probiotika differenziert werden. Autochthone Probiotika enthalten Mikroorganismen, die regelmäßig aus dem intestinalen Mikrobiom des Hundes isoliert werden können, welches bei allochthonen Probiotika nicht der Fall ist. Neben der Evaluation von Probiotika oder Probiotika verwandten Präparaten wie Synbiotika bei AD, wurden diese Produkte bisher bei verschiedenen weiteren akuten als auch chronischen gastrointestinalen Erkrankungen des Hundes eingesetzt. Bei dem akut auftretenden hämorrhagischen Diarrhösyndrom (AHDS) war ein multistämmiges Probiotikum mit einer beschleunigten Normalisierung des intestinalen Mikrobioms verbunden. Hunde mit aseptischem Verlauf von AHDS zeigten ein schnelleres Absinken der NetF-Toxin-Gene. Eine schnelle klinische Verbesserung war in beiden Gruppen mit einer symptomatischen Therapie sowie Probiotika ohne Antibiotika zu sehen. Auch Hunde mit einer Parvovirose-Infektion können vom Einsatz eines Probiotikums profitieren. Bei Endoparasiten-assoziierten gastrointestinale Erkrankungen wie der Giardiose oder bei einer Infektion mit Hakenwürmern war die Verabreichung von Probiotika weniger erfolgreich. Bei Hunden mit einer chronischer Inflammatory Bowel Disease (IBD) zeigte sich durch multistämmige Probiotika eine Verbesserung des klinischen Verlaufs. Bei chronischen Enteropathien, die als Futtermittel- oder Antibiotika-responsiv definiert werden, zeigte sich eine weniger positive Beeinflussung. Ziel der prospektiven, randomisierten und geblindeten Studie war es, die Auswirkung sowohl eines akuten Durchfallgeschehens als auch von Metronidazol auf das intestinale Mikrobiom zu evaluieren. Dabei wurde der Dysbiose Index (DI) als Methode gewählt. Hierbei handelt es sich um eine PCR-basierte Analyse von 7 bakteriellen Vertretern (Faecalibacteri-um ssp., Turicibacter ssp., Streptococcus ssp., Escherichia coli, Blautia ssp., Fusobacterium ssp. und Clostridium hiranonis) und der Gesamtheit der Bakterien. Die Bestimmung des DI erfolgte aus dem Kot der Hunde. Der resultierende Zahlenwert ermöglicht es eine intestinale Dysbiose von einer Normobiose zu unterscheiden und Rückschlüsse auf den Grad und mögliche Ursachen einer intestinalen Dysbiose zu schließen. Durch Studien der Vergangenheit zeigte sich, dass Hunde mit einer chronischen Enteropathie eine markante intestinale Dysbiose und eine deutlich reduzierte Konzentration des intestinalen Bakteriums Clostridium hiranonis (C. hiranonis) aufweisen können. C. hiranonis spielt eine entscheidende Rolle in der Metabolisierung von primären in sekundäre Gallensäuren. Ein akuter Insult wie AD führte in der aktuellen Studie bei den meisten Hunden zu geringgradigen Verschiebungen des DI. Die Konzentration von C. hiranonis lag bei dem Großteil der Hunde im Referenzbereich. Der geringgradig erhöhte DI bei AD ist durch eine moderate Erhöhung der Konzentrationen von C. perfringens und Escherichia coli (E. coli) erklärbar. Im Verlauf der Studie zeigte sich, dass diese milden Verschiebungen transient waren und sich die Konzentrationen von C. perfringens und E. coli ohne antibiotische Therapie zurück in den Referenzbereich entwickelten. Es zeigte sich kein signifikanter Unter-schied hinsichtlich der Konzentration von C. perfringens zwischen der Patientengruppe, die das Synbiotikum bekam und der, die Metronidazol erhielt. Der Einsatz des Synbiotikums hatte dahingehend eine positive Auswirkung, dass die Konzentration von E. coli im Vergleich zur Metronidazol-Gruppe signifikant abfiel. Neben der Entwicklung chronischer Enteropathien kann die Verabreichung von Antibiotika zu einer deutlichen Verschiebung des DI führen. In der aktuellen Studie ergab sich durch die Anwendung von Metronidazol sowohl unter Therapie als auch 3 Wochen nach Absetzen der Behandlung eine signifikante Erhöhung des DI sowie eine signifikante Reduktion der Konzentration von C. hiranonis. Bei den Hunden der Synbiotikagruppe lagen sowohl der DI als auch die Konzentration von C. hiranonis bei dem Großteil der Hunde zu jedem Messzeitpunkt im Referenzbereich. Ein Ziel der klinischen Studie war die Evaluation der klinischen Verbesserung im Rahmen eines Vergleichs der Behandlung mit Metronidazol und einem Synbiotikum. Am dritten Behandlungstag zeigte sich ein signifikanter Unterschied im Canine Acute Diarrhea Severity Index (CADS-Index). Dieser erfasst die durchfallspezifischen Paramater Kotkonsistenz und Kotabsatzfrequenz/Tag sowie die Aktivität, den Appetit sowie das Auftreten von Erbrechen/Tag. Am Tag 3 zeigten mehr Hunde der Synbiotikagruppe eine reduzierte Aktivität sowie weniger Appetit. Bei der Auswertung der Parameter Kotkonsistenz und Kotabsatzfre-quenz ergab sich an keinem Tag ein Unterschied zwischen beiden Gruppen. Die schnellere klinische Verbesserung am Tag 3 durch Metronidazol verliert unter Berücksichtigung der verursachten intestinalen Dysbiose an Bedeutung, zumal es keinen signifikanten Unterschied der durchfallspezifischen Parameter Kotkonsistenz und Kotabsatzfrequenz zwischen beiden Gruppen gab. Die Studiendaten können folglich dahingehend interpretiert werden, dass sie bisherige Untersuchungen bestätigen, in denen Probiotika oder Synbiotika einen äquivalenten Effekt auf die klinische Verbesserung bei AD aufwiesen. Zusammenfassend lässt sich auf Basis der vorliegenden Arbeit darstellen, dass AD eine häufige akute gastrointestinale Erkrankung des Hundes ist, die nicht durch den Einsatz von Metronidazol zu profitieren scheint. Metronidazol kann zur Entwicklung einer intestinalen Dysbiose führen und weist keinen signifikanten Vorteil hinsichtlich des klinischen Verlaufs auf. Synbiotika können hingegen bei AD eine alternative Therapieform zur Antibiotikabehandlung darstellen, da infolge deren Einsatzes eine äquivalente klinische Verbesserung erzielt und das intestinale Mikrobiom positiv beeinflussen werden kann.
Durchfall, Antibiotika, Metronidazol, Probiotika, Synbiotika
Stübing, Helene
2025
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Stübing, Helene (2025): Antibiotika und Probiotika als Therapieoptionen beim akuten unkomplizierten Durchfall des Hundes. Dissertation, LMU München: Tierärztliche Fakultät
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Abstract

Akuter unkomplizierter Durchfall (AD) ist ein häufiges Erkrankungsbild in der tierärztlichen Praxis und Klinik. Studien zufolge werden in vielen Fällen verschiedene antibiotische Wirkstoffe, allen voran Metronidazol, eingesetzt. Dies widerspricht bisherigen Studienergebnissen nach denen Antibiotika keinen Vorteil hinsichtlich der klinischen Verbesserung aufweisen, wenn sie mit Probiotika oder Probiotika verwandten Präparaten wie Synbiotika verglichen werden. Folglich wird auch in Empfehlungen zur Therapie eines AD´s Abstand zum Antibiotikaeinsatz genommen. Weitere Gründe hierfür sind, neben der Zunahme an Antibio-tikaresistenzen, die unerwünschten Wirkungen durch die Verabreichung der antibiotischen Wirkstoffe. Hierbei sind gastrointestinale und neurologische Anzeichen möglich. Zudem konnte nach Verabreichung von Metronidazol die Entstehung von intestinalen Dysbiosen nachgewiesen werden. In dieser Arbeit wurde bestätigt, dass Probiotika bzw. Synbiotka bei AD eine Therapiealternative zu Metronidazol darstellen, da ihre Verabreichung eine äquivalente klinische Verbesserung betroffener Hunde induzierte und der Einsatz von Metronidazol zu einer intestinalen Dysbiose führte. Probiotika sind Präparate, die lebende Mikroorganismen enthalten und dem Empfänger, bei Aufnahme adäquater Mengen, zu einem gesundheitlichen Nutzen verhelfen. Präbiotika hingegen sind nicht-verdauliche Substrate, die dem Empfänger zu einem gesundheitlichen Nutzen verhelfen, indem sie selektiv das Wachstum oder die Aktivität einzelner oder bestimmter Bakterien im Kolon stimulieren. Synbiotika enthalten sowohl probiotische Mikroorgansimen als auch präbiotische Substrate. In Deutschland werden Probiotika oder Synbiotika als Futtermittelzusatzstoff definiert und werden entsprechend in einer Liste des Bundes-amts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit aufgeführt. Sie können in verschiedene Untergruppen eingeteilt werden. Basierend auf der Taxonomie von Mikroorganismen werden mono-und multistämmige Probiotika unterschieden. Zusätzlich können sie in Probiotika bakteriellen und nicht bakteriellen Ursprungs oder sporenbildende und nicht-sporenbildende Probiotika differenziert werden. Autochthone Probiotika enthalten Mikroorganismen, die regelmäßig aus dem intestinalen Mikrobiom des Hundes isoliert werden können, welches bei allochthonen Probiotika nicht der Fall ist. Neben der Evaluation von Probiotika oder Probiotika verwandten Präparaten wie Synbiotika bei AD, wurden diese Produkte bisher bei verschiedenen weiteren akuten als auch chronischen gastrointestinalen Erkrankungen des Hundes eingesetzt. Bei dem akut auftretenden hämorrhagischen Diarrhösyndrom (AHDS) war ein multistämmiges Probiotikum mit einer beschleunigten Normalisierung des intestinalen Mikrobioms verbunden. Hunde mit aseptischem Verlauf von AHDS zeigten ein schnelleres Absinken der NetF-Toxin-Gene. Eine schnelle klinische Verbesserung war in beiden Gruppen mit einer symptomatischen Therapie sowie Probiotika ohne Antibiotika zu sehen. Auch Hunde mit einer Parvovirose-Infektion können vom Einsatz eines Probiotikums profitieren. Bei Endoparasiten-assoziierten gastrointestinale Erkrankungen wie der Giardiose oder bei einer Infektion mit Hakenwürmern war die Verabreichung von Probiotika weniger erfolgreich. Bei Hunden mit einer chronischer Inflammatory Bowel Disease (IBD) zeigte sich durch multistämmige Probiotika eine Verbesserung des klinischen Verlaufs. Bei chronischen Enteropathien, die als Futtermittel- oder Antibiotika-responsiv definiert werden, zeigte sich eine weniger positive Beeinflussung. Ziel der prospektiven, randomisierten und geblindeten Studie war es, die Auswirkung sowohl eines akuten Durchfallgeschehens als auch von Metronidazol auf das intestinale Mikrobiom zu evaluieren. Dabei wurde der Dysbiose Index (DI) als Methode gewählt. Hierbei handelt es sich um eine PCR-basierte Analyse von 7 bakteriellen Vertretern (Faecalibacteri-um ssp., Turicibacter ssp., Streptococcus ssp., Escherichia coli, Blautia ssp., Fusobacterium ssp. und Clostridium hiranonis) und der Gesamtheit der Bakterien. Die Bestimmung des DI erfolgte aus dem Kot der Hunde. Der resultierende Zahlenwert ermöglicht es eine intestinale Dysbiose von einer Normobiose zu unterscheiden und Rückschlüsse auf den Grad und mögliche Ursachen einer intestinalen Dysbiose zu schließen. Durch Studien der Vergangenheit zeigte sich, dass Hunde mit einer chronischen Enteropathie eine markante intestinale Dysbiose und eine deutlich reduzierte Konzentration des intestinalen Bakteriums Clostridium hiranonis (C. hiranonis) aufweisen können. C. hiranonis spielt eine entscheidende Rolle in der Metabolisierung von primären in sekundäre Gallensäuren. Ein akuter Insult wie AD führte in der aktuellen Studie bei den meisten Hunden zu geringgradigen Verschiebungen des DI. Die Konzentration von C. hiranonis lag bei dem Großteil der Hunde im Referenzbereich. Der geringgradig erhöhte DI bei AD ist durch eine moderate Erhöhung der Konzentrationen von C. perfringens und Escherichia coli (E. coli) erklärbar. Im Verlauf der Studie zeigte sich, dass diese milden Verschiebungen transient waren und sich die Konzentrationen von C. perfringens und E. coli ohne antibiotische Therapie zurück in den Referenzbereich entwickelten. Es zeigte sich kein signifikanter Unter-schied hinsichtlich der Konzentration von C. perfringens zwischen der Patientengruppe, die das Synbiotikum bekam und der, die Metronidazol erhielt. Der Einsatz des Synbiotikums hatte dahingehend eine positive Auswirkung, dass die Konzentration von E. coli im Vergleich zur Metronidazol-Gruppe signifikant abfiel. Neben der Entwicklung chronischer Enteropathien kann die Verabreichung von Antibiotika zu einer deutlichen Verschiebung des DI führen. In der aktuellen Studie ergab sich durch die Anwendung von Metronidazol sowohl unter Therapie als auch 3 Wochen nach Absetzen der Behandlung eine signifikante Erhöhung des DI sowie eine signifikante Reduktion der Konzentration von C. hiranonis. Bei den Hunden der Synbiotikagruppe lagen sowohl der DI als auch die Konzentration von C. hiranonis bei dem Großteil der Hunde zu jedem Messzeitpunkt im Referenzbereich. Ein Ziel der klinischen Studie war die Evaluation der klinischen Verbesserung im Rahmen eines Vergleichs der Behandlung mit Metronidazol und einem Synbiotikum. Am dritten Behandlungstag zeigte sich ein signifikanter Unterschied im Canine Acute Diarrhea Severity Index (CADS-Index). Dieser erfasst die durchfallspezifischen Paramater Kotkonsistenz und Kotabsatzfrequenz/Tag sowie die Aktivität, den Appetit sowie das Auftreten von Erbrechen/Tag. Am Tag 3 zeigten mehr Hunde der Synbiotikagruppe eine reduzierte Aktivität sowie weniger Appetit. Bei der Auswertung der Parameter Kotkonsistenz und Kotabsatzfre-quenz ergab sich an keinem Tag ein Unterschied zwischen beiden Gruppen. Die schnellere klinische Verbesserung am Tag 3 durch Metronidazol verliert unter Berücksichtigung der verursachten intestinalen Dysbiose an Bedeutung, zumal es keinen signifikanten Unterschied der durchfallspezifischen Parameter Kotkonsistenz und Kotabsatzfrequenz zwischen beiden Gruppen gab. Die Studiendaten können folglich dahingehend interpretiert werden, dass sie bisherige Untersuchungen bestätigen, in denen Probiotika oder Synbiotika einen äquivalenten Effekt auf die klinische Verbesserung bei AD aufwiesen. Zusammenfassend lässt sich auf Basis der vorliegenden Arbeit darstellen, dass AD eine häufige akute gastrointestinale Erkrankung des Hundes ist, die nicht durch den Einsatz von Metronidazol zu profitieren scheint. Metronidazol kann zur Entwicklung einer intestinalen Dysbiose führen und weist keinen signifikanten Vorteil hinsichtlich des klinischen Verlaufs auf. Synbiotika können hingegen bei AD eine alternative Therapieform zur Antibiotikabehandlung darstellen, da infolge deren Einsatzes eine äquivalente klinische Verbesserung erzielt und das intestinale Mikrobiom positiv beeinflussen werden kann.