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Soziale Integration durch Schulbegleitung?. Effekte von Schulbegleitung auf die soziale Integration von Schülern mit seelischer Beeinträchtigung an bayerischen Regelschulen
Soziale Integration durch Schulbegleitung?. Effekte von Schulbegleitung auf die soziale Integration von Schülern mit seelischer Beeinträchtigung an bayerischen Regelschulen
Obwohl sie ein relativ neues Phänomen an Regelschulen darstellen, sind Schulbegleitungen zur Inklusion von Schülerinnen mit seelischer Beeinträchtigung an Regelschulen nicht mehr wegzudenken. Schulbegleitungen stellen unterstützendes Personal an der Schule dar, die einem einzelnen Kind in der Klasse zugeordnet sind und dessen Teilhabe am Unterricht und Schulleben ermöglichen. Diese individuelle Betreuung steht jedoch im Verdacht, neben positiven Auswirkungen durch die individuelle Förderung, auch negative Auswirkungen durch Stigmatisierungsprozesse und nachteilige Verläufe von sozialen Vergleichen auf die Akzeptanz des begleiteten Kindes durch die Mitschüler zu haben. Neben dem reinen Erhalt einer Schulbegleitung, dessen möglicherweise stigmatisierende Wirkung noch nicht untersucht ist, kann die Maßnahme Schulbegleitung je nach Ausprägung der persönlichen Voraussetzungen der Begleitung, deren Interaktion mit den schulischen Akteuren sowie der systemischen Ausgestaltung der Maßnahme unterschiedlich auf die soziale Integration in die Klasse wirken. Die soziale Integration ist zudem im Vergleich zum Aspekt der schulischen Leistung in der Schul- und Bildungsforschung weniger intensiv untersucht. Soziale Integration wird vielfältig definiert und meint das Ausmaß, in dem ein Kind durch die Mitschülerinnen akzeptiert wird und es sich selbst als vollwertiges Gruppenmitglied betrachtet, das aus einer Selbst- und auch aus einer Fremdeinschätzung heraus beurteilt werden kann. Kinder mit seelischer Beeinträchtigung sind hierbei besonders vulnerabel und weisen ein erhöhtes Risiko auf, aufgrund ihres Förderbedarfs von ihren Mitschülerinnen ohne Beeinträchtigung sozial exkludiert zu werden. Die soziale Integration hängt jedoch auch von zahlreichen weiteren persönlichen und Umwelt-variablen des Kindes ab. Aufgrund dieser Ausgangslage stellt sich die bisher noch nicht geklärte Frage, welchen Einfluss Schulbegleitungen auf die soziale Integration ihres begleiteten Kindes mit seelischer Beeinträchtigung an Regelschulen ausüben. Eine weitere zentrale Frage ist, welchen Stellenwert die Schulbegleitung im Vergleich zu weiteren Einflussvariablen auf die soziale Integration ein-nimmt. Die vorliegende Arbeit widmet sich der Beantwortung dieser Fragestellungen mit Hilfe zweier quantitativer Untersuchungen. Studie 1 basiert auf n = 59 Fällen, bei der aus Sicht der Lehrkräfte die soziale Integration des Schülers sowie weitere Einflussvariablen eingeschätzt wurden. Hierbei werden Einschätzungen von Lehrkräften von Schülern ohne Schulbegleitung mit Lehrkräften mit Schülern mit Schulbegleitung im Hinblick auf soziale Integration verglichen, um die Bedeutsamkeit des Erhalts einer Schulbegleitung auf soziale Integration zu ermitteln. Zudem wird der Erhalt einer Schulbegleitung im Kontext weiterer Variablen des Kindes, der Klasse, der Lehrkraft und der Schule analysiert, um dessen Stellenwert im Kontext dieser ex-ternen Variablen zu bestimmen. Studie 2 basiert auf n = 108 Fällen, bei denen aus Sicht der Schulbegleitungen die soziale Integration des Schülers sowie mehrere Merkmale der Maßnahme Schulbegleitung eingeschätzt wurden. Diese Studie beschäftigt sich mit der Analyse von personalen, interaktionellen und systemischen Merkmalen einer Schulbegleitung und deren Einfluss auf die soziale Integration begleiteter Kinder. Die Ergebnisse der Lehrkrafteinschätzungen in Studie 1 sprechen für einen positiven Einfluss des Erhalts einer Schulbegleitung auf die soziale Integration. Im Vergleich zu externen Faktoren, die keinen Bezug zur Schulbegleitung aufweisen, fällt der Einfluss des Erhalts einer Schulbegleitung jedoch gering aus. Im Hinblick auf fördernde Merkmale einer Schulbegleitung in Studie 2 wurde die Empathiefähigkeit als bedeutsam für eine stärkere soziale Integration in die Klasse ermittelt. Die Ergebnisse sprechen dafür, Schulbegleitungen durch kontinuierliche Weiterbildungen auch im Hinblick auf Empathiefähigkeiten zu professionalisieren, um die soziale Integration des Kindes positiv zu beeinflussen. Dennoch warnen die Ergebnisse auch davor, die soziale Integration von Kindern mit seelischer Beeinträchtigung in die alleinigen Hände von Schulbegleitungen zu legen, auch wenn diese einen tendenziell positiven Einfluss auf die soziale Integration ausüben. Auch die Schule selbst muss ihren Beitrag zur Herstellung förderlicher sozialer Bedingungen leisten, indem sie sich auf der Ebene der unterrichtlichen Praktiken sowie der Haltung aller Schulangehörigen inklusiv weiterentwickelt.
Schulbegleiter, seelische Beeinträchtigung, ADHS, Autismus, soziale Integration
Jerosenko, Anna
2019
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Jerosenko, Anna (2019): Soziale Integration durch Schulbegleitung?: Effekte von Schulbegleitung auf die soziale Integration von Schülern mit seelischer Beeinträchtigung an bayerischen Regelschulen. Dissertation, LMU München: Fakultät für Psychologie und Pädagogik
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Abstract

Obwohl sie ein relativ neues Phänomen an Regelschulen darstellen, sind Schulbegleitungen zur Inklusion von Schülerinnen mit seelischer Beeinträchtigung an Regelschulen nicht mehr wegzudenken. Schulbegleitungen stellen unterstützendes Personal an der Schule dar, die einem einzelnen Kind in der Klasse zugeordnet sind und dessen Teilhabe am Unterricht und Schulleben ermöglichen. Diese individuelle Betreuung steht jedoch im Verdacht, neben positiven Auswirkungen durch die individuelle Förderung, auch negative Auswirkungen durch Stigmatisierungsprozesse und nachteilige Verläufe von sozialen Vergleichen auf die Akzeptanz des begleiteten Kindes durch die Mitschüler zu haben. Neben dem reinen Erhalt einer Schulbegleitung, dessen möglicherweise stigmatisierende Wirkung noch nicht untersucht ist, kann die Maßnahme Schulbegleitung je nach Ausprägung der persönlichen Voraussetzungen der Begleitung, deren Interaktion mit den schulischen Akteuren sowie der systemischen Ausgestaltung der Maßnahme unterschiedlich auf die soziale Integration in die Klasse wirken. Die soziale Integration ist zudem im Vergleich zum Aspekt der schulischen Leistung in der Schul- und Bildungsforschung weniger intensiv untersucht. Soziale Integration wird vielfältig definiert und meint das Ausmaß, in dem ein Kind durch die Mitschülerinnen akzeptiert wird und es sich selbst als vollwertiges Gruppenmitglied betrachtet, das aus einer Selbst- und auch aus einer Fremdeinschätzung heraus beurteilt werden kann. Kinder mit seelischer Beeinträchtigung sind hierbei besonders vulnerabel und weisen ein erhöhtes Risiko auf, aufgrund ihres Förderbedarfs von ihren Mitschülerinnen ohne Beeinträchtigung sozial exkludiert zu werden. Die soziale Integration hängt jedoch auch von zahlreichen weiteren persönlichen und Umwelt-variablen des Kindes ab. Aufgrund dieser Ausgangslage stellt sich die bisher noch nicht geklärte Frage, welchen Einfluss Schulbegleitungen auf die soziale Integration ihres begleiteten Kindes mit seelischer Beeinträchtigung an Regelschulen ausüben. Eine weitere zentrale Frage ist, welchen Stellenwert die Schulbegleitung im Vergleich zu weiteren Einflussvariablen auf die soziale Integration ein-nimmt. Die vorliegende Arbeit widmet sich der Beantwortung dieser Fragestellungen mit Hilfe zweier quantitativer Untersuchungen. Studie 1 basiert auf n = 59 Fällen, bei der aus Sicht der Lehrkräfte die soziale Integration des Schülers sowie weitere Einflussvariablen eingeschätzt wurden. Hierbei werden Einschätzungen von Lehrkräften von Schülern ohne Schulbegleitung mit Lehrkräften mit Schülern mit Schulbegleitung im Hinblick auf soziale Integration verglichen, um die Bedeutsamkeit des Erhalts einer Schulbegleitung auf soziale Integration zu ermitteln. Zudem wird der Erhalt einer Schulbegleitung im Kontext weiterer Variablen des Kindes, der Klasse, der Lehrkraft und der Schule analysiert, um dessen Stellenwert im Kontext dieser ex-ternen Variablen zu bestimmen. Studie 2 basiert auf n = 108 Fällen, bei denen aus Sicht der Schulbegleitungen die soziale Integration des Schülers sowie mehrere Merkmale der Maßnahme Schulbegleitung eingeschätzt wurden. Diese Studie beschäftigt sich mit der Analyse von personalen, interaktionellen und systemischen Merkmalen einer Schulbegleitung und deren Einfluss auf die soziale Integration begleiteter Kinder. Die Ergebnisse der Lehrkrafteinschätzungen in Studie 1 sprechen für einen positiven Einfluss des Erhalts einer Schulbegleitung auf die soziale Integration. Im Vergleich zu externen Faktoren, die keinen Bezug zur Schulbegleitung aufweisen, fällt der Einfluss des Erhalts einer Schulbegleitung jedoch gering aus. Im Hinblick auf fördernde Merkmale einer Schulbegleitung in Studie 2 wurde die Empathiefähigkeit als bedeutsam für eine stärkere soziale Integration in die Klasse ermittelt. Die Ergebnisse sprechen dafür, Schulbegleitungen durch kontinuierliche Weiterbildungen auch im Hinblick auf Empathiefähigkeiten zu professionalisieren, um die soziale Integration des Kindes positiv zu beeinflussen. Dennoch warnen die Ergebnisse auch davor, die soziale Integration von Kindern mit seelischer Beeinträchtigung in die alleinigen Hände von Schulbegleitungen zu legen, auch wenn diese einen tendenziell positiven Einfluss auf die soziale Integration ausüben. Auch die Schule selbst muss ihren Beitrag zur Herstellung förderlicher sozialer Bedingungen leisten, indem sie sich auf der Ebene der unterrichtlichen Praktiken sowie der Haltung aller Schulangehörigen inklusiv weiterentwickelt.