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Zur Bedeutung von Auen als Leitlinien und Nahrungshabitate für Fledermäuse
Zur Bedeutung von Auen als Leitlinien und Nahrungshabitate für Fledermäuse
Auf der Suche nach Nahrung und geeigneten Quartieren unternehmen viele Fledermausarten jahreszeitliche Wanderungen. In Europa gehören zu den typischen Zugfledermäusen unter anderem der Große und der Kleine Abendsegler (Nyctalus noctula und Nyctalus leisleri) sowie die Rauhautfledermaus (Pipistrellus nathusii). Gleichzeitig sind alle in Deutschland heimischen Fledermausarten nicht nur nach dem Bundesnaturschutzgesetz, sondern auch durch verschiedene internationale Abkommen streng geschützt. Um Schutzmaßnahmen sinnvoll gestalten zu können, ist in vielen Fällen jedoch eine möglichst genaue Kenntnis über das Migrationsverhalten europäischer Fledermauspopulationen entscheidend. Von besonderem Interesse ist in diesem Zusammenhang die Frage, ob feste Zugrouten oder Rastplätze existieren, die die Fledermäuse auf ihren Wanderungen zwischen den Sommer- und Winterquartieren regelmäßig aufsuchen. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die Bedeutung von Flussauen als Leitlinien und Nahrungshabitate für wandernde Fledermausarten im nördlichen Voralpenraum einzuschätzen. Hierfür wurden im Rahmen einer phänologischen Studie die beiden Gebirgsflüsse Inn und Salzach untersucht. Die Fledermausaktivität in den Flussauen wurde mithilfe von automatisierten Lautaufnahmesystemen (batcordern) jeweils während der Migrationsphasen im Frühling und Herbst sowie während der Wochenstubenzeit im Sommer erfasst und mit derjenigen in ökologisch ähnlichen Habitaten abseits der Auen (d. h. an Stillgewässern) verglichen. Ergänzend zu den Lautaufnahmen wurden Netzfänge durchgeführt, um nähere Informationen zu Geschlecht, Alter und Reproduktionsstatus der Tiere zu erhalten sowie auch solche Fledermausarten zu erfassen, die mittels Lautaufnahmen nur schwer nachzuweisen sind. Darüber hinaus wurden Daten zu Temperatur, Nahrungs- und Quartierangebot erhoben. Nach den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit scheinen die Flussläufe von Inn- und Salzach nicht grundsätzlich als Migrationsachsen für Fledermäuse zu dienen. Lediglich bei der Rauhautfledermaus (Pipistrellus nathusii) deutet sich eine Nutzung der Flussauen als Leitlinien an, während potentielle Wanderbewegungen der restlichen untersuchten Fledermausarten im Untersuchungsgebiet eher in breiter Front zu verlaufen scheinen. Vermutlich sind die Tiere in der Lage, gute Nahrungshabitate unabhängig von einer großräumigen Anbindung an lineare Landschaftselemente aufzusuchen und zu nutzen. Darüber hinaus könnten sowohl die Auwälder selbst als auch flussnah gelegene Städte und Siedlungen für einige Fledermausarten eine besondere Bedeutung als Überwinterungsgebiete besitzen. Die meisten der untersuchten Fledermausarten zeigen keine eindeutigen Präferenzen hinsichtlich eines bestimmten Gewässertyps, über alle Arten hinweg betrachtet ist jedoch eine leichte Bevorzugung der Stillgewässer als Jagdhabitate gegenüber den Fließgewässern zu beobachten. Im Jahresverlauf betrachtet fällt auf, dass während der Migrationszeit bei vielen Fledermausarten ein enger Zusammenhang zwischen Aktivität und Nahrungsangebot besteht, was in der Wochenstubenzeit im Sommer nicht zu beobachten ist. Dies weist darauf hin, dass die Tiere im Untersuchungsgebiet in den Migrationsphasen besonders stark auf die Existenz nahrungsreicher Jagdhabitate angewiesen sind., Many bat species migrate seasonally in search for roosting sites or habitats with abundant food supply. Typical European migratory species are, e.g., the Noctule Bat (Nyctalus noctula), Leisler’s Bat (Nyctalus leisleri) and Nathusius’s Pipistrelle Bat (Pipistrellus nathusii). In Germany, all bat species are strictly protected by the Federal Nature Conservation Act and by several international conservation agreements. In order to implement protective measures in reasonable and effective ways, detailed knowledge of migration patterns in European bat populations is mostly crucial. In this context, the existence of potential migratory corridors or stopover habitats that are visited regularly by bats on their migratory journeys between breeding areas and hibernation areas is of particular interest. The aim of the present study was to evaluate the importance of rivers and adjacent riparian landscapes as guidelines and foraging habitats for migrating bats in the northern Alpine range. For this purpose, two mountain rivers (Inn and Salzach) were investigated by means of a phenological approach. Bat activity was recorded at the riversides using automated recording systems (batcorder) during the migratory seasons in spring and fall and during the nursery seasons in summer. The observations were compared with bat activity in ecologically similar habitats with no proximity to rivers, i.e., at lakes. In addition, bats were captured with mist nets to gather information on sex, age and reproductive status as well as to differentiate among species with similar echolocation calls. Furthermore, data on air temperature, food abundance and the availability of roosting sites were collected. The results of the present study show that the rivers Inn and Salzach do not generally serve as migratory corridors for bats. Merely for Nathusius’s Pipistrelle Bat (Pipistrellus nathusii), indications for a function of the rivers as landmarks can be observed. These findings support the hypothesis that most migratory movements of bats within the study area seem not to be confined to linear landmarks. It furthermore indicates that bats are able to locate and make use of habitats with high food abundance irrespective of their connectivity to linear landscape elements. Beyond that, riparian forests as well as towns and villages close to the rivers can serve as hibernation areas for some bat species. Most of the investigated bat species show no clear preference for a certain type of water body (i.e., rivers or lakes). However, when regarding total bat activity across all bat species, a slight preference for lakes as foraging habitats can be detected. Throughout the year, many bat species reveal a high correlation between bat activity and food abundance during the migration periods, but not during the nursery seasons in summer. This underlines the special importance of habitats with high food abundance during the migratory seasons for bats in the investigated area.
Fledermäuse, Migration, Auen, Auwälder, Leitlinien, Nahrungshabitate, Bats, Riparian forests, Guidelines, Foraging habitats
Gerges, Michaela
2017
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Gerges, Michaela (2017): Zur Bedeutung von Auen als Leitlinien und Nahrungshabitate für Fledermäuse. Dissertation, LMU München: Fakultät für Biologie
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Abstract

Auf der Suche nach Nahrung und geeigneten Quartieren unternehmen viele Fledermausarten jahreszeitliche Wanderungen. In Europa gehören zu den typischen Zugfledermäusen unter anderem der Große und der Kleine Abendsegler (Nyctalus noctula und Nyctalus leisleri) sowie die Rauhautfledermaus (Pipistrellus nathusii). Gleichzeitig sind alle in Deutschland heimischen Fledermausarten nicht nur nach dem Bundesnaturschutzgesetz, sondern auch durch verschiedene internationale Abkommen streng geschützt. Um Schutzmaßnahmen sinnvoll gestalten zu können, ist in vielen Fällen jedoch eine möglichst genaue Kenntnis über das Migrationsverhalten europäischer Fledermauspopulationen entscheidend. Von besonderem Interesse ist in diesem Zusammenhang die Frage, ob feste Zugrouten oder Rastplätze existieren, die die Fledermäuse auf ihren Wanderungen zwischen den Sommer- und Winterquartieren regelmäßig aufsuchen. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die Bedeutung von Flussauen als Leitlinien und Nahrungshabitate für wandernde Fledermausarten im nördlichen Voralpenraum einzuschätzen. Hierfür wurden im Rahmen einer phänologischen Studie die beiden Gebirgsflüsse Inn und Salzach untersucht. Die Fledermausaktivität in den Flussauen wurde mithilfe von automatisierten Lautaufnahmesystemen (batcordern) jeweils während der Migrationsphasen im Frühling und Herbst sowie während der Wochenstubenzeit im Sommer erfasst und mit derjenigen in ökologisch ähnlichen Habitaten abseits der Auen (d. h. an Stillgewässern) verglichen. Ergänzend zu den Lautaufnahmen wurden Netzfänge durchgeführt, um nähere Informationen zu Geschlecht, Alter und Reproduktionsstatus der Tiere zu erhalten sowie auch solche Fledermausarten zu erfassen, die mittels Lautaufnahmen nur schwer nachzuweisen sind. Darüber hinaus wurden Daten zu Temperatur, Nahrungs- und Quartierangebot erhoben. Nach den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit scheinen die Flussläufe von Inn- und Salzach nicht grundsätzlich als Migrationsachsen für Fledermäuse zu dienen. Lediglich bei der Rauhautfledermaus (Pipistrellus nathusii) deutet sich eine Nutzung der Flussauen als Leitlinien an, während potentielle Wanderbewegungen der restlichen untersuchten Fledermausarten im Untersuchungsgebiet eher in breiter Front zu verlaufen scheinen. Vermutlich sind die Tiere in der Lage, gute Nahrungshabitate unabhängig von einer großräumigen Anbindung an lineare Landschaftselemente aufzusuchen und zu nutzen. Darüber hinaus könnten sowohl die Auwälder selbst als auch flussnah gelegene Städte und Siedlungen für einige Fledermausarten eine besondere Bedeutung als Überwinterungsgebiete besitzen. Die meisten der untersuchten Fledermausarten zeigen keine eindeutigen Präferenzen hinsichtlich eines bestimmten Gewässertyps, über alle Arten hinweg betrachtet ist jedoch eine leichte Bevorzugung der Stillgewässer als Jagdhabitate gegenüber den Fließgewässern zu beobachten. Im Jahresverlauf betrachtet fällt auf, dass während der Migrationszeit bei vielen Fledermausarten ein enger Zusammenhang zwischen Aktivität und Nahrungsangebot besteht, was in der Wochenstubenzeit im Sommer nicht zu beobachten ist. Dies weist darauf hin, dass die Tiere im Untersuchungsgebiet in den Migrationsphasen besonders stark auf die Existenz nahrungsreicher Jagdhabitate angewiesen sind.

Abstract

Many bat species migrate seasonally in search for roosting sites or habitats with abundant food supply. Typical European migratory species are, e.g., the Noctule Bat (Nyctalus noctula), Leisler’s Bat (Nyctalus leisleri) and Nathusius’s Pipistrelle Bat (Pipistrellus nathusii). In Germany, all bat species are strictly protected by the Federal Nature Conservation Act and by several international conservation agreements. In order to implement protective measures in reasonable and effective ways, detailed knowledge of migration patterns in European bat populations is mostly crucial. In this context, the existence of potential migratory corridors or stopover habitats that are visited regularly by bats on their migratory journeys between breeding areas and hibernation areas is of particular interest. The aim of the present study was to evaluate the importance of rivers and adjacent riparian landscapes as guidelines and foraging habitats for migrating bats in the northern Alpine range. For this purpose, two mountain rivers (Inn and Salzach) were investigated by means of a phenological approach. Bat activity was recorded at the riversides using automated recording systems (batcorder) during the migratory seasons in spring and fall and during the nursery seasons in summer. The observations were compared with bat activity in ecologically similar habitats with no proximity to rivers, i.e., at lakes. In addition, bats were captured with mist nets to gather information on sex, age and reproductive status as well as to differentiate among species with similar echolocation calls. Furthermore, data on air temperature, food abundance and the availability of roosting sites were collected. The results of the present study show that the rivers Inn and Salzach do not generally serve as migratory corridors for bats. Merely for Nathusius’s Pipistrelle Bat (Pipistrellus nathusii), indications for a function of the rivers as landmarks can be observed. These findings support the hypothesis that most migratory movements of bats within the study area seem not to be confined to linear landmarks. It furthermore indicates that bats are able to locate and make use of habitats with high food abundance irrespective of their connectivity to linear landscape elements. Beyond that, riparian forests as well as towns and villages close to the rivers can serve as hibernation areas for some bat species. Most of the investigated bat species show no clear preference for a certain type of water body (i.e., rivers or lakes). However, when regarding total bat activity across all bat species, a slight preference for lakes as foraging habitats can be detected. Throughout the year, many bat species reveal a high correlation between bat activity and food abundance during the migration periods, but not during the nursery seasons in summer. This underlines the special importance of habitats with high food abundance during the migratory seasons for bats in the investigated area.