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Erwerbsintegration entgegen der Erwartung. Langzeitarbeitslose zwischen (un-)überwindbaren Hemmnissen, Handlungsfähigkeit und sozialen Unterstützungsnetzwerken
Erwerbsintegration entgegen der Erwartung. Langzeitarbeitslose zwischen (un-)überwindbaren Hemmnissen, Handlungsfähigkeit und sozialen Unterstützungsnetzwerken
Die Verfestigung von Arbeitslosigkeit ist für einen erheblichen Teil der Betroffenen oft mit multiplen Problemlagen verbunden (geringe Qualifikation, Krankheit, Alter über 50, Sprachdefizite, Fürsorgepflichten oder Sucht). Die Chancen, wieder Erwerbstätigkeit aufzunehmen, sinken dadurch beträchtlich. Das SGB II verfolgt jedoch die Arbeitsaufnahme als ein normatives Ziel. So ist das Paradigma des „Förderns und Forderns“ den formalisierten und auf Effektivitätsmaximierung ausgerichteten Prozessen der Arbeitsvermittlung inhärent. Die Fachkräfte der Jobcenter werden an Vermittlungskennzahlen gemessen und die betroffenen Langzeitarbeitslosen an ihren Bemühungen, Arbeit zu suchen, zu finden und aufzunehmen. Es besteht ein großes formales Unterstützungsangebot, um Langzeitarbeitslosigkeit schnellstmöglich durch Erwerbsarbeit zu beenden. Trotzdem ist die Zahl der Langzeitarbeitslosen hoch, und die Vermittlungszahlen sind niedrig. Um diesen Sachverhalt zu untersuchen, wurde eine qualitative Studie mit insgesamt 33 Langzeitarbeitslosen durchgeführt, die trotz vorliegender multipler Hemmnisse einen Übergang in bedarfsdeckende Arbeit erreichten. Wie im Folgenden gezeigt wird, nehmen diese Langzeitarbeitslosen die Handlungsofferten der Arbeitsvermittlung oft nicht als realistisch wahr, da sie oft nicht auf ihre spezifischen Belange eingehen. Übergänge in Arbeit hängen deshalb auch nicht ausschließlich vom Erhalten bzw. Wahrnehmen von Informationen über Jobmöglichkeiten ab, sondern vielmehr vom individuellen Erreichen stabiler Lebensumstände die es erlauben, arbeitsmarktbezogene Informationen als sinnvoll bzw. relevant zu erkennen und dann in entsprechende Handlungen zu überführen. Dabei spielt das individuelle Netzwerk vielfach eine wichtige Rolle, deshalb gilt es die individuellen Akteurskonstellationen langzeitarbeitsloser mit multiplen Hemmnissen daraufhin zu analysieren, wie deren Handlungsfähigkeit soweit erweitert werden kann, dass Informationen über potentielle Arbeitsplätze erkennbar und verarbeitbar werden, welche Rolle die Netzwerkkomposition hierbei spielt und in letzter Konsequenz arbeitsmarktbezogene Aktivitäten möglich werden. Der Schwerpunkt liegt hier auf einem relationalen, diachronen Ansatz, der die individuellen Lebensverläufe berücksichtigt., For a significant proportion of those affected, the consolidation of unemployment is often associated with multiple difficulties (low skills, illness, age 50+, language deficits, caring duties or forms of addiction). Thus, the chances of returning to employment decrease considerably. However, the SGB II pursues employment as a normative goal. Thus, the paradigm of ‘Foerdern und Fordern’ (‘Promoting and Demanding’) is inherent in the formalized processes of job placement and is oriented towards maximized effectiveness. Job center professionals are measured according to placement metrics and long-term unemployed according to their efforts to find and take up work. There is a lot of formal support available to end long-term unemployment as quickly as possible through employment. Nevertheless, the numbers of long-term unemployed persons are still high and the numbers of job placement are low. To investigate this situation, a qualitative study has been conducted. It is based on interviews with 33 long-term unemployed people who, despite the existence of multiple barriers, were able to find employment. It can be shown that these long-term unemployed often do not perceive the job placement offers as realistic, as they often do not address their specific needs. Transitions into work are thus not only dependent on obtaining or perceiving information about job opportunities, but rather on achieving individual stable living conditions that allow perceiving and processing job-related information as meaningful or relevant and then translating it into corresponding actions. In this context, the individual's network often plays an important role. Therefore, it is necessary to analyze the individual actor constellations of long-term unemployed people with multiple obstacles in order to expand their capability to the point that they are able to recognize and process information about potential jobs, to understand what role the network composition plays and, ultimately, to make job-related activities possible. The focus here is on a relational, diachronic approach that takes into account the individual life courses.
Langzeitarbeitslosigkeit, Handlungsfähigkeit, Vermittlerbeziehung, Hemmnisse, Arbeitsmarkt, soziale Netzwerke, qualitative Netzwerkanalyse, long-term unemployment, agency, relationship with employment agencies, impediments, labour market, social networks, qualitative network analysis, getting a job
Kerschbaumer, Lukas
2023
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Kerschbaumer, Lukas (2023): Erwerbsintegration entgegen der Erwartung: Langzeitarbeitslose zwischen (un-)überwindbaren Hemmnissen, Handlungsfähigkeit und sozialen Unterstützungsnetzwerken. Dissertation, LMU München: Sozialwissenschaftliche Fakultät
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Abstract

Die Verfestigung von Arbeitslosigkeit ist für einen erheblichen Teil der Betroffenen oft mit multiplen Problemlagen verbunden (geringe Qualifikation, Krankheit, Alter über 50, Sprachdefizite, Fürsorgepflichten oder Sucht). Die Chancen, wieder Erwerbstätigkeit aufzunehmen, sinken dadurch beträchtlich. Das SGB II verfolgt jedoch die Arbeitsaufnahme als ein normatives Ziel. So ist das Paradigma des „Förderns und Forderns“ den formalisierten und auf Effektivitätsmaximierung ausgerichteten Prozessen der Arbeitsvermittlung inhärent. Die Fachkräfte der Jobcenter werden an Vermittlungskennzahlen gemessen und die betroffenen Langzeitarbeitslosen an ihren Bemühungen, Arbeit zu suchen, zu finden und aufzunehmen. Es besteht ein großes formales Unterstützungsangebot, um Langzeitarbeitslosigkeit schnellstmöglich durch Erwerbsarbeit zu beenden. Trotzdem ist die Zahl der Langzeitarbeitslosen hoch, und die Vermittlungszahlen sind niedrig. Um diesen Sachverhalt zu untersuchen, wurde eine qualitative Studie mit insgesamt 33 Langzeitarbeitslosen durchgeführt, die trotz vorliegender multipler Hemmnisse einen Übergang in bedarfsdeckende Arbeit erreichten. Wie im Folgenden gezeigt wird, nehmen diese Langzeitarbeitslosen die Handlungsofferten der Arbeitsvermittlung oft nicht als realistisch wahr, da sie oft nicht auf ihre spezifischen Belange eingehen. Übergänge in Arbeit hängen deshalb auch nicht ausschließlich vom Erhalten bzw. Wahrnehmen von Informationen über Jobmöglichkeiten ab, sondern vielmehr vom individuellen Erreichen stabiler Lebensumstände die es erlauben, arbeitsmarktbezogene Informationen als sinnvoll bzw. relevant zu erkennen und dann in entsprechende Handlungen zu überführen. Dabei spielt das individuelle Netzwerk vielfach eine wichtige Rolle, deshalb gilt es die individuellen Akteurskonstellationen langzeitarbeitsloser mit multiplen Hemmnissen daraufhin zu analysieren, wie deren Handlungsfähigkeit soweit erweitert werden kann, dass Informationen über potentielle Arbeitsplätze erkennbar und verarbeitbar werden, welche Rolle die Netzwerkkomposition hierbei spielt und in letzter Konsequenz arbeitsmarktbezogene Aktivitäten möglich werden. Der Schwerpunkt liegt hier auf einem relationalen, diachronen Ansatz, der die individuellen Lebensverläufe berücksichtigt.

Abstract

For a significant proportion of those affected, the consolidation of unemployment is often associated with multiple difficulties (low skills, illness, age 50+, language deficits, caring duties or forms of addiction). Thus, the chances of returning to employment decrease considerably. However, the SGB II pursues employment as a normative goal. Thus, the paradigm of ‘Foerdern und Fordern’ (‘Promoting and Demanding’) is inherent in the formalized processes of job placement and is oriented towards maximized effectiveness. Job center professionals are measured according to placement metrics and long-term unemployed according to their efforts to find and take up work. There is a lot of formal support available to end long-term unemployment as quickly as possible through employment. Nevertheless, the numbers of long-term unemployed persons are still high and the numbers of job placement are low. To investigate this situation, a qualitative study has been conducted. It is based on interviews with 33 long-term unemployed people who, despite the existence of multiple barriers, were able to find employment. It can be shown that these long-term unemployed often do not perceive the job placement offers as realistic, as they often do not address their specific needs. Transitions into work are thus not only dependent on obtaining or perceiving information about job opportunities, but rather on achieving individual stable living conditions that allow perceiving and processing job-related information as meaningful or relevant and then translating it into corresponding actions. In this context, the individual's network often plays an important role. Therefore, it is necessary to analyze the individual actor constellations of long-term unemployed people with multiple obstacles in order to expand their capability to the point that they are able to recognize and process information about potential jobs, to understand what role the network composition plays and, ultimately, to make job-related activities possible. The focus here is on a relational, diachronic approach that takes into account the individual life courses.