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Geothermal microfluidic systems foster prebiotic chemistry
Geothermal microfluidic systems foster prebiotic chemistry
Leben ist ein Phänomen fern vom thermodynamischen Gleichgewicht, und auch seine Entstehung wurde vermutlich entscheidend von den vor etwa 4 Milliarden Jahren vorhandenen Nichtgleichgewichtssystemen geprägt und vorangetrieben. Dazu gehören geothermische Systeme mit Wärmeströmen durch dünne, wassergefüllte Gesteinsspalten, die zur Konvektion des Wassers und der Thermophorese der gelösten Stoffe führen. Meine Dissertation zeigt, dass ihr Zusammenspiel eine hochselektive Anreicherung von Komponenten antreibt, die einzigartige Möglichkeiten für präbiotische Systeme auf dem Weg zur Entstehung des Lebens bietet. Die präbiotischen Chemie erfordert in der Regel spezifische Zusammsetzungen und oftmals hohe Konzentrationen an Ausgangsstoffen, damit am Ende der teils komplexen Synthesewege die gewünschten Produkte gebildet und unerwünschte Nebenreaktionen unterdrückt werden. Eine mögliche Lösung hierfür bietet die thermophoretische Akkumulation, welche Aminosäuren, Nukleotide und RNA-Bausteine (Kapitel 3) selbst für massenidentische Verbindungen robust auftrennen kann. Netzwerkartig miteinander verbundene Gesteinskammern, wie sie in natürlichen Systemen vorliegen, verbessern hierbei die Aufreinigung deutlich. Die daraus resultierende Vielfalt an Zusammensetzungen steigert die Reaktionsausbeute beispielsweise einer wichtigen Peptidpolymerisation um bis zu vier Größenordnungen und zeigt somit die Bedeutung für präbiotische Reaktionen. Die meisten wichtigen aufkommenden Biopolymere wie RNA, DNA und Phospholipide enhalten Phosphor als zentralen Baustein, obwohl dieser in der Erdkruste einen überraschend geringen Masseanteil hat. Zudem ist das als häufigst angenommene (Kalzium-)Phosphatmineral, Apatit, unter neutralen oder alkalischen Bedingungen, wie sie für die meisten präbiotischen Synthesereaktionen erforderlich sind, unlöslich. Geothermale Systeme bieten eine Lösung, da Wärmeströme Phosphat von seinem Fällungspartner Kalzium im saurem Milieu räumlich trennen können. Hierdurch bleiben große Mengen an Phosphat auch nach der pH-Neutralisierung gelöst und stehen zur Erzeugung reaktiver Phosphatarten für die präbiotische Chemie bereit (Kapitel 4). Selbst nach Erreichen der für die sogenannte RNA-Welt Hypothese zentralen katalytischen RNA-Strängen ergeben sich weitere Probleme. RNA-Enzyme benötigen für ihre Funktion spezifische Salinitätsbedingungen wie zum Beispiel viel Magnesium- und wenig Natriumionen. Auslaugungsexperimente mit präbiotisch relevanten Basalten führen jedoch zu hohen Natrium- und nur geringen Magnesiumkonzentrationen. Dieses Verhältnis kann durch thermophoretische Akkumulation umgekehrt werden, so dass in den erzeugten magnesiumreichen Lösungen ein optimales Habitat für RNA-Enzyme geschaffen wird (Kapitel 5). Eine wichtige Herausforderung bei der RNA-basierten Replikation ist die Templatblockade durch das gebildete Produkt, das mit Schmelztemperaturen über 100\,°C einhergeht und durch die fehlende Freigabe des Templats die weitere Replikation verhindert. Eine Lösung hierfür können Salz- und pH-Oszillationen sein, da saure, salzarme Bedingungen die Schmelztemperatur absenken. Interessanterweise führt der Ionengradient von thermisch akkumuliertem Meereswasser zur Bildung von pH Gradienten. In einem präbiotisch motivierten Modellsystem aus Ameisensäure und Natriumhydroxid bestätigen Experiment eine auf Zeitskalenseparation basierte Theorie, und zeigen, dass durch Wärmeflüsse erzeugte pH Gradienten je nach Zusammensetzung der Lösung variiert und sogar invertiert werden können (Kapitel 6)., Life is a phenomenon far from equilibrium, which suggests that its emergence was also decisively shaped and driven by the non-equilibrium systems present around 4 billion years ago. These include geothermal systems with heat flows through thin, water-filled rock fractures, which drive the convection of water and the thermophoresis of dissolved substances. My thesis shows that their interplay drives a highly selective enrichment of components that offers unique opportunities for prebiotic systems on the path to the emergence of life. Prebiotic chemistry usually requires specific compositions and high concentrations of compounds for the desired products to form at the end of sometimes complex synthesis pathways whilst suppressing undesired side reactions. A possible solution for this is provided by thermophoretic accumulation, which can robustly separate amino acids, nucleotides and RNA building blocks (Chapter 3) even for mass-identical compounds. In networks of connected rock cracks, as found in natural systems, this purification is further enhanced. The resulting diversity of compositions increases reaction yields by up to four orders of magnitude, for example for peptide polymerization, thus demonstrating how temperature gradients in rock cracks can foster prebiotic chemistry. Most of the emerging important biopolymers such as RNA, DNA and phospholipids contain phosphorus as a central building block, even though it has a surprisingly small abundance in the Earth's crust. In addition, the presumably most common (calcium) phosphate mineral, apatite, is insoluble at the neutral or alkaline pH values required for most prebiotic synthesis reactions. Geothermal systems provide a solution as heat flows can spatially separate phosphate from its precipitation partner calcium in acidic environments. As a consequence, large amounts of phosphate remain in solution even after pH-neutralization and can be used to generate reactive phosphate species for prebiotic chemistry (Chapter 4). After addressing above milestones, further problems arise for catalytic RNA strands, which are central to the so-called RNA world hypothesis. These require specific salinity conditions for their function, such as high magnesium and low sodium concentrations. However, leaching experiments using prebiotically relevant basalts show high sodium but only low magnesium concentrations. Thermophoretic accumulation can reverse this ratio, naturally creating a habitat for RNA enzymes (Chapter 5). In systems of connected rock cracks, the strength and stability of the selective enrichment is further enhanced. An important challenge in RNA-based replication is template inhibition by the formed product, as melting temperatures can rise to above 100\,°C thus preventing further replication. Salt and pH oscillations can drive an environmental solution, as acidic, low-salt conditions lower the melting temperature significantly. Interestingly, the ion gradients of thermally accumulated seawater lead to the formation of pH gradients. In a prebiotically motivated model system of formic acid and sodium hydroxide, experiments confirm a theoretical approach based on the separation of timescales, and show that pH gradients generated by heat fluxes can be varied and even inverted by changes in the initial composition of the solution (Chapter 6).
origins of life, gradients, network, non-equilibrium, clutter problem, phosphate problem, RNA, purification, ligation, reaction compartments, rock cracks, geo-compartments
Matreux, Thomas
2024
Englisch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Matreux, Thomas (2024): Geothermal microfluidic systems foster prebiotic chemistry. Dissertation, LMU München: Fakultät für Physik
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Abstract

Leben ist ein Phänomen fern vom thermodynamischen Gleichgewicht, und auch seine Entstehung wurde vermutlich entscheidend von den vor etwa 4 Milliarden Jahren vorhandenen Nichtgleichgewichtssystemen geprägt und vorangetrieben. Dazu gehören geothermische Systeme mit Wärmeströmen durch dünne, wassergefüllte Gesteinsspalten, die zur Konvektion des Wassers und der Thermophorese der gelösten Stoffe führen. Meine Dissertation zeigt, dass ihr Zusammenspiel eine hochselektive Anreicherung von Komponenten antreibt, die einzigartige Möglichkeiten für präbiotische Systeme auf dem Weg zur Entstehung des Lebens bietet. Die präbiotischen Chemie erfordert in der Regel spezifische Zusammsetzungen und oftmals hohe Konzentrationen an Ausgangsstoffen, damit am Ende der teils komplexen Synthesewege die gewünschten Produkte gebildet und unerwünschte Nebenreaktionen unterdrückt werden. Eine mögliche Lösung hierfür bietet die thermophoretische Akkumulation, welche Aminosäuren, Nukleotide und RNA-Bausteine (Kapitel 3) selbst für massenidentische Verbindungen robust auftrennen kann. Netzwerkartig miteinander verbundene Gesteinskammern, wie sie in natürlichen Systemen vorliegen, verbessern hierbei die Aufreinigung deutlich. Die daraus resultierende Vielfalt an Zusammensetzungen steigert die Reaktionsausbeute beispielsweise einer wichtigen Peptidpolymerisation um bis zu vier Größenordnungen und zeigt somit die Bedeutung für präbiotische Reaktionen. Die meisten wichtigen aufkommenden Biopolymere wie RNA, DNA und Phospholipide enhalten Phosphor als zentralen Baustein, obwohl dieser in der Erdkruste einen überraschend geringen Masseanteil hat. Zudem ist das als häufigst angenommene (Kalzium-)Phosphatmineral, Apatit, unter neutralen oder alkalischen Bedingungen, wie sie für die meisten präbiotischen Synthesereaktionen erforderlich sind, unlöslich. Geothermale Systeme bieten eine Lösung, da Wärmeströme Phosphat von seinem Fällungspartner Kalzium im saurem Milieu räumlich trennen können. Hierdurch bleiben große Mengen an Phosphat auch nach der pH-Neutralisierung gelöst und stehen zur Erzeugung reaktiver Phosphatarten für die präbiotische Chemie bereit (Kapitel 4). Selbst nach Erreichen der für die sogenannte RNA-Welt Hypothese zentralen katalytischen RNA-Strängen ergeben sich weitere Probleme. RNA-Enzyme benötigen für ihre Funktion spezifische Salinitätsbedingungen wie zum Beispiel viel Magnesium- und wenig Natriumionen. Auslaugungsexperimente mit präbiotisch relevanten Basalten führen jedoch zu hohen Natrium- und nur geringen Magnesiumkonzentrationen. Dieses Verhältnis kann durch thermophoretische Akkumulation umgekehrt werden, so dass in den erzeugten magnesiumreichen Lösungen ein optimales Habitat für RNA-Enzyme geschaffen wird (Kapitel 5). Eine wichtige Herausforderung bei der RNA-basierten Replikation ist die Templatblockade durch das gebildete Produkt, das mit Schmelztemperaturen über 100\,°C einhergeht und durch die fehlende Freigabe des Templats die weitere Replikation verhindert. Eine Lösung hierfür können Salz- und pH-Oszillationen sein, da saure, salzarme Bedingungen die Schmelztemperatur absenken. Interessanterweise führt der Ionengradient von thermisch akkumuliertem Meereswasser zur Bildung von pH Gradienten. In einem präbiotisch motivierten Modellsystem aus Ameisensäure und Natriumhydroxid bestätigen Experiment eine auf Zeitskalenseparation basierte Theorie, und zeigen, dass durch Wärmeflüsse erzeugte pH Gradienten je nach Zusammensetzung der Lösung variiert und sogar invertiert werden können (Kapitel 6).

Abstract

Life is a phenomenon far from equilibrium, which suggests that its emergence was also decisively shaped and driven by the non-equilibrium systems present around 4 billion years ago. These include geothermal systems with heat flows through thin, water-filled rock fractures, which drive the convection of water and the thermophoresis of dissolved substances. My thesis shows that their interplay drives a highly selective enrichment of components that offers unique opportunities for prebiotic systems on the path to the emergence of life. Prebiotic chemistry usually requires specific compositions and high concentrations of compounds for the desired products to form at the end of sometimes complex synthesis pathways whilst suppressing undesired side reactions. A possible solution for this is provided by thermophoretic accumulation, which can robustly separate amino acids, nucleotides and RNA building blocks (Chapter 3) even for mass-identical compounds. In networks of connected rock cracks, as found in natural systems, this purification is further enhanced. The resulting diversity of compositions increases reaction yields by up to four orders of magnitude, for example for peptide polymerization, thus demonstrating how temperature gradients in rock cracks can foster prebiotic chemistry. Most of the emerging important biopolymers such as RNA, DNA and phospholipids contain phosphorus as a central building block, even though it has a surprisingly small abundance in the Earth's crust. In addition, the presumably most common (calcium) phosphate mineral, apatite, is insoluble at the neutral or alkaline pH values required for most prebiotic synthesis reactions. Geothermal systems provide a solution as heat flows can spatially separate phosphate from its precipitation partner calcium in acidic environments. As a consequence, large amounts of phosphate remain in solution even after pH-neutralization and can be used to generate reactive phosphate species for prebiotic chemistry (Chapter 4). After addressing above milestones, further problems arise for catalytic RNA strands, which are central to the so-called RNA world hypothesis. These require specific salinity conditions for their function, such as high magnesium and low sodium concentrations. However, leaching experiments using prebiotically relevant basalts show high sodium but only low magnesium concentrations. Thermophoretic accumulation can reverse this ratio, naturally creating a habitat for RNA enzymes (Chapter 5). In systems of connected rock cracks, the strength and stability of the selective enrichment is further enhanced. An important challenge in RNA-based replication is template inhibition by the formed product, as melting temperatures can rise to above 100\,°C thus preventing further replication. Salt and pH oscillations can drive an environmental solution, as acidic, low-salt conditions lower the melting temperature significantly. Interestingly, the ion gradients of thermally accumulated seawater lead to the formation of pH gradients. In a prebiotically motivated model system of formic acid and sodium hydroxide, experiments confirm a theoretical approach based on the separation of timescales, and show that pH gradients generated by heat fluxes can be varied and even inverted by changes in the initial composition of the solution (Chapter 6).