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Connectomics der Sardellenretina. ein morphologischer und methodischer Beitrag
Connectomics der Sardellenretina. ein morphologischer und methodischer Beitrag
Die Sardellen (Engraulididae) sind eine der wenigen Vertebraten-Gruppen, die sowohl in der Lage sind, die Polarisierung des Lichtes wahrzunehmen und gleichzeitig eine morphologisch klar dieser Fähigkeit zuordenbare Struktur aufweisen: die Vielfachzapfen mit ihren orthogonal zueinander ausgerichteten Lamellen. Während die äußere Retina mit den photorezeptiven Teilen der Rezeptoren morphologisch auf lichtmikroskopischem und elektronenmikroskopischem Niveau gut untersucht und die Morphologie und Anordnung der Strukturen gut dokumentiert sind, so sind die Erkenntnisse über die innere Retina entweder elektrophysiologischer Natur oder bilden nur einen Zelltyp ab. Mit der vorliegenden Arbeit wird mit einem 3D-morphologischen Ansatz die innere Retina von Engraulis encrasicolus dokumentiert und untersucht. Der Fokus liegt dabei auf dem enggestrickten Netzwerk der äußeren plexiformen Schicht – die Verbindungsschicht zwischen den Terminalen der Photorezeptoren und den, die Retina durchspannenden, Sekundärneuronen. Hierfür wurde die Retina mit dem 3D-EM-Verfahren FIB-FESEM erfasst und anschließend raumerfüllend zu 3D-Modellen rekonstruiert. So können alle Zelltypen und ihre Interaktionen innerhalb einer einzigen Probe erfasst werden. Die 3D-Modelle offenbaren neben den zahlreichen feinen (Durchmesser 10 nm) synaptischen Kontakten der Sekundärneurone zu den Endterminalen der Photorezeptoren, wobei jedes Sekundärneuron mehrere Photorezeptoren kontaktiert, ein überraschend komplexes telodendritisches Netzwerk zwischen den Photorzeptorterminalen selbst. Dieses verbindet die Zellen der Vielfachzapfenreihen intra- und interreihig und ist sehr konservativ für die beteiligten Zapfentypen. Dieser neue Aspekt der Fisch-Retina macht eine Modulation der Signale auf dieser Ebene sehr wahrscheinlich. Die Verfolgung der Sekundärneurone und die Frage, ob die hohe Ordnung der Retina auf Höhe der Photorezeptoren in den nachfolgenden Schichten erhalten bleibt führte zur zweiten Fragestellung dieser Arbeit: Wie erhält man die nötige Auflösung (unter 10nm x 10nm x 10nm pro Voxel) um die feinen Dendriten der äußeren plexiformen Schicht rekonstruieren und gleichzeitig die nötigen Aufnahmeflächen um Zellen über die gesamte Retina (150 µm) hinweg darstellen zu können. Das FIB-FESEM (Focused Ion Beam – Field Emission SEM) bietet die nötige Auflösung mit isometrischen Voxeln aber mit begrenzter Aufnahmefläche. Der Heidelberger Hobel, eine weiteres SBFS-Verfahren, bietet hingegen große Abbildungsflächen mit größeren Voxeln. Serial sectioning TEM (ssTEM) bietet Pixelgrößen auf TEM-Niveau aber vergleichsweise hohe Schnittdicken (etwa 70nm). Um das Beste aus allen Methodiken erreichen zu können, wurden die Methoden ssTEM und Heidelberger Hobel jeweils mit FIB-FESEM kombiniert. Beide Verfahren ergaben Datensätzen, die sowohl mit ihren FIB-FESEM-Datensätzen des jeweils gleichen Präparats kombiniert werden konnten als auch eine Rekonstruktion von Neuronen durch die gesamte Retina hindurch ermöglichen. In beiden Fällen ist die Auflösung ausreichend um Synapsen zu anderen Zellen (Amakrin- und Ganglienzellen) zu identifizieren. Bei der Quantifikation dieser Kontakte kommt der ssTEM-Ansatz jedoch an seine Grenzen, da in der Schnittdicke von 70 nm viel Information verloren geht und die Serienlänge methodisch begrenzt ist. Zudem hat sich der Nachbearbeitungsaufwand um die im ssTEM-Verfahren gewonnen Datensätze für eine Rekonstruktion verwenden zu können als sehr zeit- und arbeitsaufwendig herausgestellt. Mit einer deutlich besseren Auflösung und großen Abbildungsflächen, einer theoretisch unbegrenzten möglichen Schnittanzahl und einem signifikant geringeren Zeitaufwand hat sich die Kombination von Heidelberger Hobel und FIB-FESEM als die überlegene Methoden-Kombination herausgestellt. Die generellen und spezifischen Problematiken der Methodiken und deren Lösungen werden dokumentiert und diskutiert. Ebenso wurden im Rahmen dieser Arbeit die Arbeitsabläufe für beide Methoden-Kombinationen optimiert und für zukünftige Projekte dokumentiert.
Connectomics, fish retina, intraretinal network, Engraulis encrasicolus, Engraulididae, Engraulidinae, polarization vision, morphology polarization vision, cell morphology, 3D-EM, 3D-EM combination, SBFS, SBEM, FIBFESEM, ssTEM, 3D-EM reconstruction, 3D models, photoreceptor, pedicle, pedicle network
Scheungrab, Maximilian Willy
2021
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Scheungrab, Maximilian Willy (2021): Connectomics der Sardellenretina: ein morphologischer und methodischer Beitrag. Dissertation, LMU München: Fakultät für Biologie
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Abstract

Die Sardellen (Engraulididae) sind eine der wenigen Vertebraten-Gruppen, die sowohl in der Lage sind, die Polarisierung des Lichtes wahrzunehmen und gleichzeitig eine morphologisch klar dieser Fähigkeit zuordenbare Struktur aufweisen: die Vielfachzapfen mit ihren orthogonal zueinander ausgerichteten Lamellen. Während die äußere Retina mit den photorezeptiven Teilen der Rezeptoren morphologisch auf lichtmikroskopischem und elektronenmikroskopischem Niveau gut untersucht und die Morphologie und Anordnung der Strukturen gut dokumentiert sind, so sind die Erkenntnisse über die innere Retina entweder elektrophysiologischer Natur oder bilden nur einen Zelltyp ab. Mit der vorliegenden Arbeit wird mit einem 3D-morphologischen Ansatz die innere Retina von Engraulis encrasicolus dokumentiert und untersucht. Der Fokus liegt dabei auf dem enggestrickten Netzwerk der äußeren plexiformen Schicht – die Verbindungsschicht zwischen den Terminalen der Photorezeptoren und den, die Retina durchspannenden, Sekundärneuronen. Hierfür wurde die Retina mit dem 3D-EM-Verfahren FIB-FESEM erfasst und anschließend raumerfüllend zu 3D-Modellen rekonstruiert. So können alle Zelltypen und ihre Interaktionen innerhalb einer einzigen Probe erfasst werden. Die 3D-Modelle offenbaren neben den zahlreichen feinen (Durchmesser 10 nm) synaptischen Kontakten der Sekundärneurone zu den Endterminalen der Photorezeptoren, wobei jedes Sekundärneuron mehrere Photorezeptoren kontaktiert, ein überraschend komplexes telodendritisches Netzwerk zwischen den Photorzeptorterminalen selbst. Dieses verbindet die Zellen der Vielfachzapfenreihen intra- und interreihig und ist sehr konservativ für die beteiligten Zapfentypen. Dieser neue Aspekt der Fisch-Retina macht eine Modulation der Signale auf dieser Ebene sehr wahrscheinlich. Die Verfolgung der Sekundärneurone und die Frage, ob die hohe Ordnung der Retina auf Höhe der Photorezeptoren in den nachfolgenden Schichten erhalten bleibt führte zur zweiten Fragestellung dieser Arbeit: Wie erhält man die nötige Auflösung (unter 10nm x 10nm x 10nm pro Voxel) um die feinen Dendriten der äußeren plexiformen Schicht rekonstruieren und gleichzeitig die nötigen Aufnahmeflächen um Zellen über die gesamte Retina (150 µm) hinweg darstellen zu können. Das FIB-FESEM (Focused Ion Beam – Field Emission SEM) bietet die nötige Auflösung mit isometrischen Voxeln aber mit begrenzter Aufnahmefläche. Der Heidelberger Hobel, eine weiteres SBFS-Verfahren, bietet hingegen große Abbildungsflächen mit größeren Voxeln. Serial sectioning TEM (ssTEM) bietet Pixelgrößen auf TEM-Niveau aber vergleichsweise hohe Schnittdicken (etwa 70nm). Um das Beste aus allen Methodiken erreichen zu können, wurden die Methoden ssTEM und Heidelberger Hobel jeweils mit FIB-FESEM kombiniert. Beide Verfahren ergaben Datensätzen, die sowohl mit ihren FIB-FESEM-Datensätzen des jeweils gleichen Präparats kombiniert werden konnten als auch eine Rekonstruktion von Neuronen durch die gesamte Retina hindurch ermöglichen. In beiden Fällen ist die Auflösung ausreichend um Synapsen zu anderen Zellen (Amakrin- und Ganglienzellen) zu identifizieren. Bei der Quantifikation dieser Kontakte kommt der ssTEM-Ansatz jedoch an seine Grenzen, da in der Schnittdicke von 70 nm viel Information verloren geht und die Serienlänge methodisch begrenzt ist. Zudem hat sich der Nachbearbeitungsaufwand um die im ssTEM-Verfahren gewonnen Datensätze für eine Rekonstruktion verwenden zu können als sehr zeit- und arbeitsaufwendig herausgestellt. Mit einer deutlich besseren Auflösung und großen Abbildungsflächen, einer theoretisch unbegrenzten möglichen Schnittanzahl und einem signifikant geringeren Zeitaufwand hat sich die Kombination von Heidelberger Hobel und FIB-FESEM als die überlegene Methoden-Kombination herausgestellt. Die generellen und spezifischen Problematiken der Methodiken und deren Lösungen werden dokumentiert und diskutiert. Ebenso wurden im Rahmen dieser Arbeit die Arbeitsabläufe für beide Methoden-Kombinationen optimiert und für zukünftige Projekte dokumentiert.