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Mobilitätsbildung für Menschen mit geistiger Behinderung. Theoriebasierte Entwicklung und praktische Exploration eines kompetenzorientierten Mobilitätscurriculums
Mobilitätsbildung für Menschen mit geistiger Behinderung. Theoriebasierte Entwicklung und praktische Exploration eines kompetenzorientierten Mobilitätscurriculums
Hintergrund: Menschen mit geistiger Behinderung sind häufig in besonderem Maße in ihrer Mobilität eingeschränkt und verfügen über weniger umfangreiche internalisierte Mobilitätskompetenzen als Menschen ohne Behinderung, was ihnen eine selbstständige und sichere Teilhabe am öffentlichen Personennah- (ÖPNV) und Straßenverkehr erschwert. In Bezug auf die Mobilität bei Menschen mit geistiger Behinderung, kann nur auf eine engbegrenzte Forschung zurückgegriffen werden. Auch im wissenschaftlichen Feld in der Heil- und Sonderpädagogik spielt das Thema Mobilität und Mobilitätsbildung bei Menschen mit geistiger Behinderung eher eine vernachlässigte Rolle. Bisweilen fehlt es auch flächendeckend inner-halb der pädagogischen Praxislandschaft an entsprechenden Konzepten und insbesondere Mobilitätscurricula zur Mobilitätsbildung von Menschen mit einer geistigen Behinderung. Zielsetzung: Um die Möglichkeiten und Chancen zu mehr Selbstständigkeit und mehr gesellschaftlicher Teilhabe für Menschen mit geistiger Behinderung im öffentlichen Raum zu verbessern, sind aus Sicht der Heil- und Sonderpädagogik eine frühzeitige Mobilitätsbildung mit entscheidend. Das wirft die folgenden Fragen auf: Wie ist die Mobilitätsbildung für Menschen mit geistiger Behinderung zu organisieren und konzeptionell auszurichten? Welche Faktoren sind zu berücksichtigen? Was sollte dafür ein Mobilitätscurriculum strukturell und inhaltlich aufführen? Vorgehen: Im Sinne eines eklektischen und hermeneutischen Vorgehens liegt der Arbeit eine theoretische und damit analytisch-kritische Auseinandersetzung zugrunde. Daraus konnten für die Konzeptionalisierung der Mobilitätsbildung für Menschen mit geistiger Behinderung selbst sowie für die theoriebasierte Entwicklung eines Mobilitätscurriculums systematische Ableitungen getroffen werden. Die Entwicklung und Modularisierung von Lehr- und Lerninhalten des Mobilitätscurriculums selbst ergeben sich zudem aus Rückmeldungen zweier explorativer Erprobungsphasen im Umgang mit dem Curriculum innerhalb der Behindertenhilfe und Schulen in Bayern. Hierbei wurden standardisierte Erhebungsinstrumente eingesetzt. 1. Erprobungsphase: 16 Einrichtungen in Bayern aus dem schulischen und außerschulischen Bereich mit 109 erwachsenen TeilnehmerInnen mit geistiger Behinderung. 2. Erprobungsphase: 6 Förderzentren mit dem Schwerpunkt geistige Entwicklung sowie 3 Grundschulen in Bayern mit insgesamt 26 Klassen mit 187 SchülerInnen mit geistiger Behinderung und 128 ohne geistige Behinderung. Erkenntnisse und Schlussfolgerungen: Mobilität und die darauf abzielende Mobilitätsbildung gestalten sich in Wechselbeziehung subjektiver und sozial-struktureller Faktoren. Mobilitätsbildung ist kompetenz-, handlungs-, sozialraumorientiert und Teilhabe eröffnend auszurichten. In den Mittelpunkt der Mobilitätsbildung rückt für Menschen mit geistiger Behinderung die inhaltliche Teilhabe. Es werden sich notwendigerweise exklusiv-individuelle Lernsituationen als einer sinnvollen Grundform auch inklusiver Bildung erweisen. So können sich für ausgewählte SchülerInnen spezielle Mobilitätsschulungen als hilfreich und entwicklungsfördernd zeigen. Mobilitätsbildung wird von Schulen und Einrichtungen der Behindertenhilfe angeboten und personenzentrierte Schulungen werden durchgeführt. Die Relevanz und Bedeutung der Mobilitätsbildung und -schulung werden als hoch eingeschätzt und bestätigen damit den besonderen Stellenwert der Thematik. Der Einzelschulung/-förderung, im Sinne des Übens im Realverkehr, wird besondere Bedeutung beigemessen. Allerdings sind die MitarbeiterInnen der verschiedenen außerschulischen und schulischen Einrichtungen wenig geschult bzw. nehmen unregelmäßig an Fortbildungen zur Verkehrserziehung und Mobilitätsbildung teil und haben keine bis geringe Kenntnis von entsprechenden Mobilitätskonzepten/-curricula für die Zielgruppe Menschen mit geistiger Behinderung. Mobilitätsbildung findet in sehr unterschiedlichem Ausmaß, auf sehr unterschiedlicher Grundlage und mit unterschiedlicher theoretischer sowie praktischer Schwerpunktsetzung statt. Durch ein schularten- und altersübergreifendes Mobilitätscurriculum könnten individuelle Mobilitätskompetenzen und Lernziele an (inklusiven) Lernorten entwicklungsabhängig unterrichtlich behandelt und die Mobilitätsbildung systematisch aufbereitet werden. Der Wunsch von Fachkräften aus Einrichtungen der Behindertenhilfe und Schulen sowie von VerkehrserzieherInnen und Eltern ist, dass die Mobilitätsbildung noch stärker institutionalisiert wird. Schlüsselwörter: geistige Behinderung, Selbstbestimmung, Selbstständigkeit, Inklusion, Teilhabe, Mobilität, Mobilitätsbildung, Mobilitätsschulung, Curriculum, Background: People with intellectual disabilities are often particularly limited in their mobility and have less extensive internalized mobility skills than people without disabilities. These limited mobility skills affect and hinder their participation in public transport and road traffic. With regard to the mobility of people with intellectual disabilities research is very limited. Also in the scientific field of special education the topic of mobility and mobility education for people with intellectual disabilities plays a rather neglected role. There is a lack of appropriate concepts and especially mobility curricula for mobility education of people with intellectual disabilities within the applied pedagogical fields. Aim: In order to improve the possibilities and opportunities and create more independence and social participation for people with intellectual disabilities in public space, special education research highlights the importance of early mobility education. This raises the following questions: How should mobility education for people with intellectual disabilities be organized and conceptually oriented? Which factors need to be considered? What should be included in a mobility curriculum in terms of structure and content? Method: In line with an eclectic and hermeneutic approach, this dissertation is based on a theoretical and thus analytical-critical examination. From this, systematic conclusions could be drawn for the conceptualization of mobility education for people with intellectual disabilities as well as for the theory-based development of a mobility curriculum. The development and modularization of teaching and learning contents of the mobility curriculum also result from feedback from two exploratory trial phases implementing the curriculum within disability support institutions and schools in Bavaria. Standardized survey tools were used for this purpose. 1st trial phase: a total of 16 institutions in Bavaria within the school and extracurricular sector with 109 adult participants with intellectual disabilities. 2nd trial phase: 6 special schools for intellectual development and 3 elementary schools in Bavaria with a total of 26 classes with 187 students with intellectual disabilities and 128 students without intellectual disabilities. Findings and conclusions: Mobility and mobility education are shaped linking subjective and social-structural factors. Mobility education has to be competence-, action- and social space oriented and designed in a participation-oriented manner. For people with intellectual disabilities the focus of mobility education lies on participation in terms of content. Exclusive individual learning situations will necessarily prove to be a useful basic form of inclusive education. Thus, special mobility training can prove to be helpful and developmentally beneficial for selected students. Mobility education is offered by schools and disability support institutions, and person-centered training is provided. The relevance and importance of mobility education and training are rated as high, confirming the special significance of the topic. Individual training, in the sense of practicing in real traffic, is of particular importance. However, employees of the various extracurricular and school institutions are poorly trained and only irregularly participate in training courses on traffic education and mobility education. They have little or no knowledge of appropriate mobility concepts and curricula for the target group of people with intellectual disabilities. Mobility education takes place to a very different extent, on a very different basis and with different theoretical and practical emphases. Through a mobility curriculum stretching across different school types and ages, individual mobility competencies and learning objectives at (inclusive) learning locations could be addressed. This should be used developmentally to prepare mobility education systematically. The wish of professionals from institutions for people with intellectual disabilities and schools as well as traffic educators and parents is that mobility education is institutionalized even more. Keywords: intellectual disability, self-determination, independence, inclusion, participation, mobility, mobility education, mobility training, curriculum
Not available
Wolf, Markus
2021
German
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Wolf, Markus (2021): Mobilitätsbildung für Menschen mit geistiger Behinderung: Theoriebasierte Entwicklung und praktische Exploration eines kompetenzorientierten Mobilitätscurriculums. Dissertation, LMU München: Faculty of Psychology and Educational Sciences
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Abstract

Hintergrund: Menschen mit geistiger Behinderung sind häufig in besonderem Maße in ihrer Mobilität eingeschränkt und verfügen über weniger umfangreiche internalisierte Mobilitätskompetenzen als Menschen ohne Behinderung, was ihnen eine selbstständige und sichere Teilhabe am öffentlichen Personennah- (ÖPNV) und Straßenverkehr erschwert. In Bezug auf die Mobilität bei Menschen mit geistiger Behinderung, kann nur auf eine engbegrenzte Forschung zurückgegriffen werden. Auch im wissenschaftlichen Feld in der Heil- und Sonderpädagogik spielt das Thema Mobilität und Mobilitätsbildung bei Menschen mit geistiger Behinderung eher eine vernachlässigte Rolle. Bisweilen fehlt es auch flächendeckend inner-halb der pädagogischen Praxislandschaft an entsprechenden Konzepten und insbesondere Mobilitätscurricula zur Mobilitätsbildung von Menschen mit einer geistigen Behinderung. Zielsetzung: Um die Möglichkeiten und Chancen zu mehr Selbstständigkeit und mehr gesellschaftlicher Teilhabe für Menschen mit geistiger Behinderung im öffentlichen Raum zu verbessern, sind aus Sicht der Heil- und Sonderpädagogik eine frühzeitige Mobilitätsbildung mit entscheidend. Das wirft die folgenden Fragen auf: Wie ist die Mobilitätsbildung für Menschen mit geistiger Behinderung zu organisieren und konzeptionell auszurichten? Welche Faktoren sind zu berücksichtigen? Was sollte dafür ein Mobilitätscurriculum strukturell und inhaltlich aufführen? Vorgehen: Im Sinne eines eklektischen und hermeneutischen Vorgehens liegt der Arbeit eine theoretische und damit analytisch-kritische Auseinandersetzung zugrunde. Daraus konnten für die Konzeptionalisierung der Mobilitätsbildung für Menschen mit geistiger Behinderung selbst sowie für die theoriebasierte Entwicklung eines Mobilitätscurriculums systematische Ableitungen getroffen werden. Die Entwicklung und Modularisierung von Lehr- und Lerninhalten des Mobilitätscurriculums selbst ergeben sich zudem aus Rückmeldungen zweier explorativer Erprobungsphasen im Umgang mit dem Curriculum innerhalb der Behindertenhilfe und Schulen in Bayern. Hierbei wurden standardisierte Erhebungsinstrumente eingesetzt. 1. Erprobungsphase: 16 Einrichtungen in Bayern aus dem schulischen und außerschulischen Bereich mit 109 erwachsenen TeilnehmerInnen mit geistiger Behinderung. 2. Erprobungsphase: 6 Förderzentren mit dem Schwerpunkt geistige Entwicklung sowie 3 Grundschulen in Bayern mit insgesamt 26 Klassen mit 187 SchülerInnen mit geistiger Behinderung und 128 ohne geistige Behinderung. Erkenntnisse und Schlussfolgerungen: Mobilität und die darauf abzielende Mobilitätsbildung gestalten sich in Wechselbeziehung subjektiver und sozial-struktureller Faktoren. Mobilitätsbildung ist kompetenz-, handlungs-, sozialraumorientiert und Teilhabe eröffnend auszurichten. In den Mittelpunkt der Mobilitätsbildung rückt für Menschen mit geistiger Behinderung die inhaltliche Teilhabe. Es werden sich notwendigerweise exklusiv-individuelle Lernsituationen als einer sinnvollen Grundform auch inklusiver Bildung erweisen. So können sich für ausgewählte SchülerInnen spezielle Mobilitätsschulungen als hilfreich und entwicklungsfördernd zeigen. Mobilitätsbildung wird von Schulen und Einrichtungen der Behindertenhilfe angeboten und personenzentrierte Schulungen werden durchgeführt. Die Relevanz und Bedeutung der Mobilitätsbildung und -schulung werden als hoch eingeschätzt und bestätigen damit den besonderen Stellenwert der Thematik. Der Einzelschulung/-förderung, im Sinne des Übens im Realverkehr, wird besondere Bedeutung beigemessen. Allerdings sind die MitarbeiterInnen der verschiedenen außerschulischen und schulischen Einrichtungen wenig geschult bzw. nehmen unregelmäßig an Fortbildungen zur Verkehrserziehung und Mobilitätsbildung teil und haben keine bis geringe Kenntnis von entsprechenden Mobilitätskonzepten/-curricula für die Zielgruppe Menschen mit geistiger Behinderung. Mobilitätsbildung findet in sehr unterschiedlichem Ausmaß, auf sehr unterschiedlicher Grundlage und mit unterschiedlicher theoretischer sowie praktischer Schwerpunktsetzung statt. Durch ein schularten- und altersübergreifendes Mobilitätscurriculum könnten individuelle Mobilitätskompetenzen und Lernziele an (inklusiven) Lernorten entwicklungsabhängig unterrichtlich behandelt und die Mobilitätsbildung systematisch aufbereitet werden. Der Wunsch von Fachkräften aus Einrichtungen der Behindertenhilfe und Schulen sowie von VerkehrserzieherInnen und Eltern ist, dass die Mobilitätsbildung noch stärker institutionalisiert wird. Schlüsselwörter: geistige Behinderung, Selbstbestimmung, Selbstständigkeit, Inklusion, Teilhabe, Mobilität, Mobilitätsbildung, Mobilitätsschulung, Curriculum

Abstract

Background: People with intellectual disabilities are often particularly limited in their mobility and have less extensive internalized mobility skills than people without disabilities. These limited mobility skills affect and hinder their participation in public transport and road traffic. With regard to the mobility of people with intellectual disabilities research is very limited. Also in the scientific field of special education the topic of mobility and mobility education for people with intellectual disabilities plays a rather neglected role. There is a lack of appropriate concepts and especially mobility curricula for mobility education of people with intellectual disabilities within the applied pedagogical fields. Aim: In order to improve the possibilities and opportunities and create more independence and social participation for people with intellectual disabilities in public space, special education research highlights the importance of early mobility education. This raises the following questions: How should mobility education for people with intellectual disabilities be organized and conceptually oriented? Which factors need to be considered? What should be included in a mobility curriculum in terms of structure and content? Method: In line with an eclectic and hermeneutic approach, this dissertation is based on a theoretical and thus analytical-critical examination. From this, systematic conclusions could be drawn for the conceptualization of mobility education for people with intellectual disabilities as well as for the theory-based development of a mobility curriculum. The development and modularization of teaching and learning contents of the mobility curriculum also result from feedback from two exploratory trial phases implementing the curriculum within disability support institutions and schools in Bavaria. Standardized survey tools were used for this purpose. 1st trial phase: a total of 16 institutions in Bavaria within the school and extracurricular sector with 109 adult participants with intellectual disabilities. 2nd trial phase: 6 special schools for intellectual development and 3 elementary schools in Bavaria with a total of 26 classes with 187 students with intellectual disabilities and 128 students without intellectual disabilities. Findings and conclusions: Mobility and mobility education are shaped linking subjective and social-structural factors. Mobility education has to be competence-, action- and social space oriented and designed in a participation-oriented manner. For people with intellectual disabilities the focus of mobility education lies on participation in terms of content. Exclusive individual learning situations will necessarily prove to be a useful basic form of inclusive education. Thus, special mobility training can prove to be helpful and developmentally beneficial for selected students. Mobility education is offered by schools and disability support institutions, and person-centered training is provided. The relevance and importance of mobility education and training are rated as high, confirming the special significance of the topic. Individual training, in the sense of practicing in real traffic, is of particular importance. However, employees of the various extracurricular and school institutions are poorly trained and only irregularly participate in training courses on traffic education and mobility education. They have little or no knowledge of appropriate mobility concepts and curricula for the target group of people with intellectual disabilities. Mobility education takes place to a very different extent, on a very different basis and with different theoretical and practical emphases. Through a mobility curriculum stretching across different school types and ages, individual mobility competencies and learning objectives at (inclusive) learning locations could be addressed. This should be used developmentally to prepare mobility education systematically. The wish of professionals from institutions for people with intellectual disabilities and schools as well as traffic educators and parents is that mobility education is institutionalized even more. Keywords: intellectual disability, self-determination, independence, inclusion, participation, mobility, mobility education, mobility training, curriculum