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Keimbahntransformation mit universellem Marker und neue homöotische Gene in Tribolium Castaneum
Keimbahntransformation mit universellem Marker und neue homöotische Gene in Tribolium Castaneum
Im Rahmen der vorliegenden Doktorarbeit wurde zum ersten Mal die Keimbahn eines Käfers erfolgreich genetisch transformiert. Der von uns zu diesem Zweck in Zusammenarbeit mit Ernst Wimmer entwickelte Transformationsmarker 3xP3-EGFP hat inzwischen sein Potential als spezies-unabhängiges Markergen auch in weiteren Invertebraten-Spezies unter Beweis gestellt und damit das Spektrum transformierbarer Taxa beträchtlich erweitert. In Tribolium konnten Transformationsereignisse mit 3xP3-EGFP für drei verschiedene Transposons - Hermes, Minos und piggyBac - erzielt werden. Die Effizienz betrug dabei 1,4% (Hermes), 11,4% (Minos) bzw. 56% (piggyBac) der fertilen G0 und gehört damit zu den höchsten Werten, die in der Literatur für Insekten berichtet wurden. Bei Minos konnte die Effizienz durch die Verwendung von Transposase mRNA statt einem DNA Helper-Plasmid weiter auf 32,4% gesteigert werden. Für piggyBac und Minos wurde ferner in Zusammenarbeit mit anderen Labors gezeigt, daß es sich bei den meisten Transposoninsertionen um unabhängige Einzelintegrationen handelt, die auf verschiedene Chromosomen verteilt sind und stabil weitervererbt werden. Die Größe zusätzlich transferierter Fremd-DNA kann dabei bei piggyBac mindestens bis zu 9,5 kb betragen. Schließlich konnte noch ein piggyBac Element durch Helperinjektion mit einer Rate von 28,1% remobilisiert werden. Zusammen mit der Anfälligkeit für enhancer trap Effekte können daher mit diesem System alle relevanten Transposon-basierenden Techniken zur funktionellen Genomanalyse angewandt werden. Als erste praktische Anwendung wurden D. melanogaster Sequenzen für anteriore und posteriore mRNA-Lokalisierung (bicoid-3’UTR und oskar-3’UTR), sowie ein bicoid-abhängiger Minimalpromotor in Tribolium eingeführt. Allerdings konnten durch diese Ansätze keine Komponenten oder Mechanismen eines ggf. konservierten maternalen Systems nachgewiesen werden. Ein Konstrukt mit 5,2 kb der upstream Sequenzen von Tc’hunchback mit lacZ als Reportergen war hingegen in der Lage, das endogene hunchback-Muster größtenteils nachzubilden. Das frühere Ergebnis von Christian Wolff mit Tc’hunchback in Drosophila, wonach dieses Fragment alle wesentlichen regulatorischen Elemente enthält, konnte daher in transgenen Käfern bestätigt werden. Zusätzlich zu dem als sehr riskant eingestuften Transformations-Projekt wurde parallel ein weiteres Projekt durchgeführt, die Analyse der homöotischen Mutanten wurm und überlänge. In beiden Mutanten ist vor allem die Identität der posterioren Segmente ab A9 verändert. In wurm sind die Segmente A9-A11 nach A8 transformiert und die telsonalen Anhänge Urogomphi und Pygopodien fehlen. In überlänge ist nur A9 wie A8 ausgebildet und demzufolge nicht mit dem Telson fusioniert. Es fehlen nur die Urogomphi. überlänge bildet zusätzlich ein ektopisches Stigma im ersten thorakalen Segment. Es wurde gezeigt, daß es sich bei den betroffenen Genen um zwei verschiedene Loci handelt, die beide nicht im homöotischen Komplex liegen. Obwohl der Phänotyp von wurm weitgehend der RNAi-Phänokopie von Abdominal-B entspricht, konnte also keiner dieser beiden Loci einem bekannten Hox-Gen zugeordnet werden. Als mögliches Kandidatengen für diese Loci wurde daher das Tribolium-Homolog des regionsspezifischen homöotischen Gens spalt kloniert. Die Expression von spalt entspricht weitgehend der von Dm’spalt, mit einer anterioren und einer posterioren Domäne, einer dorsalen Expression an den seitlichen Rändern des Keimstreifs, sowie einem komplexen Muster im Nervensystem. Mit Hilfe der kürzlich entwickelten Technik der parentalen RNAi wurde die Funktion dieses Gens untersucht. In sal–– Phänokopien finden sich, wie in Drosophila, anteriore und posteriore Veränderungen von Segmentidentitäten. So wird das abdominale Segment A9 in Richtung anteriore abdominale Segmente transformiert. Dadurch tritt ein zusätzliches Stigma auf und die Pygopodien gehen verloren, das Segment fusioniert aber weiterhin mit dem Telson. Im Gegensatz zu Drosophila wird aber anterior nicht das Labium verändert, sondern die Identität der Maxille wird partiell in Richtung Mandibel transformiert: statt dem Enditen der Maxille wird ein mandibel-ähnlicher Zahn gebildet. Damit kommt offenbar auch spalt nicht als Locus in Frage, der in wurm oder überlänge seine Funktion verloren hat. Möglicherweise spielen diese beiden Loci eine Rolle als den HOX-Genen übergeordnete regulatorische Gene, oder als Co-Faktor von Abd-B. Damit sind wurm und überlänge als interessante (und aus Drosophila nicht bekannte) Spieler im homöotischen System der Insekten identifiziert, was weitere Untersuchungen als sehr lohnend erscheinen läßt. Vor allem aber hat dieses Teilprojekt die Evolution des spalt-Gens erhellt, das in weniger abgeleiteten Insekten offenbar eine essentielle Rolle bei der Spezifizierung von Mandibel versus Maxille spielt. Diese Funktion ist in Drosophila vermutlich im Zuge der Reduktion der Mandibel verloren gegangen.
Tribolium castaneum, universal marker, spalt, wurm, überlänge
Berghammer, Andreas Josef
2004
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Berghammer, Andreas Josef (2004): Keimbahntransformation mit universellem Marker und neue homöotische Gene in Tribolium Castaneum. Dissertation, LMU München: Fakultät für Biologie
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Abstract

Im Rahmen der vorliegenden Doktorarbeit wurde zum ersten Mal die Keimbahn eines Käfers erfolgreich genetisch transformiert. Der von uns zu diesem Zweck in Zusammenarbeit mit Ernst Wimmer entwickelte Transformationsmarker 3xP3-EGFP hat inzwischen sein Potential als spezies-unabhängiges Markergen auch in weiteren Invertebraten-Spezies unter Beweis gestellt und damit das Spektrum transformierbarer Taxa beträchtlich erweitert. In Tribolium konnten Transformationsereignisse mit 3xP3-EGFP für drei verschiedene Transposons - Hermes, Minos und piggyBac - erzielt werden. Die Effizienz betrug dabei 1,4% (Hermes), 11,4% (Minos) bzw. 56% (piggyBac) der fertilen G0 und gehört damit zu den höchsten Werten, die in der Literatur für Insekten berichtet wurden. Bei Minos konnte die Effizienz durch die Verwendung von Transposase mRNA statt einem DNA Helper-Plasmid weiter auf 32,4% gesteigert werden. Für piggyBac und Minos wurde ferner in Zusammenarbeit mit anderen Labors gezeigt, daß es sich bei den meisten Transposoninsertionen um unabhängige Einzelintegrationen handelt, die auf verschiedene Chromosomen verteilt sind und stabil weitervererbt werden. Die Größe zusätzlich transferierter Fremd-DNA kann dabei bei piggyBac mindestens bis zu 9,5 kb betragen. Schließlich konnte noch ein piggyBac Element durch Helperinjektion mit einer Rate von 28,1% remobilisiert werden. Zusammen mit der Anfälligkeit für enhancer trap Effekte können daher mit diesem System alle relevanten Transposon-basierenden Techniken zur funktionellen Genomanalyse angewandt werden. Als erste praktische Anwendung wurden D. melanogaster Sequenzen für anteriore und posteriore mRNA-Lokalisierung (bicoid-3’UTR und oskar-3’UTR), sowie ein bicoid-abhängiger Minimalpromotor in Tribolium eingeführt. Allerdings konnten durch diese Ansätze keine Komponenten oder Mechanismen eines ggf. konservierten maternalen Systems nachgewiesen werden. Ein Konstrukt mit 5,2 kb der upstream Sequenzen von Tc’hunchback mit lacZ als Reportergen war hingegen in der Lage, das endogene hunchback-Muster größtenteils nachzubilden. Das frühere Ergebnis von Christian Wolff mit Tc’hunchback in Drosophila, wonach dieses Fragment alle wesentlichen regulatorischen Elemente enthält, konnte daher in transgenen Käfern bestätigt werden. Zusätzlich zu dem als sehr riskant eingestuften Transformations-Projekt wurde parallel ein weiteres Projekt durchgeführt, die Analyse der homöotischen Mutanten wurm und überlänge. In beiden Mutanten ist vor allem die Identität der posterioren Segmente ab A9 verändert. In wurm sind die Segmente A9-A11 nach A8 transformiert und die telsonalen Anhänge Urogomphi und Pygopodien fehlen. In überlänge ist nur A9 wie A8 ausgebildet und demzufolge nicht mit dem Telson fusioniert. Es fehlen nur die Urogomphi. überlänge bildet zusätzlich ein ektopisches Stigma im ersten thorakalen Segment. Es wurde gezeigt, daß es sich bei den betroffenen Genen um zwei verschiedene Loci handelt, die beide nicht im homöotischen Komplex liegen. Obwohl der Phänotyp von wurm weitgehend der RNAi-Phänokopie von Abdominal-B entspricht, konnte also keiner dieser beiden Loci einem bekannten Hox-Gen zugeordnet werden. Als mögliches Kandidatengen für diese Loci wurde daher das Tribolium-Homolog des regionsspezifischen homöotischen Gens spalt kloniert. Die Expression von spalt entspricht weitgehend der von Dm’spalt, mit einer anterioren und einer posterioren Domäne, einer dorsalen Expression an den seitlichen Rändern des Keimstreifs, sowie einem komplexen Muster im Nervensystem. Mit Hilfe der kürzlich entwickelten Technik der parentalen RNAi wurde die Funktion dieses Gens untersucht. In sal–– Phänokopien finden sich, wie in Drosophila, anteriore und posteriore Veränderungen von Segmentidentitäten. So wird das abdominale Segment A9 in Richtung anteriore abdominale Segmente transformiert. Dadurch tritt ein zusätzliches Stigma auf und die Pygopodien gehen verloren, das Segment fusioniert aber weiterhin mit dem Telson. Im Gegensatz zu Drosophila wird aber anterior nicht das Labium verändert, sondern die Identität der Maxille wird partiell in Richtung Mandibel transformiert: statt dem Enditen der Maxille wird ein mandibel-ähnlicher Zahn gebildet. Damit kommt offenbar auch spalt nicht als Locus in Frage, der in wurm oder überlänge seine Funktion verloren hat. Möglicherweise spielen diese beiden Loci eine Rolle als den HOX-Genen übergeordnete regulatorische Gene, oder als Co-Faktor von Abd-B. Damit sind wurm und überlänge als interessante (und aus Drosophila nicht bekannte) Spieler im homöotischen System der Insekten identifiziert, was weitere Untersuchungen als sehr lohnend erscheinen läßt. Vor allem aber hat dieses Teilprojekt die Evolution des spalt-Gens erhellt, das in weniger abgeleiteten Insekten offenbar eine essentielle Rolle bei der Spezifizierung von Mandibel versus Maxille spielt. Diese Funktion ist in Drosophila vermutlich im Zuge der Reduktion der Mandibel verloren gegangen.