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Affektmentalisierung in analytischen Psychotherapien. eine Erstanwendung der Grille de l’Élaboration Verbale de l’Affect (GEVA) und der Mesure pour l’Identification des Contenus Affectifs (MICA) auf deutschsprachiges klinisches Material
Affektmentalisierung in analytischen Psychotherapien. eine Erstanwendung der Grille de l’Élaboration Verbale de l’Affect (GEVA) und der Mesure pour l’Identification des Contenus Affectifs (MICA) auf deutschsprachiges klinisches Material
Die Studie untersucht, ob und wie sich die Mentalisierung verschiedener Affekte im Verlauf einer analytischen Psychotherapie bei Patienten mit unterschiedlichen Diagnosen verändert. Zudem wird der Einfluss der Therapeuten auf die Affektmentalisierung der Patienten analysiert. Zu diesem Zweck werden zwei Therapeut-Patienten-Dyaden qualitativ auf Mikroebene ausgewertet, um Hypothesen darüber abzuleiten, welche affektiven therapeutischen Interventionen Veränderungsprozesse in der Affektverbalisation begünstigen bzw. hemmen könnten. Um die verschiedenen Emotionen zu identifizieren sowie deren spezifischen Ausdruck hinsichtlich ihrer Mentalisiertheit differenziert zu erfassen, werden im Rahmen dieser Studie erstmals die Grille de l’Élaboration Verbale de L’Affect (GEVA) und die Mesure pour l’Identification des Contenus Affectifs (MICA) des französisch-kanadischen Psychoanalytikers Serge Lecours auf deutschsprachiges klinisches Material angewendet. Das im französischen Sprachraum bereits etablierte, sehr aufwendige Verfahren ist hierzulande bislang wenig bekannt und soll daher umfassend mit seinen theoretischen Grundlagen vorgestellt, gewürdigt und evaluiert werden. Zudem werden Zusammenhänge zwischen den GEVA- und MICA-Werten mit dem Mentalisierungsmaß Reflexive Funktionsskala (RFS) sowie mit einem Maß für die subjektiv empfundene Beeinträchtigung durch körperliche und psychische Symptome, der Symptom-Checkliste (SCL-90-R), untersucht. Zur Beantwortung der eben skizzierten Fragen wurden im Rahmen des Münchner Bindungs- und Wirkungsforschungsprojekts insgesamt 43 transkribierte Therapiestunden und 14 Adult Attachment Interviews (AAI) von fünf Patienten zu drei bis sechs Messzeitpunkten mit der GEVA und der MICA ausgewertet. Die Ergebnisse zeigen, dass es sich bei der Affektmentalisierung um höchst individuelle Prozesse handelt, die bei jedem Patienten unterschiedlich verlaufen, auch wenn sich Muster andeuten. Die GEVA- und MICA-Werte korrelieren in keinem bedeutsamen Ausmaß mit der Reflexiven Funktionsskala. Es zeigen sich aber Zusammenhänge zwischen der Mentalisierung von einzelnen Emotionen und der subjektiv empfundenen Beeinträchtigung durch körperliche und psychische Symptome (SCL-90-R). Die qualitative Auswertung legt nahe, dass ein mentalisierungsanregender therapeutischer Stil darin besteht, dass sich der Therapeut zunächst der Emotionsverbalisation des Patienten angleicht, Emotionen teilweise mentalisierter zurückspiegelt und in emotionalen Krisen zusätzlich positive Emotionen verbalisiert. Die Anwendung der GEVA und MICA ist sehr zeitaufwendig und könnte an verschiedenen Stellen verbessert werden. Das Verfahren, seine Anwendungsgebiete und mögliche Modifikationen werden umfassend diskutiert.
psychoanalytische Langzeittherapie, Affektmentalisierung, Mentalisierung, Affekte, Mesure pour l’Identification des Contenus Affectifs (MICA), Grille de l’Élaboration Verbale de l ’Affect (GEVA)
Splinter, Lena Maria
2021
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Splinter, Lena Maria (2021): Affektmentalisierung in analytischen Psychotherapien: eine Erstanwendung der Grille de l’Élaboration Verbale de l’Affect (GEVA) und der Mesure pour l’Identification des Contenus Affectifs (MICA) auf deutschsprachiges klinisches Material. Dissertation, LMU München: Fakultät für Psychologie und Pädagogik
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Abstract

Die Studie untersucht, ob und wie sich die Mentalisierung verschiedener Affekte im Verlauf einer analytischen Psychotherapie bei Patienten mit unterschiedlichen Diagnosen verändert. Zudem wird der Einfluss der Therapeuten auf die Affektmentalisierung der Patienten analysiert. Zu diesem Zweck werden zwei Therapeut-Patienten-Dyaden qualitativ auf Mikroebene ausgewertet, um Hypothesen darüber abzuleiten, welche affektiven therapeutischen Interventionen Veränderungsprozesse in der Affektverbalisation begünstigen bzw. hemmen könnten. Um die verschiedenen Emotionen zu identifizieren sowie deren spezifischen Ausdruck hinsichtlich ihrer Mentalisiertheit differenziert zu erfassen, werden im Rahmen dieser Studie erstmals die Grille de l’Élaboration Verbale de L’Affect (GEVA) und die Mesure pour l’Identification des Contenus Affectifs (MICA) des französisch-kanadischen Psychoanalytikers Serge Lecours auf deutschsprachiges klinisches Material angewendet. Das im französischen Sprachraum bereits etablierte, sehr aufwendige Verfahren ist hierzulande bislang wenig bekannt und soll daher umfassend mit seinen theoretischen Grundlagen vorgestellt, gewürdigt und evaluiert werden. Zudem werden Zusammenhänge zwischen den GEVA- und MICA-Werten mit dem Mentalisierungsmaß Reflexive Funktionsskala (RFS) sowie mit einem Maß für die subjektiv empfundene Beeinträchtigung durch körperliche und psychische Symptome, der Symptom-Checkliste (SCL-90-R), untersucht. Zur Beantwortung der eben skizzierten Fragen wurden im Rahmen des Münchner Bindungs- und Wirkungsforschungsprojekts insgesamt 43 transkribierte Therapiestunden und 14 Adult Attachment Interviews (AAI) von fünf Patienten zu drei bis sechs Messzeitpunkten mit der GEVA und der MICA ausgewertet. Die Ergebnisse zeigen, dass es sich bei der Affektmentalisierung um höchst individuelle Prozesse handelt, die bei jedem Patienten unterschiedlich verlaufen, auch wenn sich Muster andeuten. Die GEVA- und MICA-Werte korrelieren in keinem bedeutsamen Ausmaß mit der Reflexiven Funktionsskala. Es zeigen sich aber Zusammenhänge zwischen der Mentalisierung von einzelnen Emotionen und der subjektiv empfundenen Beeinträchtigung durch körperliche und psychische Symptome (SCL-90-R). Die qualitative Auswertung legt nahe, dass ein mentalisierungsanregender therapeutischer Stil darin besteht, dass sich der Therapeut zunächst der Emotionsverbalisation des Patienten angleicht, Emotionen teilweise mentalisierter zurückspiegelt und in emotionalen Krisen zusätzlich positive Emotionen verbalisiert. Die Anwendung der GEVA und MICA ist sehr zeitaufwendig und könnte an verschiedenen Stellen verbessert werden. Das Verfahren, seine Anwendungsgebiete und mögliche Modifikationen werden umfassend diskutiert.