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Evaluation der Wirkung von Lokalanästhetika bei der chirurgischen Ferkelkastration unter Isofluran-Narkose anhand der Auswertung von klinischen und labordiagnostischen Parametern
Evaluation der Wirkung von Lokalanästhetika bei der chirurgischen Ferkelkastration unter Isofluran-Narkose anhand der Auswertung von klinischen und labordiagnostischen Parametern
Die betäubungslose Kastration von Saugferkeln ist sehr schmerzhaft und stellt seit dem 01.01.2021 einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz dar. Neben den Alternativen Kastration unter Isofluran-Narkose, der Jungebermast und der Immunokastration steht die Kastration unter Lokalanästhesie als „vierter Weg“ in der Diskussion. Die vorliegende Arbeit untersuchte anhand klinischer und labordiagnostischer Parameter, ob die Lokalanästhesie unter Laborbedingungen der Forderung nach einer wirksamen Schmerzausschaltung während der Kastration von bis zu 7 Tage alten männlichen Saugferkeln gerecht wird. Hierzu wurden 54 normalanatomische, männliche Ferkel über 1,4 kg in die Studie eingeschlossen und in eine leichte Isofluran-Narkose (Narkosestadium III.1 nach Guedel) versetzt. Es erfolgte eine intratestikuläre Injektion mit subkutanem Depot mit den Lokalanästhetika Procain 4 % (P), Lidocain 2 % (L), Bupivacain 0,5 % (B) und Mepivacain 20 mg/ml (M) ohne Sperrkörperzusatz. Nach 20 Minuten Einwirkzeit erfolgte die Kastration. Als Vergleichsgruppen diente eine Positiv-Kontrollgruppe (NaCl), in welcher eine NaCl-Injektion anstatt eines Lokalanästhetikums erfolgte sowie eine Negativ-Kontrollgruppe (Handling), welche den Versuchsablauf ohne einen schmerzhaften Eingriff (Injektion oder Kastration) durchlief. Während des Versuchs erfolgte eine kontinuierliche, invasive Blutdruckmessung mit einem Tip-Katheter in der Arteria carotis, eine Herzfrequenzbestimmung mittels Elektrokardiogramm und eine Erfassung der Abwehrbewegungen während der Kastration. Außerdem wurden Blutproben zur Bestimmung von Katecholaminen, Kortisol und Chromogranin A nach Injektion und Kastration entnommen sowie ein Zwischenzehenreflex (ZZR) nach Kastration zur Verifizierung der richtigen Narkosetiefe durchgeführt. Die Kastration unter Lokalanästhesie zeigte eine signifikante Reduktion der Veränderungen während der Kastration im systolischen arteriellen Blutdruck (SAP) von 30,73 %, im diastolischen arteriellen Blutdruck (DAP) von 48,93 % und im mittleren arteriellen Blutdruck (MAP) von 45,37 % im Vergleich zur betäubungslos kastrierten Kontrollgruppe (NaCl). Außerdem zeigte sich eine Reduktion der Herzfrequenzänderungen und Abwehrbewegungen bei allen Lokalanästhesie-Gruppen. Die bestimmten Blutparameter lieferten keine signifikant unterschiedlichen Ergebnisse zwischen den Gruppen. Zwischen Alter und benötigter Isoflurankonzentration der Ferkel konnte eine schwache Korrelation gefunden werden, wohingegen das Körper-gewicht keinen Zusammenhang mit Alter oder benötigter Isofluran-konzentration erkennen ließ. Zusammenfassend lässt sich auf Basis des aussagekräftigsten Parameters Blutdruck (SAP, DAP und MAP) in Verbindung mit der Gesamtheit aller bestimmten Parameter feststellen, dass die betäubungslose Kastration eine schmerzhafte Prozedur darstellt und bestätigt somit eine Vielzahl bereits durchgeführter Studien. Die untersuchten Lokalanästhetika konnten die gemessenen nozizeptiven Reaktionen des Ferkels signifikant abschwächen. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Lokalanästhesie in dem vorliegenden Versuchsaufbau unter leichter Isofluran-Narkose eine mögliche Alternative zur betäubungslosen Kastration darstellt. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen muss im Rahmen des durchgeführten Verbundprojekts untersucht werden, ob sich das Verfahren auch zur Anwendung am wachen Ferkel eignet und letztendlich, inwiefern es sich bis zur Praxisreife weiterentwickeln lässt., The castration of male suckling piglets without anesthesia is very painful and has been a violation of the German Animal Welfare Act since January 1st, 2021. In addition to the current alternative methods, namely castration under isoflurane anesthesia, young boar fattening, and immunocastration, the castration under local anesthesia is being discussed as the "fourth way". Using clinical and laboratory diagnostic parameters, the present study investigated whether local anesthesia meets the requirement for an effective elimination of pain during the castration of male suckling piglets up to 7 days old. For this purpose, 54 anatomically normal male piglets over 1.4 kg were included in the study and put under a light isoflurane anesthesia (anesthesia stage III.1 according to Guedel). This was followed for each local anesthesia group by an intratesticular injection in combination with a subcutaneous depot using a local anesthetic: procaine 4% (P), lidocaine 2% (L), bupivacaine 0.5% (B), or mepivacaine 20 mg/ml (M) without the addition of a vasoconstrictive agent. The castration took place after a local anesthetic exposure time of 20 minutes. A positive control group (NaCl) in which sodium chloride (NaCl) was injected instead of local anesthetics, and a negative control group (handling) which went through the test procedure without any painful intervention (neither injection nor castration) served as controls. During the experiment, continuous, invasive blood pressure measurement was carried out using a tip catheter in the carotid artery. The heart rate was determined via an electrocardiogram, and limb movements during the procedure were evaluated. In addition, blood samples were taken to determine the levels of catecholamines, cortisol and chromogranin A after injection and castration. Finally, a toe pinch reflex test was carried out after castration to verify the correct depth of anesthesia. Castration under local anesthesia showed a significant reduction in changes in systolic arterial blood pressure (SAP) of 30.73 %, in diastolic arterial blood pressure (DAP) of 48.93 %, and in mean arterial blood pressure (MAP) of 45.37 % during the castration compared to the control group castrated without anesthesia (NaCl). In addition, there was a reduction in changes of the heart rate and the limb movements in all local anesthesia groups. The blood parameters measured did not produce any significant differences in results between the groups. A weak correlation could be found between age and required isoflurane concentration of the piglets, whereas the body weight showed no correlation with age or required isoflurane concentration. In summary, on the basis of the most meaningful parameter, i.e., blood pressure (SAP, DAP and MAP), and in conjunction with all other parameters evaluated, it can be concluded that castration without anesthesia is a painful procedure – thus confirming a large number of studies that have already been carried out. However, the local anesthetics examined here were able to significantly reduce the measured nociceptive reactions of the piglets. The results indicate that local anesthesia in the present experimental setup under light isoflurane anesthesia is a possible alternative to castration without anesthesia. Based on these findings, further parts of the collaborative research project will have to investigate whether the method is also suitable for use on awake piglets and, ultimately, to what extent it can be further developed until ready for practical application.
Ferkel, Kastration, Lokalanästhesie, Schmerz, Nozizeption, Blutdruck, Herzfrequenz, Abwehrbewegungen, Katecholamine, Adrenalin, Noradrenalin, Kortisol, Chromogranin A
Saller, Anna Maria
2021
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Saller, Anna Maria (2021): Evaluation der Wirkung von Lokalanästhetika bei der chirurgischen Ferkelkastration unter Isofluran-Narkose anhand der Auswertung von klinischen und labordiagnostischen Parametern. Dissertation, LMU München: Tierärztliche Fakultät
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Abstract

Die betäubungslose Kastration von Saugferkeln ist sehr schmerzhaft und stellt seit dem 01.01.2021 einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz dar. Neben den Alternativen Kastration unter Isofluran-Narkose, der Jungebermast und der Immunokastration steht die Kastration unter Lokalanästhesie als „vierter Weg“ in der Diskussion. Die vorliegende Arbeit untersuchte anhand klinischer und labordiagnostischer Parameter, ob die Lokalanästhesie unter Laborbedingungen der Forderung nach einer wirksamen Schmerzausschaltung während der Kastration von bis zu 7 Tage alten männlichen Saugferkeln gerecht wird. Hierzu wurden 54 normalanatomische, männliche Ferkel über 1,4 kg in die Studie eingeschlossen und in eine leichte Isofluran-Narkose (Narkosestadium III.1 nach Guedel) versetzt. Es erfolgte eine intratestikuläre Injektion mit subkutanem Depot mit den Lokalanästhetika Procain 4 % (P), Lidocain 2 % (L), Bupivacain 0,5 % (B) und Mepivacain 20 mg/ml (M) ohne Sperrkörperzusatz. Nach 20 Minuten Einwirkzeit erfolgte die Kastration. Als Vergleichsgruppen diente eine Positiv-Kontrollgruppe (NaCl), in welcher eine NaCl-Injektion anstatt eines Lokalanästhetikums erfolgte sowie eine Negativ-Kontrollgruppe (Handling), welche den Versuchsablauf ohne einen schmerzhaften Eingriff (Injektion oder Kastration) durchlief. Während des Versuchs erfolgte eine kontinuierliche, invasive Blutdruckmessung mit einem Tip-Katheter in der Arteria carotis, eine Herzfrequenzbestimmung mittels Elektrokardiogramm und eine Erfassung der Abwehrbewegungen während der Kastration. Außerdem wurden Blutproben zur Bestimmung von Katecholaminen, Kortisol und Chromogranin A nach Injektion und Kastration entnommen sowie ein Zwischenzehenreflex (ZZR) nach Kastration zur Verifizierung der richtigen Narkosetiefe durchgeführt. Die Kastration unter Lokalanästhesie zeigte eine signifikante Reduktion der Veränderungen während der Kastration im systolischen arteriellen Blutdruck (SAP) von 30,73 %, im diastolischen arteriellen Blutdruck (DAP) von 48,93 % und im mittleren arteriellen Blutdruck (MAP) von 45,37 % im Vergleich zur betäubungslos kastrierten Kontrollgruppe (NaCl). Außerdem zeigte sich eine Reduktion der Herzfrequenzänderungen und Abwehrbewegungen bei allen Lokalanästhesie-Gruppen. Die bestimmten Blutparameter lieferten keine signifikant unterschiedlichen Ergebnisse zwischen den Gruppen. Zwischen Alter und benötigter Isoflurankonzentration der Ferkel konnte eine schwache Korrelation gefunden werden, wohingegen das Körper-gewicht keinen Zusammenhang mit Alter oder benötigter Isofluran-konzentration erkennen ließ. Zusammenfassend lässt sich auf Basis des aussagekräftigsten Parameters Blutdruck (SAP, DAP und MAP) in Verbindung mit der Gesamtheit aller bestimmten Parameter feststellen, dass die betäubungslose Kastration eine schmerzhafte Prozedur darstellt und bestätigt somit eine Vielzahl bereits durchgeführter Studien. Die untersuchten Lokalanästhetika konnten die gemessenen nozizeptiven Reaktionen des Ferkels signifikant abschwächen. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Lokalanästhesie in dem vorliegenden Versuchsaufbau unter leichter Isofluran-Narkose eine mögliche Alternative zur betäubungslosen Kastration darstellt. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen muss im Rahmen des durchgeführten Verbundprojekts untersucht werden, ob sich das Verfahren auch zur Anwendung am wachen Ferkel eignet und letztendlich, inwiefern es sich bis zur Praxisreife weiterentwickeln lässt.

Abstract

The castration of male suckling piglets without anesthesia is very painful and has been a violation of the German Animal Welfare Act since January 1st, 2021. In addition to the current alternative methods, namely castration under isoflurane anesthesia, young boar fattening, and immunocastration, the castration under local anesthesia is being discussed as the "fourth way". Using clinical and laboratory diagnostic parameters, the present study investigated whether local anesthesia meets the requirement for an effective elimination of pain during the castration of male suckling piglets up to 7 days old. For this purpose, 54 anatomically normal male piglets over 1.4 kg were included in the study and put under a light isoflurane anesthesia (anesthesia stage III.1 according to Guedel). This was followed for each local anesthesia group by an intratesticular injection in combination with a subcutaneous depot using a local anesthetic: procaine 4% (P), lidocaine 2% (L), bupivacaine 0.5% (B), or mepivacaine 20 mg/ml (M) without the addition of a vasoconstrictive agent. The castration took place after a local anesthetic exposure time of 20 minutes. A positive control group (NaCl) in which sodium chloride (NaCl) was injected instead of local anesthetics, and a negative control group (handling) which went through the test procedure without any painful intervention (neither injection nor castration) served as controls. During the experiment, continuous, invasive blood pressure measurement was carried out using a tip catheter in the carotid artery. The heart rate was determined via an electrocardiogram, and limb movements during the procedure were evaluated. In addition, blood samples were taken to determine the levels of catecholamines, cortisol and chromogranin A after injection and castration. Finally, a toe pinch reflex test was carried out after castration to verify the correct depth of anesthesia. Castration under local anesthesia showed a significant reduction in changes in systolic arterial blood pressure (SAP) of 30.73 %, in diastolic arterial blood pressure (DAP) of 48.93 %, and in mean arterial blood pressure (MAP) of 45.37 % during the castration compared to the control group castrated without anesthesia (NaCl). In addition, there was a reduction in changes of the heart rate and the limb movements in all local anesthesia groups. The blood parameters measured did not produce any significant differences in results between the groups. A weak correlation could be found between age and required isoflurane concentration of the piglets, whereas the body weight showed no correlation with age or required isoflurane concentration. In summary, on the basis of the most meaningful parameter, i.e., blood pressure (SAP, DAP and MAP), and in conjunction with all other parameters evaluated, it can be concluded that castration without anesthesia is a painful procedure – thus confirming a large number of studies that have already been carried out. However, the local anesthetics examined here were able to significantly reduce the measured nociceptive reactions of the piglets. The results indicate that local anesthesia in the present experimental setup under light isoflurane anesthesia is a possible alternative to castration without anesthesia. Based on these findings, further parts of the collaborative research project will have to investigate whether the method is also suitable for use on awake piglets and, ultimately, to what extent it can be further developed until ready for practical application.