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Combining stellar structure and evolution models with multi-dimensional hydrodynamic simulations
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Die vorliegende Dissertation widmet sich einer verbesserten Darstellung von hydrodynamischen Prozessen in eindimensionalen (1D) Modellen zur Beschreibung der Struktur und Entwicklung von Sternen. 1D Modelle bilden das Rückgrat des theoretischen Verständnisses von Sternen und sind aufgrund ihres geringen Rechenaufwands von unschätzbarem Wert für die Interpretation von Beobachtungen. Fast alle Bereiche der Astrophysik bauen darüber hinaus direkt oder indirekt auf einem detaillierten Verständnis der inneren Struktur und der Entwicklung von Sternen auf. Damit spielen realistischere Sternenmodelle eine entscheidende Rolle im Bestreben, den Kosmos besser zu verstehen. Aus diesem Grund erstelle ich in dieser Arbeit 1D Sternenmodelle, die eine physikalisch verbesserte Darstellung verschiedener konvektiver Grenzschichten ergeben, und ich untersuche, wie sich diese verbesserte theoretische Modellierung auf die stellaren Eigenschaften auswirkt. Die Energie, die durch Kernfusion im Inneren von Sternen erzeugt wird, wird durch Strahlung, Wärmediffusion und Konvektion an die Oberfläche transportiert. Wegen der inhärent dreidimensionalen (3D) Natur von superadiabatischen turbulenten Strömungen sowie der komplexen Dynamik des Strahlungsfeldes im photosphärischen Übergangsbereich greift man zur theoretischen Modellierung des Energietransportes in 1D Sternenmodellen üblicherweise auf vereinfachte Parametrisierungen zurück. Vergleiche mit Beobachtungen zeigen jedoch, dass diese Vorgehensweise für Sterne mit konvektiven Hüllen eine unzureichende Darstellung der äußeren Schichten zur Folge hat. Die Sonne ist ein prominentes Beispiel für einen solchen Stern. Insbesondere die Oberflächenschwingungen von Sternen mit konvektiven Hüllen deuten offenkundig auf diese Modellmängel hin, da die vorhergesagten seismischen Eigenschaften systematisch von den Beobachtungen abweichen. Das beschriebene Modelldefizit hat jedoch noch weitere Folgen: Die Berechnung von Sternenmodellen läuft auf die Lösung gekoppelter Differentialgleichungen hinaus. Die unvollständige Darstellung der äußersten superadiabatischen Schichten liefert daher fehlerhafte Randbedingungen für die zugrundeliegenden Differentialgleichungen, welches den vorausgesagten Entwicklungsweg beeinflusst. Während 1D Modelle die Physik der Oberflächenregion nicht verlässlich beschreiben können, zeichnen 3D strahlungs-hydrodynamische (RHD) Simulationen von stellaren Hüllen ein realistischeres Bild. Diese 3D Simulationen beschränken sich jedoch auf die Oberflächenregion: Die ganzheitliche Berechnung der Struktur und Entwicklung eines Sterns, die für 1D Modelle möglich ist, steht derzeit außer Reichweite. Trotz des enormen Rechenaufwands, der auch mit 3D Simulationen von Hüllen verbunden ist, stehen seit Kurzem umfangreiche Datenbanken mit solchen Simulationen zur Verfügung. Indem ich die äußeren Schichten von 1D Sternenmodellen durch gemittelte 3D Hüllen ersetze, bin ich in der Lage, 1D Modelle zu konstruieren, die die Vorzüge der hinzugezogenen 3D RHD Simulationen korrekt widerspiegeln. Das dazu benötigte Interpolationsverfahren sowie die Substitutionsmethoden wurden im Zusammenhang mit der vorliegenden Arbeit entwickelt. Durch die Verknüpfung von 1D mit 3D Modellen erreiche ich eine deutlich verbesserte Übereinstimmung mit seismischen Sonnenbeobachtungen. Zugleich stelle ich durch immer komplexere Verfahren stufenweise sicher, dass die innere Struktur der Modelle mit den verbesserten äußeren Schichten im Einklang steht. Durch Vergleiche mit Beobachtungen von kühlen Hauptreihensternen wird aufgezeigt, dass die entwickelten Methoden eine leistungsstarke Weiterentwicklung des Standardverfahrens darstellen. Diese Arbeit enthält somit nicht nur eine Zusammenfassung der Methodenentwicklung und -Validierung, sondern auch Anwendungen auf Daten. Des Weiteren wende ich mich den unteren Schichten von konvektiven Hüllen zu: Basierend auf Parametrisierungen von multidimensionalen hydrodynamischen Simulationen, untersuche ich den Einfluss verschiedener zusätzlicher Mischungsprozesse in der unteren Randzone. Obwohl die untersuchten Implementierungen allein nicht ausreichen, um alle Beobachtungseinschränkungen zu erfüllen, veranschaulicht die Studie, wie 1D Sternenmodelle durch die Verwendung multidimensionaler hydrodynamischer Simulationen profitieren können. Qualitativ hochwertige Beobachtungen zeigen, kurz gesagt, mehrere Mängel an Standard 1D Sternenmodellen auf. Diese Arbeit stellt verschiedene Methoden vor, um diesen Modellmängeln entgegenzutreten, und wendet diese Methoden an, um zu einem besseren Verständnis von kühlen Sternen beizutragen., This thesis is devoted to an improved description of hydrodynamic processes in one-dimensional (1D) models of stellar structures and their evolution. Due to their low computational cost, 1D models are the backbone of the theoretical understanding of stars and are invaluable for interpreting observations. Furthermore, nearly all astrophysical findings – from cosmology to exoplanet research – rely directly or indirectly on a detailed understanding of stellar structures and their evolution. Thus, improvements of state-of-the-art stellar models are essential for the pursuit of obtaining a better understanding of the cosmos. For this reason, in this thesis, I construct 1D stellar models that give a physically more realistic depiction of different convective boundary layers, and I investigate how the improved theoretical modelling affects stellar properties. Energy is generated at the centre of stars by nuclear fusion and is subsequently transported to the stellar surface by radiation, conduction, and convection. Proper modelling of stellar interiors, therefore, requires a realistic depiction of hydrodynamic processes such as turbulence. However, this is a notoriously challenging task, owing to the inherently three-dimensional (3D) nature of superadiabatic, turbulent flows and the complex dynamics of the radiation field in the photospheric transition region. As a result, 1D stellar models resort to simplified parameterizations of convection. For stars with convective envelopes, this approach turns out to be especially problematic. The present-day Sun is a prominent example of such a star. In particular, the surface oscillations of stars with convective envelopes highlight this model deficiency. Thus, the predicted seismic properties deviate systematically from observations. Yet the described model deficiency has further consequences: computing stellar models amounts to solving a set of coupled differential equations. The incomplete depiction of the outermost superadiabatic layers, therefore, provides erroneous boundary conditions for the underlying differential equations, which affects the predicted evolution. While 1D models cannot reliably describe the physics of the surface layers, 3D radiative hydrodynamic (RHD) simulations of stellar envelopes draw a more realistic picture. However, these simulations are limited to the surface region: comprehensive 3D models of stellar structures and their entire evolution are currently out of reach. Despite the considerable computational costs that are likewise associated with 3D simulations of stellar envelopes, extensive grids of such simulations have recently become available. In this thesis, I thus make use of such grids of 3D simulations to improve 1D stellar models. By replacing the outer layers of 1D stellar models with averaged 3D envelopes, I construct 1D models that reliably mimic the underlying 3D RHD simulations. The required interpolation scheme, as well as the substitution methods, were developed in connection with the present work. These methods are gradually refined and extended throughout the thesis. The resulting solar models show near-perfect agreement with seismic observations. Moreover, comparisons with observations of other low-mass stars show that the developed methods constitute a powerful improvement of the standard procedure. Not only does this thesis hence contain a summary of method development and method validation, but also applications to data. I furthermore investigate the impact of additional mixing processes at the lower boundary of convective envelopes. I do this by employing different parameterizations that build on multi-dimensional hydrodynamic simulations. Among other reasons to include such processes, additional mixing is needed to explain the higher-than-predicted depletion of lithium at stellar surfaces. Although the investigated mixing schemes are, on their own, insufficient to meet all observational constraints, the study illustrates how 1D stellar models can benefit from multi-dimensional hydrodynamic simulations. In summary, high-quality observations reveal several shortcomings of standard 1D stellar models. This thesis presents various methods to overcome these model deficiencies and applies these methods to observational data, contributing to a better understanding of cool stars.
Hydrodynamics, convection, stellar models, stellar evolution, Sun, asteroseismology, helioseismology
Jørgensen, Andreas Christ Sølvsten
2019
Englisch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Jørgensen, Andreas Christ Sølvsten (2019): Combining stellar structure and evolution models with multi-dimensional hydrodynamic simulations. Dissertation, LMU München: Fakultät für Physik
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Abstract

Die vorliegende Dissertation widmet sich einer verbesserten Darstellung von hydrodynamischen Prozessen in eindimensionalen (1D) Modellen zur Beschreibung der Struktur und Entwicklung von Sternen. 1D Modelle bilden das Rückgrat des theoretischen Verständnisses von Sternen und sind aufgrund ihres geringen Rechenaufwands von unschätzbarem Wert für die Interpretation von Beobachtungen. Fast alle Bereiche der Astrophysik bauen darüber hinaus direkt oder indirekt auf einem detaillierten Verständnis der inneren Struktur und der Entwicklung von Sternen auf. Damit spielen realistischere Sternenmodelle eine entscheidende Rolle im Bestreben, den Kosmos besser zu verstehen. Aus diesem Grund erstelle ich in dieser Arbeit 1D Sternenmodelle, die eine physikalisch verbesserte Darstellung verschiedener konvektiver Grenzschichten ergeben, und ich untersuche, wie sich diese verbesserte theoretische Modellierung auf die stellaren Eigenschaften auswirkt. Die Energie, die durch Kernfusion im Inneren von Sternen erzeugt wird, wird durch Strahlung, Wärmediffusion und Konvektion an die Oberfläche transportiert. Wegen der inhärent dreidimensionalen (3D) Natur von superadiabatischen turbulenten Strömungen sowie der komplexen Dynamik des Strahlungsfeldes im photosphärischen Übergangsbereich greift man zur theoretischen Modellierung des Energietransportes in 1D Sternenmodellen üblicherweise auf vereinfachte Parametrisierungen zurück. Vergleiche mit Beobachtungen zeigen jedoch, dass diese Vorgehensweise für Sterne mit konvektiven Hüllen eine unzureichende Darstellung der äußeren Schichten zur Folge hat. Die Sonne ist ein prominentes Beispiel für einen solchen Stern. Insbesondere die Oberflächenschwingungen von Sternen mit konvektiven Hüllen deuten offenkundig auf diese Modellmängel hin, da die vorhergesagten seismischen Eigenschaften systematisch von den Beobachtungen abweichen. Das beschriebene Modelldefizit hat jedoch noch weitere Folgen: Die Berechnung von Sternenmodellen läuft auf die Lösung gekoppelter Differentialgleichungen hinaus. Die unvollständige Darstellung der äußersten superadiabatischen Schichten liefert daher fehlerhafte Randbedingungen für die zugrundeliegenden Differentialgleichungen, welches den vorausgesagten Entwicklungsweg beeinflusst. Während 1D Modelle die Physik der Oberflächenregion nicht verlässlich beschreiben können, zeichnen 3D strahlungs-hydrodynamische (RHD) Simulationen von stellaren Hüllen ein realistischeres Bild. Diese 3D Simulationen beschränken sich jedoch auf die Oberflächenregion: Die ganzheitliche Berechnung der Struktur und Entwicklung eines Sterns, die für 1D Modelle möglich ist, steht derzeit außer Reichweite. Trotz des enormen Rechenaufwands, der auch mit 3D Simulationen von Hüllen verbunden ist, stehen seit Kurzem umfangreiche Datenbanken mit solchen Simulationen zur Verfügung. Indem ich die äußeren Schichten von 1D Sternenmodellen durch gemittelte 3D Hüllen ersetze, bin ich in der Lage, 1D Modelle zu konstruieren, die die Vorzüge der hinzugezogenen 3D RHD Simulationen korrekt widerspiegeln. Das dazu benötigte Interpolationsverfahren sowie die Substitutionsmethoden wurden im Zusammenhang mit der vorliegenden Arbeit entwickelt. Durch die Verknüpfung von 1D mit 3D Modellen erreiche ich eine deutlich verbesserte Übereinstimmung mit seismischen Sonnenbeobachtungen. Zugleich stelle ich durch immer komplexere Verfahren stufenweise sicher, dass die innere Struktur der Modelle mit den verbesserten äußeren Schichten im Einklang steht. Durch Vergleiche mit Beobachtungen von kühlen Hauptreihensternen wird aufgezeigt, dass die entwickelten Methoden eine leistungsstarke Weiterentwicklung des Standardverfahrens darstellen. Diese Arbeit enthält somit nicht nur eine Zusammenfassung der Methodenentwicklung und -Validierung, sondern auch Anwendungen auf Daten. Des Weiteren wende ich mich den unteren Schichten von konvektiven Hüllen zu: Basierend auf Parametrisierungen von multidimensionalen hydrodynamischen Simulationen, untersuche ich den Einfluss verschiedener zusätzlicher Mischungsprozesse in der unteren Randzone. Obwohl die untersuchten Implementierungen allein nicht ausreichen, um alle Beobachtungseinschränkungen zu erfüllen, veranschaulicht die Studie, wie 1D Sternenmodelle durch die Verwendung multidimensionaler hydrodynamischer Simulationen profitieren können. Qualitativ hochwertige Beobachtungen zeigen, kurz gesagt, mehrere Mängel an Standard 1D Sternenmodellen auf. Diese Arbeit stellt verschiedene Methoden vor, um diesen Modellmängeln entgegenzutreten, und wendet diese Methoden an, um zu einem besseren Verständnis von kühlen Sternen beizutragen.

Abstract

This thesis is devoted to an improved description of hydrodynamic processes in one-dimensional (1D) models of stellar structures and their evolution. Due to their low computational cost, 1D models are the backbone of the theoretical understanding of stars and are invaluable for interpreting observations. Furthermore, nearly all astrophysical findings – from cosmology to exoplanet research – rely directly or indirectly on a detailed understanding of stellar structures and their evolution. Thus, improvements of state-of-the-art stellar models are essential for the pursuit of obtaining a better understanding of the cosmos. For this reason, in this thesis, I construct 1D stellar models that give a physically more realistic depiction of different convective boundary layers, and I investigate how the improved theoretical modelling affects stellar properties. Energy is generated at the centre of stars by nuclear fusion and is subsequently transported to the stellar surface by radiation, conduction, and convection. Proper modelling of stellar interiors, therefore, requires a realistic depiction of hydrodynamic processes such as turbulence. However, this is a notoriously challenging task, owing to the inherently three-dimensional (3D) nature of superadiabatic, turbulent flows and the complex dynamics of the radiation field in the photospheric transition region. As a result, 1D stellar models resort to simplified parameterizations of convection. For stars with convective envelopes, this approach turns out to be especially problematic. The present-day Sun is a prominent example of such a star. In particular, the surface oscillations of stars with convective envelopes highlight this model deficiency. Thus, the predicted seismic properties deviate systematically from observations. Yet the described model deficiency has further consequences: computing stellar models amounts to solving a set of coupled differential equations. The incomplete depiction of the outermost superadiabatic layers, therefore, provides erroneous boundary conditions for the underlying differential equations, which affects the predicted evolution. While 1D models cannot reliably describe the physics of the surface layers, 3D radiative hydrodynamic (RHD) simulations of stellar envelopes draw a more realistic picture. However, these simulations are limited to the surface region: comprehensive 3D models of stellar structures and their entire evolution are currently out of reach. Despite the considerable computational costs that are likewise associated with 3D simulations of stellar envelopes, extensive grids of such simulations have recently become available. In this thesis, I thus make use of such grids of 3D simulations to improve 1D stellar models. By replacing the outer layers of 1D stellar models with averaged 3D envelopes, I construct 1D models that reliably mimic the underlying 3D RHD simulations. The required interpolation scheme, as well as the substitution methods, were developed in connection with the present work. These methods are gradually refined and extended throughout the thesis. The resulting solar models show near-perfect agreement with seismic observations. Moreover, comparisons with observations of other low-mass stars show that the developed methods constitute a powerful improvement of the standard procedure. Not only does this thesis hence contain a summary of method development and method validation, but also applications to data. I furthermore investigate the impact of additional mixing processes at the lower boundary of convective envelopes. I do this by employing different parameterizations that build on multi-dimensional hydrodynamic simulations. Among other reasons to include such processes, additional mixing is needed to explain the higher-than-predicted depletion of lithium at stellar surfaces. Although the investigated mixing schemes are, on their own, insufficient to meet all observational constraints, the study illustrates how 1D stellar models can benefit from multi-dimensional hydrodynamic simulations. In summary, high-quality observations reveal several shortcomings of standard 1D stellar models. This thesis presents various methods to overcome these model deficiencies and applies these methods to observational data, contributing to a better understanding of cool stars.