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"Verschiedene Arten zu sein.". Homolokie und ihre Darstellung in der Gegenwartskunst von 1999 bis 2019
"Verschiedene Arten zu sein.". Homolokie und ihre Darstellung in der Gegenwartskunst von 1999 bis 2019
„[Hybridität] ist nicht einfach eine Sache der Klassifizierung oder elitärer kosmopolitischer Erfahrung; der Punkt ist vielmehr, dass dies eine alltägliche Erfahrung geworden ist.“ (Jan Nederveen Pieterse) Um dieses spätmoderne Selbstverständnis als polyphones Ich wissenschaftlich fassbar machen zu können, wird im Rahmen der vorliegenden kunstwissenschaftlichen Forschung der Terminus der „Homolokie“ erstmals eingeführt. Damit kann nun die Facettenhaftigkeit, die „Verschiedenen Arten zu sein“, zugänglich gemacht werden. Bei dieser enthierarchisierten Verortung von verschiedenen Selbstmodellen des Individuums handelt es sich vorrangig um einen inhärenten Sachverhalt. Lediglich in Einzelfällen tritt dieses per se ubiquitäre Phänomen in realweltliche Erscheinung. Ein signifikantes Feld für diese nur selten sichtbare Auseinandersetzung mit der eigenen vielschichten Persönlichkeit, bietet die Kunst, welche auf eine lange Tradition der Selbstdarstellung zurückblicken kann. Im Hinblick auf das Phänomen der Homolokie, welche insbesondere in der Spätmoderne, beginnend in den 1980er Jahren, das Selbstverständnis der Menschen prägt, wird für diese Arbeit die gegenwärtige Kunst der letzten zwei Dekaden virulent. Anhand von genauerer Betrachtung des Kunstfeldes ergibt sich ein Kaleidoskop von Schauplätzen homoloker Verfasstheit: Die drängenden Fragen, welche Migrationsbewegungen, Globalisierungsbeschleunigung, Kolonialismusaufarbeitung respektive Restitutionsarbeit sowie die Krise des Liberalismus (Hanno Rauterberg) im zeitgenössischen Kunst- und Kultursektor aufwerfen, können mithilfe einer an Homolokie geschulten Perspektive erstmals tiefgreifend durchdrungen werden. Denn jenseits von Binarismen ist es gerade das Zusammendenken von gleichrangigen, polyphonen Positionen, welches das Konzept der Homolokie als distinktiv zu anderen Denkbewegungen klassifiziert. Vor diesem Hintergrund werden im Rahmen einer fundierten Werkbetrachtung die künstlerischen Positionen Maria Lassnigs, Christoph Schlingensiefs und Anahita Razmis analysiert. Konkret werden dabei die fundamentalen und konzeptuell global anschlussfähigen Lebensbereiche von Körper/Geist, Leben/Tod sowie Eigen/Fremd respektive Heimat/Fremde sowie Selbst/Gesellschaft beleuchtet. Die Werke dieser Kunstschaffenden sprengen den Rahmen binärer Zuschreibungen und eröffnen die Perspektive auf die Simultaneität und Überlagerung – auf die Homolokie – einer spätmodernen Existenz.
Identität, zeitgenössische Kunst, Maria Lassnig, Christoph Schlingensief, Anahita Razmi
Platschka, Ella Ricarda
2020
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Platschka, Ella Ricarda (2020): "Verschiedene Arten zu sein.": Homolokie und ihre Darstellung in der Gegenwartskunst von 1999 bis 2019. Dissertation, LMU München: Fakultät für Geschichts- und Kunstwissenschaften
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Abstract

„[Hybridität] ist nicht einfach eine Sache der Klassifizierung oder elitärer kosmopolitischer Erfahrung; der Punkt ist vielmehr, dass dies eine alltägliche Erfahrung geworden ist.“ (Jan Nederveen Pieterse) Um dieses spätmoderne Selbstverständnis als polyphones Ich wissenschaftlich fassbar machen zu können, wird im Rahmen der vorliegenden kunstwissenschaftlichen Forschung der Terminus der „Homolokie“ erstmals eingeführt. Damit kann nun die Facettenhaftigkeit, die „Verschiedenen Arten zu sein“, zugänglich gemacht werden. Bei dieser enthierarchisierten Verortung von verschiedenen Selbstmodellen des Individuums handelt es sich vorrangig um einen inhärenten Sachverhalt. Lediglich in Einzelfällen tritt dieses per se ubiquitäre Phänomen in realweltliche Erscheinung. Ein signifikantes Feld für diese nur selten sichtbare Auseinandersetzung mit der eigenen vielschichten Persönlichkeit, bietet die Kunst, welche auf eine lange Tradition der Selbstdarstellung zurückblicken kann. Im Hinblick auf das Phänomen der Homolokie, welche insbesondere in der Spätmoderne, beginnend in den 1980er Jahren, das Selbstverständnis der Menschen prägt, wird für diese Arbeit die gegenwärtige Kunst der letzten zwei Dekaden virulent. Anhand von genauerer Betrachtung des Kunstfeldes ergibt sich ein Kaleidoskop von Schauplätzen homoloker Verfasstheit: Die drängenden Fragen, welche Migrationsbewegungen, Globalisierungsbeschleunigung, Kolonialismusaufarbeitung respektive Restitutionsarbeit sowie die Krise des Liberalismus (Hanno Rauterberg) im zeitgenössischen Kunst- und Kultursektor aufwerfen, können mithilfe einer an Homolokie geschulten Perspektive erstmals tiefgreifend durchdrungen werden. Denn jenseits von Binarismen ist es gerade das Zusammendenken von gleichrangigen, polyphonen Positionen, welches das Konzept der Homolokie als distinktiv zu anderen Denkbewegungen klassifiziert. Vor diesem Hintergrund werden im Rahmen einer fundierten Werkbetrachtung die künstlerischen Positionen Maria Lassnigs, Christoph Schlingensiefs und Anahita Razmis analysiert. Konkret werden dabei die fundamentalen und konzeptuell global anschlussfähigen Lebensbereiche von Körper/Geist, Leben/Tod sowie Eigen/Fremd respektive Heimat/Fremde sowie Selbst/Gesellschaft beleuchtet. Die Werke dieser Kunstschaffenden sprengen den Rahmen binärer Zuschreibungen und eröffnen die Perspektive auf die Simultaneität und Überlagerung – auf die Homolokie – einer spätmodernen Existenz.