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Anwendung und Evaluation eines Targeted Selective Treatment in kommerziellen Milchziegenbetrieben
Anwendung und Evaluation eines Targeted Selective Treatment in kommerziellen Milchziegenbetrieben
Die Milchziegenhaltung in Deutschland gewinnt zunehmend an Bedeutung und viele der Betriebe mit Milchziegen betreiben Weidehaltung. Die Haltung von kleinen Wiederkäuern auf der Weide und je nach Düngemanagement auch die Grünfütterung im Stall gehen mit Infektionen mit gastrointestinalen Nematoden (GIN) einher. Um wirtschaftliche Verluste zu vermeiden, ist die Kontrolle der Parasiten essentiell. Diese wird durch das vermehrte Auftreten von Resistenzen und die Wartezeitproblematik in der Milchziegenhaltung erschwert. Ein neuer Ansatz in der Parasitenkontrolle stellt die selektive Behandlung (Targeted Selective Treatment, TST) von Tieren dar. In dieser Studie wurde ein TST-Score in zwei deutschen, kommerziellen Milch¬ziegen-betrieben erprobt. Bei den Betriebsbesuchen, die in sechswöchigen Abständen von April bis November stattfanden, wurden die ca. 360 Ziegen der Rassen Bunte Deutsche Edelziege und Weiße Deutsche Edelziege nach einem kombinierten TST-Score beurteilt. Die darin enthaltenen Parameter waren die Schleimhautfarbe am Auge (FAMACHA©-Karte: Score 1 (rot) – 5 (weiß)), die Körperkondition (Score 0 (gut/durchschnittlich genährt) – 2 (abgemagert)) und die Kotkonsistenz (Score 0 (geformt) – 3 (wässrig)). Konnte kein Kot provoziert werden, wurde die Kotkonsistenz anhand des Grades der Verschmutzung der Anogenitalregion abgeschätzt. Zusätzlich wurde die Schleimhautfarbe auch an der Scheide bestimmt, um diese als möglichen Ersatz zur Farbe der Augenschleim¬haut zu evaluieren. Zur Evaluation der Schleimhaut-Scores als Indikatoren für eine Anämie wurden an einem Betriebsbesuch Blutproben im Rahmen der CAE-Beprobung entnommen und der Hämatokrit-Wert bestimmt. Über individuelle Kotproben wurde die Entwicklung der Eiausscheidung pro Gramm Kot (EpG) über den Verlauf der Laktation beobachtet und mittels Larvenkultur und anschließendem Auswanderungsverfahren von Sammelproben das Spektrum der vorherrschenden Wurmarten zu Beginn und Ende des Versuches bestimmt. Außerdem wurden Kotproben auf Infektionen mit Leberegeln, Bandwürmern und Lungenwürmern untersucht. An allen Besuchen wurden zudem Weideproben entnommen und auf das Vorkommen von infektiösen GIN-Larven untersucht. Die Eiausscheidung stieg in beiden Herden im Verlauf der Saison an, erreichte ihren Höhepunkt im September und fiel bis zum letzten Besuch im November wieder ab. Sie war innerhalb der Herden positiv schief verteilt. Bei den Infektionen handelte es sich um ein gemischtes Wurmspektrum, das sich im Verlauf der Saison veränderte, wobei der Anteil an Haemonchus contortus zu Beginn niedriger als am Ende des Versuches war. Leberegel wurden in beiden Herden nicht nachgewiesen, dafür Infektionen mit Bandwürmern und kleinen Lungenwürmern. Bei der Betrachtung aller Tiere der Herde verbesserte sich der TST-Score im Verlauf der Saison; dabei veränderten sich vor allem die Körperkondition und bei Betrieb 2 auch die Schleimhautfarbe am Auge zum Positiven. Eine konstante, signifikante Korrelation der einzelnen Parameter bzw. des Gesamtscores mit der individuellen Eiausscheidung konnte nicht nachgewiesen werden. Die ROC-Analyse für die Schwellenwerte ≥ 500 EpG und >1000 EpG ergab, dass die Parameter nicht für die Erkennung einer hohen Eiausscheidung geeignet waren. Auch zwischen der Milchleistung und der Eiausscheidung konnte kein eindeutiger Zusammenhang festgestellt werden. Der FAMACHA©-Score am Auge korrelierte schwach mit dem Hämatokrit; dieser Zusammenhang war wie zu erwarten negativ. Die Scheidenschleimhaut korrelierte mit dem Hämatokrit nur bei einem Betrieb und dies sehr schwach; ein direkter Vergleich zwischen der Schleimhautfarbe am Auge und an der Scheide ergab, dass diese nur in etwa der Hälfte aller Fälle übereinstimmten. Daher wurde die Farbe der Scheidenschleimhaut als nicht dafür geeignet erachtet, um die Farbe der Augenschleimhaut zu ersetzen. Es wurden unter anderem folgende signifikante Zusammenhänge zwischen den übrigen untersuchten Parametern gefunden: Ein niedriger Hämatokrit-Wert hing eher mit hohen Laktationsnummern und mit mehr geborenen Lämmern zusammen; Tiere mit hohen Laktationsnummern hatten eher blassere Konjunktiven und auf einem Betrieb auch eher weicheren Kot. Die in dieser Studie untersuchten Entscheidungskriterien waren einfach und schnell anzuwenden, konnten aufgrund der schlechten Korrelation mit der Eiausscheidung in den beiden Versuchsherden jedoch als TST-Parameter nicht überzeugen. Im Hinblick auf eine effektive und nachhaltige Kontrolle von Parasiten besteht weiterhin großer Forschungs¬bedarf; geeignete TST-Systeme müssen entwickelt, evaluiert und in der Praxis getestet werden., Dairy goat farming is becoming more and more relevant in Germany. Pasture-based husbandry systems or the use of fresh forage are associated with infections with gastrointestinal nematodes (GIN). To avoid economical losses endoparasite control is essential. However, the increasing incidence of resistant nematodes and the problem with milk withdrawal times following treatment make this difficult. A new approach in the control of GIN is the targeted selective treatment (TST) of animals. The aim of this study was to test a TST-score in two commercial German dairy goat farms. The farm visits took place every six week from April to November, and around 360 goats of the breeds “Bunte Deutsche Edelziege” and “Weiße Deutsche Edelziege” were examined according to a combined TST-Score. This Score included the following parameters: colour of the conjunctiva (FAMACHA©-card: score 1 (red) – 5 (white)), body condition score (score 0 (fat/average) – 2 (emaciated) and faecal consistency (score 0 (formed) – 3 (watery)). If a rectal faecal sample could not be collected, the consistency of the faeces was estimated by the soiling of the perineal region. In addition to these parameters, the colour of the vaginal mucous membrane was evaluated to see if this could potentially replace the colour of the conjunctiva. At one visit, blood samples were taken in conjunction with the annual CAE-sampling to measure the haematocrit, which was used to evaluate the mucosal membrane-score. The individual faecal samples taken throughout the season allowed for observation of the changes in faecal egg counts (eggs per gram faeces, epg). At the beginning and end of the study pooled samples were used to identify the worm species following faecal cultures and a larval emigration assay. These samples were also examined for liver fluke, tapeworms and lungworms. At each visit, pasture samples were taken to determine the amount of infectious GIN-larvae on the pasture. The faecal egg count increased in both herds during the grazing season, reaching a peak in September. However, a decrease of epg values was observed until the last farm visit in November. The distribution of the egg excretion was positively skewed in both herds. The spectrum of GIN species was mixed and the proportion of the individual species changed over the season. The proportion of Haemonchus contortus was smaller at the beginning of the survey than at the end. There was no evidence of infections with liver fluke, however tapeworms and small lungworms were found in both herds. The average TST-Score improved over the period of the study in both herds; this was mainly due to improved body condition (both farms), and on farm two also due to improved colour scores of the conjunctiva. There was no evidence of a constant, significant correlation between any of the parameters or the total TST-Score and the individual egg excretion. The execution of a ROC-Analysis for the thresholds ≥ 500 epg and > 1000 epg showed that none of the parameters allowed a prediction of a high egg excretion. There was also no measurable correlation between the milk yield and the egg excretion. The FAMACHA©-score of the conjunctiva correlated slightly with the haematocrit; this correlation was negative as expected. A slight correlation of the colour of the vaginal mucous membrane with the egg excretion was only found on one farm. The comparison between the colour of the conjunctiva and of the vagina showed that these two parameters agreed in only about half the cases. The colour of the vaginal mucous membrane was therefore considered not suitable for replacing the colour of the conjunctiva. Amongst others, the following correlations between the remaining parameters examined were found: low haematocrit values were likely related to high numbers of lactation and to high numbers of kids; animals with high numbers of lactations tended to have paler conjunctivae and, on one farm, softer faeces. The parameters examined in this study were easy and quick to apply. Due to the inadequate correlation with egg excretion in both herds they were however not convincing as acceptable parameters for a TST approach. Further research is required to develop systems enabling the effective and sustainable control of parasites; appropriate TST-systems must be developed, evaluated and tested in practice., Englische Übersetzung des Titels: Application and evaluation of targeted selective treatment in commercial dairy goat farms
Milchziege, Magen-Darm-Strongyliden, gezielte Entwurmung, Targeted Selective Treatment, FAMACHA
Jaggy, Sissi
2016
German
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Jaggy, Sissi (2016): Anwendung und Evaluation eines Targeted Selective Treatment in kommerziellen Milchziegenbetrieben. Dissertation, LMU München: Faculty of Veterinary Medicine
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Abstract

Die Milchziegenhaltung in Deutschland gewinnt zunehmend an Bedeutung und viele der Betriebe mit Milchziegen betreiben Weidehaltung. Die Haltung von kleinen Wiederkäuern auf der Weide und je nach Düngemanagement auch die Grünfütterung im Stall gehen mit Infektionen mit gastrointestinalen Nematoden (GIN) einher. Um wirtschaftliche Verluste zu vermeiden, ist die Kontrolle der Parasiten essentiell. Diese wird durch das vermehrte Auftreten von Resistenzen und die Wartezeitproblematik in der Milchziegenhaltung erschwert. Ein neuer Ansatz in der Parasitenkontrolle stellt die selektive Behandlung (Targeted Selective Treatment, TST) von Tieren dar. In dieser Studie wurde ein TST-Score in zwei deutschen, kommerziellen Milch¬ziegen-betrieben erprobt. Bei den Betriebsbesuchen, die in sechswöchigen Abständen von April bis November stattfanden, wurden die ca. 360 Ziegen der Rassen Bunte Deutsche Edelziege und Weiße Deutsche Edelziege nach einem kombinierten TST-Score beurteilt. Die darin enthaltenen Parameter waren die Schleimhautfarbe am Auge (FAMACHA©-Karte: Score 1 (rot) – 5 (weiß)), die Körperkondition (Score 0 (gut/durchschnittlich genährt) – 2 (abgemagert)) und die Kotkonsistenz (Score 0 (geformt) – 3 (wässrig)). Konnte kein Kot provoziert werden, wurde die Kotkonsistenz anhand des Grades der Verschmutzung der Anogenitalregion abgeschätzt. Zusätzlich wurde die Schleimhautfarbe auch an der Scheide bestimmt, um diese als möglichen Ersatz zur Farbe der Augenschleim¬haut zu evaluieren. Zur Evaluation der Schleimhaut-Scores als Indikatoren für eine Anämie wurden an einem Betriebsbesuch Blutproben im Rahmen der CAE-Beprobung entnommen und der Hämatokrit-Wert bestimmt. Über individuelle Kotproben wurde die Entwicklung der Eiausscheidung pro Gramm Kot (EpG) über den Verlauf der Laktation beobachtet und mittels Larvenkultur und anschließendem Auswanderungsverfahren von Sammelproben das Spektrum der vorherrschenden Wurmarten zu Beginn und Ende des Versuches bestimmt. Außerdem wurden Kotproben auf Infektionen mit Leberegeln, Bandwürmern und Lungenwürmern untersucht. An allen Besuchen wurden zudem Weideproben entnommen und auf das Vorkommen von infektiösen GIN-Larven untersucht. Die Eiausscheidung stieg in beiden Herden im Verlauf der Saison an, erreichte ihren Höhepunkt im September und fiel bis zum letzten Besuch im November wieder ab. Sie war innerhalb der Herden positiv schief verteilt. Bei den Infektionen handelte es sich um ein gemischtes Wurmspektrum, das sich im Verlauf der Saison veränderte, wobei der Anteil an Haemonchus contortus zu Beginn niedriger als am Ende des Versuches war. Leberegel wurden in beiden Herden nicht nachgewiesen, dafür Infektionen mit Bandwürmern und kleinen Lungenwürmern. Bei der Betrachtung aller Tiere der Herde verbesserte sich der TST-Score im Verlauf der Saison; dabei veränderten sich vor allem die Körperkondition und bei Betrieb 2 auch die Schleimhautfarbe am Auge zum Positiven. Eine konstante, signifikante Korrelation der einzelnen Parameter bzw. des Gesamtscores mit der individuellen Eiausscheidung konnte nicht nachgewiesen werden. Die ROC-Analyse für die Schwellenwerte ≥ 500 EpG und >1000 EpG ergab, dass die Parameter nicht für die Erkennung einer hohen Eiausscheidung geeignet waren. Auch zwischen der Milchleistung und der Eiausscheidung konnte kein eindeutiger Zusammenhang festgestellt werden. Der FAMACHA©-Score am Auge korrelierte schwach mit dem Hämatokrit; dieser Zusammenhang war wie zu erwarten negativ. Die Scheidenschleimhaut korrelierte mit dem Hämatokrit nur bei einem Betrieb und dies sehr schwach; ein direkter Vergleich zwischen der Schleimhautfarbe am Auge und an der Scheide ergab, dass diese nur in etwa der Hälfte aller Fälle übereinstimmten. Daher wurde die Farbe der Scheidenschleimhaut als nicht dafür geeignet erachtet, um die Farbe der Augenschleimhaut zu ersetzen. Es wurden unter anderem folgende signifikante Zusammenhänge zwischen den übrigen untersuchten Parametern gefunden: Ein niedriger Hämatokrit-Wert hing eher mit hohen Laktationsnummern und mit mehr geborenen Lämmern zusammen; Tiere mit hohen Laktationsnummern hatten eher blassere Konjunktiven und auf einem Betrieb auch eher weicheren Kot. Die in dieser Studie untersuchten Entscheidungskriterien waren einfach und schnell anzuwenden, konnten aufgrund der schlechten Korrelation mit der Eiausscheidung in den beiden Versuchsherden jedoch als TST-Parameter nicht überzeugen. Im Hinblick auf eine effektive und nachhaltige Kontrolle von Parasiten besteht weiterhin großer Forschungs¬bedarf; geeignete TST-Systeme müssen entwickelt, evaluiert und in der Praxis getestet werden.

Abstract

Dairy goat farming is becoming more and more relevant in Germany. Pasture-based husbandry systems or the use of fresh forage are associated with infections with gastrointestinal nematodes (GIN). To avoid economical losses endoparasite control is essential. However, the increasing incidence of resistant nematodes and the problem with milk withdrawal times following treatment make this difficult. A new approach in the control of GIN is the targeted selective treatment (TST) of animals. The aim of this study was to test a TST-score in two commercial German dairy goat farms. The farm visits took place every six week from April to November, and around 360 goats of the breeds “Bunte Deutsche Edelziege” and “Weiße Deutsche Edelziege” were examined according to a combined TST-Score. This Score included the following parameters: colour of the conjunctiva (FAMACHA©-card: score 1 (red) – 5 (white)), body condition score (score 0 (fat/average) – 2 (emaciated) and faecal consistency (score 0 (formed) – 3 (watery)). If a rectal faecal sample could not be collected, the consistency of the faeces was estimated by the soiling of the perineal region. In addition to these parameters, the colour of the vaginal mucous membrane was evaluated to see if this could potentially replace the colour of the conjunctiva. At one visit, blood samples were taken in conjunction with the annual CAE-sampling to measure the haematocrit, which was used to evaluate the mucosal membrane-score. The individual faecal samples taken throughout the season allowed for observation of the changes in faecal egg counts (eggs per gram faeces, epg). At the beginning and end of the study pooled samples were used to identify the worm species following faecal cultures and a larval emigration assay. These samples were also examined for liver fluke, tapeworms and lungworms. At each visit, pasture samples were taken to determine the amount of infectious GIN-larvae on the pasture. The faecal egg count increased in both herds during the grazing season, reaching a peak in September. However, a decrease of epg values was observed until the last farm visit in November. The distribution of the egg excretion was positively skewed in both herds. The spectrum of GIN species was mixed and the proportion of the individual species changed over the season. The proportion of Haemonchus contortus was smaller at the beginning of the survey than at the end. There was no evidence of infections with liver fluke, however tapeworms and small lungworms were found in both herds. The average TST-Score improved over the period of the study in both herds; this was mainly due to improved body condition (both farms), and on farm two also due to improved colour scores of the conjunctiva. There was no evidence of a constant, significant correlation between any of the parameters or the total TST-Score and the individual egg excretion. The execution of a ROC-Analysis for the thresholds ≥ 500 epg and > 1000 epg showed that none of the parameters allowed a prediction of a high egg excretion. There was also no measurable correlation between the milk yield and the egg excretion. The FAMACHA©-score of the conjunctiva correlated slightly with the haematocrit; this correlation was negative as expected. A slight correlation of the colour of the vaginal mucous membrane with the egg excretion was only found on one farm. The comparison between the colour of the conjunctiva and of the vagina showed that these two parameters agreed in only about half the cases. The colour of the vaginal mucous membrane was therefore considered not suitable for replacing the colour of the conjunctiva. Amongst others, the following correlations between the remaining parameters examined were found: low haematocrit values were likely related to high numbers of lactation and to high numbers of kids; animals with high numbers of lactations tended to have paler conjunctivae and, on one farm, softer faeces. The parameters examined in this study were easy and quick to apply. Due to the inadequate correlation with egg excretion in both herds they were however not convincing as acceptable parameters for a TST approach. Further research is required to develop systems enabling the effective and sustainable control of parasites; appropriate TST-systems must be developed, evaluated and tested in practice.

Abstract

Englische Übersetzung des Titels: Application and evaluation of targeted selective treatment in commercial dairy goat farms