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„Ich trainiere nicht den Spieler, ich trainiere das Team!“. eine multimethodische Analyse des sozialen Identitätsansatzes effektiver Führung und der Multigruppenprozesse in Vereinen des deutschen Profifußballs
„Ich trainiere nicht den Spieler, ich trainiere das Team!“. eine multimethodische Analyse des sozialen Identitätsansatzes effektiver Führung und der Multigruppenprozesse in Vereinen des deutschen Profifußballs
Teamführung im Fußball ist ein viel diskutiertes Thema, dem in den letzten Jahren immer mehr Bedeutung zugeschrieben wurde. Trotz der großen Aufmerksamkeit können traditionelle Führungstheorien, z. B. transformationale Führung, viele Phänomene im Fußball nicht erklären, denn sie unterschätzen soziale Gruppenprozesse, die in der Führung von Teams eine Rolle spielen. Ziel dieser Studie ist es daher, die Führung von Fußballmannschaften im professionellen Kontext unter dem Aspekt des sozialen Identitätsansatzes effektiver Führung zu untersuchen (Social Identity Leadership, s. Haslam et al., 2011). Es wurden die folgenden Fragestellungen untersucht: Ob und wie manifestiert sich Social Identity Leadership im berichteten Verhalten von professionellen Fußballtrainer:innen gegenüber der Mannschaft (Teil I)? Welchen Einfluss haben soziale Gruppen innerhalb des Vereins auf die Führung von Fußballtrainer:innen (Teil II)? Welche Prädiktoren können für Social Identity Leadership identifiziert werden (Teil III)? Die Studie trägt zur Forschung bei, indem sie sich mit Führung unter dem Aspekt der sozialen Identität aus der Trainerperspektive auseinandersetzt. Sie fokussiert dabei nicht wie bisherige Studien auf die Wirkung, sondern untersucht soziale Einflüsse und Faktoren, die Social Identity Leadership beeinflussen. Die Studie schließt damit eine wichtige Forschungslücke. Methodik: Im Einklang mit den philosophischen Annahmen des Critical Realism wurde ein multimethodischer Ansatz, bestehend aus Interviews und einer Onlinestudie, durchgeführt. 30 professionelle Cheftrainer:innen, von der 1. Bundesliga bis zur Regionalliga der Männer und aus der 1. und 2. Bundesliga der Frauen, nahmen an den Interviews teil, 42 an der Onlinestudie. Ergebnisse: Positiv und negativ empfundene Führungserfahrungen unterschieden sich in der Ausprägung von Social Identity Leadership, nicht aber in den individuell-orientierten Führungskonzepten (Teil I). Betrachtet man den Verein als Kontext, ist die Trainerperson Teil von drei wichtigen Gruppen/Kollektiven: Mannschaft, Trainerteam, Vereinsverantwortliche. Jede dieser sozialen Gruppen interagiert miteinander und kann sich positiv oder negativ auf die Führungseffektivität in der Mannschaft auswirken. In positiv empfundenen Führungserfahrungen funktionierten mindestens zwei von drei Kollektiven in der Zusammenarbeit mit dem bzw. der Trainer:in (Teil II). Als Prädiktoren konnten die Person-Umwelt-Übereinstimmung (Fit), die soziale Identifikation der Trainerperson mit dem Gesamtkollektiv sowie die Führungsidentität für Social Identity Leadership identifiziert werden (Teil III). Die Ergebnisse der drei Teile werden zum Multigruppenmodell der Führung im Fußball auf Basis des sozialen Identitätsansatzes (Multi-SIL) zusammengefasst. Fazit: Neben der individuellen Führung von Spieler:innen, ist die Führung über die Gruppe basierend auf einer geteilten bzw. gemeinsamen sozialen Identität ein zentraler Bestandteil der Führung von Mannschaften im Profifußball. Diese Studie zeigt zudem die Bedeutung von äußeren Einflüssen auf die Führung der Trainerperson, z. B. durch andere soziale Gruppen. In Forschung und Praxis sollten der erweiterte Kontext und soziale Gruppenprozesse daher explizit betrachtet werden, wenn es um die Führung von Mannschaften geht., Team leadership in football/soccer is a topic that has become increasingly important in recent years. Despite the heightened interest in this field, many phenomena in football cannot be explained by traditional leadership theories, such as transformational leadership. This is because these theories underestimate social group processes that play a role in the leadership of teams. Objective: The aim of this study is to investigate the leadership of football teams in a professional context, from the perspective of the (Social) Identity Approach to Leadership (Social Identity Leadership, s. Haslam et al., 2011).The following research questions were examined: Does social identity leadership manifest in the reported behaviour of professional football coaches in relation to their team? And if so, how (Part I)? What influence do different social groups within the club have on the leadership of football coaches (Part II)? Which predictors can be identified for Social Identity Leadership (Part III)? This study contributes to leadership research by examining leadership with regards to social identity from the trainer's perspective. Unlike previous studies, it does not focus on the effect of social identity leadership but examines social influences and potential predictors. It thereby closes an important research gap. Methods: In line with the philosophical assumptions of the Critical Realism, a multi-method approach consisting of in-depth interviews and an online study, was conducted. A wide range of people participated in this study: 30 professional head coaches, of the four major German football leagues (men) and of the two major German leagues of the women, participated in the interviews and 42 in the online study. Results: Positively and negatively perceived leadership experiences differed in the form of social identity leadership dimensions but not in the individually oriented leadership concepts (Part I). Looking at the club as context, the head coach is part of three important subgroups: team, coaching team, club managers. Each of these social groups interacts with each other and can have a positive or negative impact on the effectiveness of the coach’s team leadership. At least two out of three groups in interplay with the coach functioned in positive leadership experiences (Part II). As predictors for social identity leadership, person-environment fit, the social identification with the overall collective and the leadership identity were identified (Part III). The results of the three parts are summarized as the Multigroup Model of Social Identity Leadership in Football (Multi-SIL). Conclusion: In addition to the individual leadership of players, the leadership of the group based on a shared social identity is a central component of the leadership of football teams. This study also shows the importance of external influences on leadership, for example through other social groups within the club. Therefore, when considering team leadership, whether in research or in practice, the context and social group processes should be explicitly considered.
Identity Leadership, Social Identity, Football, Soccer, Multigroup Processes, Multigroup Dynamics, Qualitative Research, Coach Leadership, Team leadership, Sozialer Identitätsansatz der Führung, Soziale Identität, Gruppenidentität, Fußball, Teamführung, Trainerrolle, Fußballverein, Gruppenprozesse
Speth, Verena Christine
2021
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Speth, Verena Christine (2021): „Ich trainiere nicht den Spieler, ich trainiere das Team!“: eine multimethodische Analyse des sozialen Identitätsansatzes effektiver Führung und der Multigruppenprozesse in Vereinen des deutschen Profifußballs. Dissertation, LMU München: Fakultät für Psychologie und Pädagogik
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Abstract

Teamführung im Fußball ist ein viel diskutiertes Thema, dem in den letzten Jahren immer mehr Bedeutung zugeschrieben wurde. Trotz der großen Aufmerksamkeit können traditionelle Führungstheorien, z. B. transformationale Führung, viele Phänomene im Fußball nicht erklären, denn sie unterschätzen soziale Gruppenprozesse, die in der Führung von Teams eine Rolle spielen. Ziel dieser Studie ist es daher, die Führung von Fußballmannschaften im professionellen Kontext unter dem Aspekt des sozialen Identitätsansatzes effektiver Führung zu untersuchen (Social Identity Leadership, s. Haslam et al., 2011). Es wurden die folgenden Fragestellungen untersucht: Ob und wie manifestiert sich Social Identity Leadership im berichteten Verhalten von professionellen Fußballtrainer:innen gegenüber der Mannschaft (Teil I)? Welchen Einfluss haben soziale Gruppen innerhalb des Vereins auf die Führung von Fußballtrainer:innen (Teil II)? Welche Prädiktoren können für Social Identity Leadership identifiziert werden (Teil III)? Die Studie trägt zur Forschung bei, indem sie sich mit Führung unter dem Aspekt der sozialen Identität aus der Trainerperspektive auseinandersetzt. Sie fokussiert dabei nicht wie bisherige Studien auf die Wirkung, sondern untersucht soziale Einflüsse und Faktoren, die Social Identity Leadership beeinflussen. Die Studie schließt damit eine wichtige Forschungslücke. Methodik: Im Einklang mit den philosophischen Annahmen des Critical Realism wurde ein multimethodischer Ansatz, bestehend aus Interviews und einer Onlinestudie, durchgeführt. 30 professionelle Cheftrainer:innen, von der 1. Bundesliga bis zur Regionalliga der Männer und aus der 1. und 2. Bundesliga der Frauen, nahmen an den Interviews teil, 42 an der Onlinestudie. Ergebnisse: Positiv und negativ empfundene Führungserfahrungen unterschieden sich in der Ausprägung von Social Identity Leadership, nicht aber in den individuell-orientierten Führungskonzepten (Teil I). Betrachtet man den Verein als Kontext, ist die Trainerperson Teil von drei wichtigen Gruppen/Kollektiven: Mannschaft, Trainerteam, Vereinsverantwortliche. Jede dieser sozialen Gruppen interagiert miteinander und kann sich positiv oder negativ auf die Führungseffektivität in der Mannschaft auswirken. In positiv empfundenen Führungserfahrungen funktionierten mindestens zwei von drei Kollektiven in der Zusammenarbeit mit dem bzw. der Trainer:in (Teil II). Als Prädiktoren konnten die Person-Umwelt-Übereinstimmung (Fit), die soziale Identifikation der Trainerperson mit dem Gesamtkollektiv sowie die Führungsidentität für Social Identity Leadership identifiziert werden (Teil III). Die Ergebnisse der drei Teile werden zum Multigruppenmodell der Führung im Fußball auf Basis des sozialen Identitätsansatzes (Multi-SIL) zusammengefasst. Fazit: Neben der individuellen Führung von Spieler:innen, ist die Führung über die Gruppe basierend auf einer geteilten bzw. gemeinsamen sozialen Identität ein zentraler Bestandteil der Führung von Mannschaften im Profifußball. Diese Studie zeigt zudem die Bedeutung von äußeren Einflüssen auf die Führung der Trainerperson, z. B. durch andere soziale Gruppen. In Forschung und Praxis sollten der erweiterte Kontext und soziale Gruppenprozesse daher explizit betrachtet werden, wenn es um die Führung von Mannschaften geht.

Abstract

Team leadership in football/soccer is a topic that has become increasingly important in recent years. Despite the heightened interest in this field, many phenomena in football cannot be explained by traditional leadership theories, such as transformational leadership. This is because these theories underestimate social group processes that play a role in the leadership of teams. Objective: The aim of this study is to investigate the leadership of football teams in a professional context, from the perspective of the (Social) Identity Approach to Leadership (Social Identity Leadership, s. Haslam et al., 2011).The following research questions were examined: Does social identity leadership manifest in the reported behaviour of professional football coaches in relation to their team? And if so, how (Part I)? What influence do different social groups within the club have on the leadership of football coaches (Part II)? Which predictors can be identified for Social Identity Leadership (Part III)? This study contributes to leadership research by examining leadership with regards to social identity from the trainer's perspective. Unlike previous studies, it does not focus on the effect of social identity leadership but examines social influences and potential predictors. It thereby closes an important research gap. Methods: In line with the philosophical assumptions of the Critical Realism, a multi-method approach consisting of in-depth interviews and an online study, was conducted. A wide range of people participated in this study: 30 professional head coaches, of the four major German football leagues (men) and of the two major German leagues of the women, participated in the interviews and 42 in the online study. Results: Positively and negatively perceived leadership experiences differed in the form of social identity leadership dimensions but not in the individually oriented leadership concepts (Part I). Looking at the club as context, the head coach is part of three important subgroups: team, coaching team, club managers. Each of these social groups interacts with each other and can have a positive or negative impact on the effectiveness of the coach’s team leadership. At least two out of three groups in interplay with the coach functioned in positive leadership experiences (Part II). As predictors for social identity leadership, person-environment fit, the social identification with the overall collective and the leadership identity were identified (Part III). The results of the three parts are summarized as the Multigroup Model of Social Identity Leadership in Football (Multi-SIL). Conclusion: In addition to the individual leadership of players, the leadership of the group based on a shared social identity is a central component of the leadership of football teams. This study also shows the importance of external influences on leadership, for example through other social groups within the club. Therefore, when considering team leadership, whether in research or in practice, the context and social group processes should be explicitly considered.