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Mobility and sedentism across the Pre-Pottery Neolithic Fertile Crescent. an integrative study of archaeological and multi-bioarchaeological approaches
Mobility and sedentism across the Pre-Pottery Neolithic Fertile Crescent. an integrative study of archaeological and multi-bioarchaeological approaches
Die archäologische Forschung hat in den letzten Jahrzehnten verdeutlicht, dass es notwendig ist, die Neolithisierung als einen komplexen, nichtlinearen, vielfältigen und regional unterschiedlichen Prozess von einer Dauer von vielen Jahrhunderten zu verstehen. Die Untersuchung dieses Transformationsprozesses, insbesondere in Bezug auf die sich ändernden Arten mobiler bzw. sesshafter Lebensstile, erwies sich jedoch mit herkömmlichen archäologischen Ansätzen als schwierig. Das Ziel dieser Arbeit und der beiden zur Veröffentlichung anstehenden Manuskripte besteht deshalb darin, diesen Veränderungsvorgang nachzuvollziehen, insbesondere im Hinblick auf den Wechsel von mobiler zu sesshafter Lebensweise, das Tempo der Sesshaftwerdung im Verhältnis zur Entstehung und Entwicklung der Landwirtschaft sowie die Beziehungen zwischen diesen beiden Aspekten, die bislang kaum zu greifen waren. Dies ist nun erstmals durch naturwissenschaftliche Multiproxy-Ansätze möglich, die an bioarchäologischem Material, das bei Ausgrabungen geborgen wurde, nach direkten Beweisen suchen. In der ersten Fallstudie der bioarchäologischen Forschung wurden isotopische und archäogenetische Analysen an menschlichen Individuen aus Nevalı Çori, einer bedeutenden Stätte des präkeramischen Neolithikums (PPN), durchgeführt. Dadurch konnten wir erstmals die Dynamik der sich ändernden Mobilität vs. Sesshaftigkeit innerhalb der Gemeinschaft aufzeigen, die die prächtigen und bekannten T-förmigen Pfeilergebäude von Göbekli Tepe und Nevalı Çori in Anatolien errichtet hat. Darüber hinaus haben wir archäogenetische Daten für Nevalı Çori und das südlevantinische Ba'ja generiert, die uns einen neuen Einblick in die genetische Vielfalt zu Beginn des Neolithikums im Fruchtbaren Halbmond geben. Unser Ziel war es, einen interdisziplinären Ansatz zu verfolgen, der Osteoarchäologie, C14-Datierung, charakteristische Isotopen für Ernährung und Mobilität sowie archäogenetische Daten vom PPNB bis zur Eisenzeit mit genetischen Daten aus dem PPNB der südlichen Levante kombiniert. Da biomolekulare Daten menschlicher PPNB-Überreste aufgrund schlechter Aufbewahrungsbedingungen knapp sind, ist jeder Datenpunkt wertvoll. Obwohl die dargestellte Stichprobe klein ist, deckt sie eine zeitliche und geografische Lücke in einem Zeitraum und Gebiet ab, die für das Verständnis der Entstehung der ersten landwirtschaftlichen Gesellschaften von entscheidender Bedeutung sind. Diese Studie präsentiert zudem neue isotopische, genetische und C14-Daten von menschlichen und tierischen Überresten aus dem PPNB in Südostanatolien. Unsere Ergebnisse zeigen erstens einen Rückgang der menschlichen Mobilität nach der Anfangsphase des PPNB, während gleichzeitig eine zunehmende Abhängigkeit von domestizierten Ressourcen festgestellt wurde. Zweitens weisen die Daten auf eine hohe genetische Ähnlichkeit zwischen PPNB Nevalı Çori und anatolischen Jägern und Sammlern sowie Bauern hin, und es gibt auch Affinitäten zu Populationen im weiteren Fruchtbaren Halbmond. Zusätzlich berichten wir über neuartige humangenomweite Daten von der späten PPNB-Stätte Ba'ja in der südlichen Levante, die Einblicke in Beziehungen unter Blutsverwandten liefern. Schließlich präsentieren wir neuartige humangenomweite Daten aus dem postneolithischen Nevalı Çori, die eine zeitliche Perspektive auf die genetische Geschichte der Region bieten, die bisher fehlte. In der zweiten Fallstudie der bioarchäologischen Forschung über Jericho haben wir isotopische und proteomische Analysen an menschlichen Individuen aus Jericho, ebenfalls ein bedeutender Fundort des PPN, durchgeführt. Hier können wir zum ersten Mal die Dynamik des Übergangs von Mobilität zu Sesshaftigkeit innerhalb der Gemeinschaft aufzeigen, die den ältesten monumentalen Turm und die ältesten Befestigungsmauern der Welt errichtet hat. Zusammen mit anderen kürzlich veröffentlichten Daten aus der nördlichen und südlichen Levante können wir damit neue Erkenntnisse über die Vielfalt und Dynamik der menschlichen Mobilität zu Beginn des Neolithikums im Fruchtbaren Halbmond vorlegen. Dies ist das erste Mal, dass Bioproben aus Jericho analysiert und die verfügbaren Datensätze aus der Levante für eine umfassendere Sr-Kartierung überprüft werden. Unsere Ergebnisse legen einen überraschenden Fokus auf Lokalität nahe und zeigen das Fehlen von Fernmobilitätsmustern zu einer Zeit kurz nach der Sesshaftigkeit. Dies passt perfekt zu den Bemühungen der lokalen Gemeinschaft, einen dauerhaften Siedlungsraum zu schaffen, indem sie den weltweit ersten Turm und die erste Mauer um eine Siedlung herum errichtete. Darüber hinaus sind wir die ersten, die die proteomische Analyse von geschlechtsspezifischen Amelogeninpeptiden im Zahnschmelz zur Bestimmung des Geschlechts auf archäologischem Material aus der südlichen Levante anwenden und dadurch Einblick in geschlechtsbezogene Bestattungspraktiken geben können. Zusätzlich führt diese Studie in den naturwissenschaftlichen Hintergrund und die Geschichte der Landwirtschaft im Fruchtbaren Halbmond ein und demonstriert die bioarchäologischen Methoden, die für diese Doktorarbeit angewendet wurden. Dies betrifft Isotopen- und aDNA-Analysen ebenso wie eine Überprüfung und Zusammenfassung relevanter Forschungsliteratur über Muster von Mobilität, Migration und Akkulturation sowie die Präsentation aktueller Fortschritte und Durchbrüche auf diesem Gebiet.
Neolithization, Near East, PPNB, Bioarchaeology, Sr isotope, ancient DNA
Wang, Xiaoran
2023
Englisch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Wang, Xiaoran (2023): Mobility and sedentism across the Pre-Pottery Neolithic Fertile Crescent: an integrative study of archaeological and multi-bioarchaeological approaches. Dissertation, LMU München: Fakultät für Kulturwissenschaften
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Abstract

Die archäologische Forschung hat in den letzten Jahrzehnten verdeutlicht, dass es notwendig ist, die Neolithisierung als einen komplexen, nichtlinearen, vielfältigen und regional unterschiedlichen Prozess von einer Dauer von vielen Jahrhunderten zu verstehen. Die Untersuchung dieses Transformationsprozesses, insbesondere in Bezug auf die sich ändernden Arten mobiler bzw. sesshafter Lebensstile, erwies sich jedoch mit herkömmlichen archäologischen Ansätzen als schwierig. Das Ziel dieser Arbeit und der beiden zur Veröffentlichung anstehenden Manuskripte besteht deshalb darin, diesen Veränderungsvorgang nachzuvollziehen, insbesondere im Hinblick auf den Wechsel von mobiler zu sesshafter Lebensweise, das Tempo der Sesshaftwerdung im Verhältnis zur Entstehung und Entwicklung der Landwirtschaft sowie die Beziehungen zwischen diesen beiden Aspekten, die bislang kaum zu greifen waren. Dies ist nun erstmals durch naturwissenschaftliche Multiproxy-Ansätze möglich, die an bioarchäologischem Material, das bei Ausgrabungen geborgen wurde, nach direkten Beweisen suchen. In der ersten Fallstudie der bioarchäologischen Forschung wurden isotopische und archäogenetische Analysen an menschlichen Individuen aus Nevalı Çori, einer bedeutenden Stätte des präkeramischen Neolithikums (PPN), durchgeführt. Dadurch konnten wir erstmals die Dynamik der sich ändernden Mobilität vs. Sesshaftigkeit innerhalb der Gemeinschaft aufzeigen, die die prächtigen und bekannten T-förmigen Pfeilergebäude von Göbekli Tepe und Nevalı Çori in Anatolien errichtet hat. Darüber hinaus haben wir archäogenetische Daten für Nevalı Çori und das südlevantinische Ba'ja generiert, die uns einen neuen Einblick in die genetische Vielfalt zu Beginn des Neolithikums im Fruchtbaren Halbmond geben. Unser Ziel war es, einen interdisziplinären Ansatz zu verfolgen, der Osteoarchäologie, C14-Datierung, charakteristische Isotopen für Ernährung und Mobilität sowie archäogenetische Daten vom PPNB bis zur Eisenzeit mit genetischen Daten aus dem PPNB der südlichen Levante kombiniert. Da biomolekulare Daten menschlicher PPNB-Überreste aufgrund schlechter Aufbewahrungsbedingungen knapp sind, ist jeder Datenpunkt wertvoll. Obwohl die dargestellte Stichprobe klein ist, deckt sie eine zeitliche und geografische Lücke in einem Zeitraum und Gebiet ab, die für das Verständnis der Entstehung der ersten landwirtschaftlichen Gesellschaften von entscheidender Bedeutung sind. Diese Studie präsentiert zudem neue isotopische, genetische und C14-Daten von menschlichen und tierischen Überresten aus dem PPNB in Südostanatolien. Unsere Ergebnisse zeigen erstens einen Rückgang der menschlichen Mobilität nach der Anfangsphase des PPNB, während gleichzeitig eine zunehmende Abhängigkeit von domestizierten Ressourcen festgestellt wurde. Zweitens weisen die Daten auf eine hohe genetische Ähnlichkeit zwischen PPNB Nevalı Çori und anatolischen Jägern und Sammlern sowie Bauern hin, und es gibt auch Affinitäten zu Populationen im weiteren Fruchtbaren Halbmond. Zusätzlich berichten wir über neuartige humangenomweite Daten von der späten PPNB-Stätte Ba'ja in der südlichen Levante, die Einblicke in Beziehungen unter Blutsverwandten liefern. Schließlich präsentieren wir neuartige humangenomweite Daten aus dem postneolithischen Nevalı Çori, die eine zeitliche Perspektive auf die genetische Geschichte der Region bieten, die bisher fehlte. In der zweiten Fallstudie der bioarchäologischen Forschung über Jericho haben wir isotopische und proteomische Analysen an menschlichen Individuen aus Jericho, ebenfalls ein bedeutender Fundort des PPN, durchgeführt. Hier können wir zum ersten Mal die Dynamik des Übergangs von Mobilität zu Sesshaftigkeit innerhalb der Gemeinschaft aufzeigen, die den ältesten monumentalen Turm und die ältesten Befestigungsmauern der Welt errichtet hat. Zusammen mit anderen kürzlich veröffentlichten Daten aus der nördlichen und südlichen Levante können wir damit neue Erkenntnisse über die Vielfalt und Dynamik der menschlichen Mobilität zu Beginn des Neolithikums im Fruchtbaren Halbmond vorlegen. Dies ist das erste Mal, dass Bioproben aus Jericho analysiert und die verfügbaren Datensätze aus der Levante für eine umfassendere Sr-Kartierung überprüft werden. Unsere Ergebnisse legen einen überraschenden Fokus auf Lokalität nahe und zeigen das Fehlen von Fernmobilitätsmustern zu einer Zeit kurz nach der Sesshaftigkeit. Dies passt perfekt zu den Bemühungen der lokalen Gemeinschaft, einen dauerhaften Siedlungsraum zu schaffen, indem sie den weltweit ersten Turm und die erste Mauer um eine Siedlung herum errichtete. Darüber hinaus sind wir die ersten, die die proteomische Analyse von geschlechtsspezifischen Amelogeninpeptiden im Zahnschmelz zur Bestimmung des Geschlechts auf archäologischem Material aus der südlichen Levante anwenden und dadurch Einblick in geschlechtsbezogene Bestattungspraktiken geben können. Zusätzlich führt diese Studie in den naturwissenschaftlichen Hintergrund und die Geschichte der Landwirtschaft im Fruchtbaren Halbmond ein und demonstriert die bioarchäologischen Methoden, die für diese Doktorarbeit angewendet wurden. Dies betrifft Isotopen- und aDNA-Analysen ebenso wie eine Überprüfung und Zusammenfassung relevanter Forschungsliteratur über Muster von Mobilität, Migration und Akkulturation sowie die Präsentation aktueller Fortschritte und Durchbrüche auf diesem Gebiet.