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Frakturen der langen Röhrenknochen beim neugeborenen Kalb. Behandlung und Ergebnisse (1986-2001)
Frakturen der langen Röhrenknochen beim neugeborenen Kalb. Behandlung und Ergebnisse (1986-2001)
In dieser retrospektiven Untersuchung wurden die Krankenakten von neugeborenen Kälbern, die in der Rinderabteilung der Chirurgischen Tierklinik der Universität München mit einer Fraktur der langen Röhrenknochen vorgestellt worden waren, ausgewertet. Die Untersuchung erstreckte sich über einen Zeitraum von 16 Jahren und erfasste 125 Tiere. Frakturen der Metakarpal- und Metatarsalknochen fanden dabei keine Berücksichtigung, da sie in der Regel konservativ zu behandeln sind. Die Mehrzahl der Kälber (77; 61,6 %) erlitt die Frakturen im Verlauf einer assistierten Geburt. Viele von ihnen (68; 54,4 %) wiesen bei der Einstellungsuntersuchung zusätzliche Erkrankungen - wie Nabelerkrankungen, Gliedmaßenfehlstellungen und beeinträchtigtes Allgemeinbefinden - auf. Begleiterkrankungen beeinflussten sowohl die Entscheidung zu einer Therapie als auch die Frakturheilung signifikant (Chi²-Test: p< 0,01). Vergleichsweise häufiger als die Knochen der Schultergliedmaße waren die der Beckengliedmaße, die Tibia (58; 46,4 %) und das Os femoris (50; 40 %) betroffen. Lediglich in 8 Fällen (6,4%) bestanden offene Frakturen. Als Hinweis für eine Verkeilung der Hintergliedmaßen im mütterlichen Becken ist zu werten, dass die Frakturen oft in der Nähe des Kniegelenkes lokalisiert waren (54,4%). Insgesamt 107 Kälber wurden behandelt. Konservativ therapiert wurden 16 Frakturen, vor allem solche von Humerus und Radius/ Ulna, aber auch fünf der Tibia. Letztere im Bereich der proximalen Metaphyse lokalisierte Frakturen (5) heilten ohne Verband allein durch Boxenruhe ab. Die bei den restlichen 91 Kälbern angewendeten operativen Techniken bestanden aus Plattenosteosynthesen (64), Rush Pin (10), Fixateur externe (8), Steinmann Nagel (7) und Veterinär- Fixateur (2). Nach einer durchschnittlichen Aufenthaltsdauer von zwei Wochen konnten 66 (61,7%) der behandelten Kälber aus der Klinik entlassen werden. Bei den übrigen traten Komplikationen auf, so dass sie starben oder eingeschläfert werden mussten. Kälber mit zusätzlichen Erkrankungen und instabilen Fixationen (37) waren prädisponiert für Infektionen (22). Bei 67 (62,6 %) der 107 behandelten Tiere kam es zu Komplikationen, von diesen konnten dennoch 26 aus der Klinik entlassen werden. Die spätere Entfernung der Implantate erfolgte bei 39 Tieren. Mittelfristig (bis sechs Monate nach der Frakturbehandlung) gesundeten 60 (56,1%) und langfristig (> sechs Monate) 54 (50,5%). Die Erfolgsquote der konservativen Frakturbehandlung lag etwas höher als die der operativen (55%). Eine besonders ungünstige Prognose weisen nach dieser Studie die Frakturen im distalen Bereich der Tibia auf. Bei lediglich einem von acht Kälbern kam es zur Frakturheilung. Im Vergleich zu den Os-femoris-Frakturen traten bei den Tibiafrakturen nach operativer Versorgung signifikant häufiger Infektionen auf (Chi²-Test < 0,05). Die Versorgung mit intramedullären Kraftträgern war wenig erfolgreich. Bei neugeborenen Kälbern ist die Behandlung von Frakturen der langen Röhrenknochen aufgrund ihres unausgereiften Immunsystems, der häufig zu konstatierenden Begleiterkrankungen sowie der noch weichen Knochenbeschaffenheit als schwierig zu bewerten. Es ist anzunehmen, dass in den landwirtschaftlichen Betrieben viele Frakturen der langen Röhrenknochen vorkommen, aber wegen der ökonomischen Situation die Kälber nicht behandelt werden. Günstig für eine erfolgreiche Behandlung sind die Abwesenheit von Begleiterkrankungen, die einfache Frakturkonfiguration sowie die Frakturlokalisation in der Diaphyse oder Metaphyse. Bei wenig dislozierten Frakturen, wie sie des öfteren an Radius/Ulna und an der Tibia gefunden werden können, ist die konservative Therapie angebracht. Meist sind die Fragmente jedoch stark disloziert und müssen durch eine Osteosynthese adaptiert und fixiert werden. Trotz aller Nachteile erscheinen hierzu die Plattenosteosynthese sowie eingeschränkt der Veterinär-Fixateur (Vet Fix) am ehesten geeignet.
Frakturen, Kalb, neugeboren, Röhrenknochen,Frakturbehandlung
Spieß, Amelie Katrin
2004
German
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Spieß, Amelie Katrin (2004): Frakturen der langen Röhrenknochen beim neugeborenen Kalb: Behandlung und Ergebnisse (1986-2001). Dissertation, LMU München: Faculty of Veterinary Medicine
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Abstract

In dieser retrospektiven Untersuchung wurden die Krankenakten von neugeborenen Kälbern, die in der Rinderabteilung der Chirurgischen Tierklinik der Universität München mit einer Fraktur der langen Röhrenknochen vorgestellt worden waren, ausgewertet. Die Untersuchung erstreckte sich über einen Zeitraum von 16 Jahren und erfasste 125 Tiere. Frakturen der Metakarpal- und Metatarsalknochen fanden dabei keine Berücksichtigung, da sie in der Regel konservativ zu behandeln sind. Die Mehrzahl der Kälber (77; 61,6 %) erlitt die Frakturen im Verlauf einer assistierten Geburt. Viele von ihnen (68; 54,4 %) wiesen bei der Einstellungsuntersuchung zusätzliche Erkrankungen - wie Nabelerkrankungen, Gliedmaßenfehlstellungen und beeinträchtigtes Allgemeinbefinden - auf. Begleiterkrankungen beeinflussten sowohl die Entscheidung zu einer Therapie als auch die Frakturheilung signifikant (Chi²-Test: p< 0,01). Vergleichsweise häufiger als die Knochen der Schultergliedmaße waren die der Beckengliedmaße, die Tibia (58; 46,4 %) und das Os femoris (50; 40 %) betroffen. Lediglich in 8 Fällen (6,4%) bestanden offene Frakturen. Als Hinweis für eine Verkeilung der Hintergliedmaßen im mütterlichen Becken ist zu werten, dass die Frakturen oft in der Nähe des Kniegelenkes lokalisiert waren (54,4%). Insgesamt 107 Kälber wurden behandelt. Konservativ therapiert wurden 16 Frakturen, vor allem solche von Humerus und Radius/ Ulna, aber auch fünf der Tibia. Letztere im Bereich der proximalen Metaphyse lokalisierte Frakturen (5) heilten ohne Verband allein durch Boxenruhe ab. Die bei den restlichen 91 Kälbern angewendeten operativen Techniken bestanden aus Plattenosteosynthesen (64), Rush Pin (10), Fixateur externe (8), Steinmann Nagel (7) und Veterinär- Fixateur (2). Nach einer durchschnittlichen Aufenthaltsdauer von zwei Wochen konnten 66 (61,7%) der behandelten Kälber aus der Klinik entlassen werden. Bei den übrigen traten Komplikationen auf, so dass sie starben oder eingeschläfert werden mussten. Kälber mit zusätzlichen Erkrankungen und instabilen Fixationen (37) waren prädisponiert für Infektionen (22). Bei 67 (62,6 %) der 107 behandelten Tiere kam es zu Komplikationen, von diesen konnten dennoch 26 aus der Klinik entlassen werden. Die spätere Entfernung der Implantate erfolgte bei 39 Tieren. Mittelfristig (bis sechs Monate nach der Frakturbehandlung) gesundeten 60 (56,1%) und langfristig (> sechs Monate) 54 (50,5%). Die Erfolgsquote der konservativen Frakturbehandlung lag etwas höher als die der operativen (55%). Eine besonders ungünstige Prognose weisen nach dieser Studie die Frakturen im distalen Bereich der Tibia auf. Bei lediglich einem von acht Kälbern kam es zur Frakturheilung. Im Vergleich zu den Os-femoris-Frakturen traten bei den Tibiafrakturen nach operativer Versorgung signifikant häufiger Infektionen auf (Chi²-Test < 0,05). Die Versorgung mit intramedullären Kraftträgern war wenig erfolgreich. Bei neugeborenen Kälbern ist die Behandlung von Frakturen der langen Röhrenknochen aufgrund ihres unausgereiften Immunsystems, der häufig zu konstatierenden Begleiterkrankungen sowie der noch weichen Knochenbeschaffenheit als schwierig zu bewerten. Es ist anzunehmen, dass in den landwirtschaftlichen Betrieben viele Frakturen der langen Röhrenknochen vorkommen, aber wegen der ökonomischen Situation die Kälber nicht behandelt werden. Günstig für eine erfolgreiche Behandlung sind die Abwesenheit von Begleiterkrankungen, die einfache Frakturkonfiguration sowie die Frakturlokalisation in der Diaphyse oder Metaphyse. Bei wenig dislozierten Frakturen, wie sie des öfteren an Radius/Ulna und an der Tibia gefunden werden können, ist die konservative Therapie angebracht. Meist sind die Fragmente jedoch stark disloziert und müssen durch eine Osteosynthese adaptiert und fixiert werden. Trotz aller Nachteile erscheinen hierzu die Plattenosteosynthese sowie eingeschränkt der Veterinär-Fixateur (Vet Fix) am ehesten geeignet.