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Evaluierung von zwei Add-on-Therapiestrategien bei pharmakoresistenter idiopathischer Epilepsie des Hundes
Evaluierung von zwei Add-on-Therapiestrategien bei pharmakoresistenter idiopathischer Epilepsie des Hundes
Idiopathische Epilepsie ist die häufigste neurologische Erkrankung beim Hund und wird durch das Auftreten von Pharmakoresistenz bei ca. 20 – 30 % der Hunde verkompliziert. Insbesondere für diese Gruppe an Hunden besteht ein Bedarf an Verbesserung des medikamentösen Managements sowie an evidenzbasierten Daten von neuen medikamentösen und nicht-medikamentösen Therapieansätzen. In der vorliegenden prospektiven, open-label Studie wurden 26 Hunde mit idiopathischer Epilepsie mittels stratifizierter Randomisierung und unter Anwendung eines Matched-Pair-Designs einer von zwei Therapiestrategien zugeteilt. Die Zielgruppe waren Hunde mit mindestens einem generalisiert tonisch-klonischen Anfall pro Monat in den letzten 4 Monaten vor Studienbeginn (Baseline) trotz Vorbehandlung mit mindestens zwei Antikonvulsiva. Zwei gängige Therapiestrategien wurden hinsichtlich ihrer Effektivität und Verträglichkeit verglichen: Pregabalin Add-on 4 mg/kg zweimal täglich und eine 30 %ige Dosiserhöhung einer bereits vor Studieneinschluss verabreichten Levetiracetam Dauertherapie. Weiters wurde untersucht, ob Hunde mit Pregabalin 4 mg/kg zweimal täglich Wirkspiegel im therapeutischen Bereich für Menschen erreichen. Eine Verdreifachung des längsten interiktalen Intervalls während der Baseline auf mindestens drei Monate wurde als Therapieerfolg definiert. Der dritte Tag mit tonisch-klonischen Anfällen nach Titrationsphase wurde als individueller Studienendpunkt definiert, falls bis dahin keine mindestens 1,5-fache Verlängerung des interiktalen Intervalls im Vergleich zur Baseline eintrat. Die Studiendauer konnte freiwillig verlängert werden. Vierzehn Hunde wurden der Pregabalin- und 12 Hunde der Levetiracetam-Gruppe zugeordnet. Die durchschnittliche monatliche Anfallsfrequenz der Hunde lag bei 4,0 (median 3,0). Alle Hunde hatten vorberichtlich Clusteranfälle. Die Levetiracetam Vorbehandlung in der Levetiracetam-Gruppe betrug im Durchschnitt 8,3 Monate. Jeder Hund verblieb in der Studie bis zum mindestens dritten Anfallstag, sodass alle Hunde ausgewertet werden konnten. Die Erfolgsrate beider Therapiestrategien war gering mit zwei Respondern in der Pregabalin-Gruppe (2/14; 14,3 %) und einem Responder in der Levetiracetam-Gruppe (1/12; 8,3 %). Es gab keinen statistisch signifikanten Unterschied in der durchschnittlichen Verlängerung des längsten interiktalen Intervalls (p = 0,681), in der Zeit bis zum dritten Anfallstag (p = 0,500), der individuellen Studiendauer (p = 0,323) oder der Anzahl an Hunden mit ≥ 50 % Anfallsreduktion in den ersten 56 Tagen der Studie (p = 1,000). Clusteranfälle stoppten für ≥ 6 Monate nur bei den drei Hunden mit Therapieerfolg. Das Follow-up zeigte jedoch bei allen Hunden ein Rezidiv monatlicher Anfälle nach spätestens 10 Monaten. Pregabalin Add-on 4 mg/kg führte bei 13/14 Hunden zu Wirkspiegel-Konzentrationen im therapeutischen Bereich für Menschen (Mittelwert 3,8 mg/L; Median 3,5 mg/L). Die Verträglichkeit beider Therapiestrategien war gut. Die Pregabalin-Therapie führte aber zu einem signifikanten Anstieg im Müdigkeitsscore dieser Gruppe (p = 0,011). Die schlechte Erfolgsrate dieser Studie spiegelt sehr wahrscheinlich eine reale Situation in der Behandlung von Hunden mit pharmakoresistener idiopathischer Epilepsie wider. Das Studienprotokoll mit Anwendung eines individuellen Studienendpunktes vermied eine unnötig lange Exposition der Patienten mit einer ineffektiven Therapiestrategie und war begleitet von einer guten Haltercompliance. Für zukünftige Anwendungen von Pregabalin Add-on-Therapie beim Hund sollte eine Wirkspiegel-gestützte Dosiseskalation angedacht werden. Eine Dosiserhöhung der Levetiracetam-Dauertherapie um 30 % erscheint in den meisten Fällen zu gering, um einen relevanten Therapieerfolg zu erzielen.
Epilepsie, Pharmakoresistenz, Pregabalin, Levetiracetam
Kriechbaumer, Sandra Romana Patricia
2023
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Kriechbaumer, Sandra Romana Patricia (2023): Evaluierung von zwei Add-on-Therapiestrategien bei pharmakoresistenter idiopathischer Epilepsie des Hundes. Dissertation, LMU München: Tierärztliche Fakultät
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Abstract

Idiopathische Epilepsie ist die häufigste neurologische Erkrankung beim Hund und wird durch das Auftreten von Pharmakoresistenz bei ca. 20 – 30 % der Hunde verkompliziert. Insbesondere für diese Gruppe an Hunden besteht ein Bedarf an Verbesserung des medikamentösen Managements sowie an evidenzbasierten Daten von neuen medikamentösen und nicht-medikamentösen Therapieansätzen. In der vorliegenden prospektiven, open-label Studie wurden 26 Hunde mit idiopathischer Epilepsie mittels stratifizierter Randomisierung und unter Anwendung eines Matched-Pair-Designs einer von zwei Therapiestrategien zugeteilt. Die Zielgruppe waren Hunde mit mindestens einem generalisiert tonisch-klonischen Anfall pro Monat in den letzten 4 Monaten vor Studienbeginn (Baseline) trotz Vorbehandlung mit mindestens zwei Antikonvulsiva. Zwei gängige Therapiestrategien wurden hinsichtlich ihrer Effektivität und Verträglichkeit verglichen: Pregabalin Add-on 4 mg/kg zweimal täglich und eine 30 %ige Dosiserhöhung einer bereits vor Studieneinschluss verabreichten Levetiracetam Dauertherapie. Weiters wurde untersucht, ob Hunde mit Pregabalin 4 mg/kg zweimal täglich Wirkspiegel im therapeutischen Bereich für Menschen erreichen. Eine Verdreifachung des längsten interiktalen Intervalls während der Baseline auf mindestens drei Monate wurde als Therapieerfolg definiert. Der dritte Tag mit tonisch-klonischen Anfällen nach Titrationsphase wurde als individueller Studienendpunkt definiert, falls bis dahin keine mindestens 1,5-fache Verlängerung des interiktalen Intervalls im Vergleich zur Baseline eintrat. Die Studiendauer konnte freiwillig verlängert werden. Vierzehn Hunde wurden der Pregabalin- und 12 Hunde der Levetiracetam-Gruppe zugeordnet. Die durchschnittliche monatliche Anfallsfrequenz der Hunde lag bei 4,0 (median 3,0). Alle Hunde hatten vorberichtlich Clusteranfälle. Die Levetiracetam Vorbehandlung in der Levetiracetam-Gruppe betrug im Durchschnitt 8,3 Monate. Jeder Hund verblieb in der Studie bis zum mindestens dritten Anfallstag, sodass alle Hunde ausgewertet werden konnten. Die Erfolgsrate beider Therapiestrategien war gering mit zwei Respondern in der Pregabalin-Gruppe (2/14; 14,3 %) und einem Responder in der Levetiracetam-Gruppe (1/12; 8,3 %). Es gab keinen statistisch signifikanten Unterschied in der durchschnittlichen Verlängerung des längsten interiktalen Intervalls (p = 0,681), in der Zeit bis zum dritten Anfallstag (p = 0,500), der individuellen Studiendauer (p = 0,323) oder der Anzahl an Hunden mit ≥ 50 % Anfallsreduktion in den ersten 56 Tagen der Studie (p = 1,000). Clusteranfälle stoppten für ≥ 6 Monate nur bei den drei Hunden mit Therapieerfolg. Das Follow-up zeigte jedoch bei allen Hunden ein Rezidiv monatlicher Anfälle nach spätestens 10 Monaten. Pregabalin Add-on 4 mg/kg führte bei 13/14 Hunden zu Wirkspiegel-Konzentrationen im therapeutischen Bereich für Menschen (Mittelwert 3,8 mg/L; Median 3,5 mg/L). Die Verträglichkeit beider Therapiestrategien war gut. Die Pregabalin-Therapie führte aber zu einem signifikanten Anstieg im Müdigkeitsscore dieser Gruppe (p = 0,011). Die schlechte Erfolgsrate dieser Studie spiegelt sehr wahrscheinlich eine reale Situation in der Behandlung von Hunden mit pharmakoresistener idiopathischer Epilepsie wider. Das Studienprotokoll mit Anwendung eines individuellen Studienendpunktes vermied eine unnötig lange Exposition der Patienten mit einer ineffektiven Therapiestrategie und war begleitet von einer guten Haltercompliance. Für zukünftige Anwendungen von Pregabalin Add-on-Therapie beim Hund sollte eine Wirkspiegel-gestützte Dosiseskalation angedacht werden. Eine Dosiserhöhung der Levetiracetam-Dauertherapie um 30 % erscheint in den meisten Fällen zu gering, um einen relevanten Therapieerfolg zu erzielen.