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Molekulare Charakterisierung von Parapockenviren mittels Gesamtgenomanalyse, Molecular characterization of parapoxviruses through whole genome analysis
Molekulare Charakterisierung von Parapockenviren mittels Gesamtgenomanalyse, Molecular characterization of parapoxviruses through whole genome analysis
Die epitheliotropen Parapockenviren sind Mitglieder der Familie Poxviridae und treten ubiquitär in der Wiederkäuerpopulation auf. Sie verursachen kontagiöse, pustulöse Haut und Schleimhautläsionen, die meist auf den Bereich des Kopfes oder des Euters beschränkt sind (Lokalinfektion). Die Erkrankung verläuft unter Ausprägung milder bis schwerwiegender Symptome und ist i. d. R. durch eine hohe Morbidität, aber geringe Mortalität gekennzeichnet. Derzeit existieren vier in das Genus eingeordnete Virusspezies: ORFV (Schaf und Ziege), PCPV und BPSV (Rind), sowie PVNZ (neuseeländisches Rotwild). Mit Ausnahme von PVNZ konnte eine Übertragung aller Parapockenviren auf den Menschen nachgewiesen werden (Zoonoseerreger). Die Infektion des Menschen führt zum Auftreten lokal begrenzter Hautläsionen, die historisch bedingt als „Melkerknoten“ bezeichnet werden. Nach erfolgter Parapocken Diagnose werden Humaninfektionen unter Vernachlässigung der virusübertragenden Wirtstierspezies meist lapidar als erworbene Tierpocken oder pauschal als PCPV bezeichnet. In der vorliegenden Arbeit wurde eine einzigartige Kollektion von 21 historischen und aktuellen Parapockenvirus Zellkultur Isolaten von Mensch und Tier (sowie zwei Parapockenvirus DNA Proben aus Schottland) untersucht. Dabei kamen zwei selbstentwickelte diskriminierende PCR Protokolle zur Anwendung, die einen sicheren Nachweis der Parapockenviren erlauben. Die phylogenetische Analyse der DNA Fragmente aus den PCR Ergebnissen ermöglicht die Zuordnung zu einer der etablierten Virusspezies sowie die Rückverfolgung humaner Parapockenvirus Isolate zum animalen Ursprungswirt. Überdies wurden die DNA Genome dreier Virusisolate mittels NGS sequenziert. Um genomische Veränderungen durch in vitro Einflüsse auszuschließen, wurde die Anzahl der Zellkulturpassagen strikt niedrig gehalten. Die sequenzierten Virusgenome offenbarten Parapockenvirus typische Eigenschaften: eine Größe von rund 140 kbp, einen hohen GC Gehalt von 64-65 %, das Vorhandensein eines Sets aus 88 Genen, die innerhalb der Subfamilie Chordopoxvirinae konserviert sind, sowie weiterer 12 Parapockenvirus spezifischer Gene. Die vergleichende Analyse der Genomsequenzen eines korrespondierenden ORFV Paares von Schaf (B015) und Mensch (B029) konnte zeigen, dass das Virus auch nach einer Übertragung auf eine neue Wirtsspezies seine genetische Integrität zu nahezu 100 % bewahrt. Das Auftreten der Parapockenvirusspezies PVNZ war lange Zeit auf Neuseeland beschränkt, obgleich eine weitere Verbreitung, insbesondere auch in Europa, für wahrscheinlich gehalten wurde. Im Rahmen eines Monitorings wurden 1764 Tonsillentupfer von Rotwild im bayerischen Alpenraum untersucht. In 14 (0,79 %) wurde die Präsenz von Parapockenvirus DNA mit einer real time PCR nachgewiesen. Aus einer Probe konnte erfolgreich ein Virus (HL953) in Zellkultur isoliert und seine DNA anschließend sequenziert werden, was in der ersten (nahezu) vollständigen Genomsequenz eines Parapockenvirus vom Rotwild resultierte. Tests auf klassische biologische Eigenschaften sowie die eingehende molekulare Charakterisierung des Virus mit phylogenetischer Analyse anhand von 125 Genen, ermöglichten seine Identifizierung als Vertreter einer eigenen Parapockenvirusspezies beim Rotwild in nächster Verwandtschaftsbeziehung zu PVNZ. Auffälligerweise war ca. ein Viertel aller HL953 ORFs größer als die entsprechenden ORFs in den verwendeten Parapockenvirus Referenzgenomen. Das Fehlen klinischer Symptome beim infizierten Rotwild deutet darauf hin, dass es persistierende, asymptomatische Infektionsverläufe gibt. Hieraus ergibt sich eine weitere potentielle Infektionsquelle für empfängliche Nutztiere und den Menschen., The epitheliotropic parapoxviruses belong to the family Poxviridae and are found ubiquitously among ruminants. They cause contagious pustular skin and mucosa lesions that are generally localized at the head or udder. The disease exhibits mild to severe symptoms and is normally characterized by a high morbidity but low mortality. Currently the genus consists of four classified virus species: ORFV (sheep and goat), PCPV and BPSV (cattle) and PVNZ (red deer from New Zealand). The transmission to humans has been proven for all parapoxviruses (zoonotic agent), except for PVNZ. In humans the infection causes circumscribed skin lesions, historically referred to as „milker’s nodules”. When PPV diagnosis is made, human infections are mostly oversimplified as acquired animal pox or PCPV, disregarding the animal origin of virus transmission. In the present work a unique collection of 21 historic and recent human and animal PPV cell culture isolates (and two DNA samples from Scotland) was investigated. Two different discriminating PCR protocols were developed, to assure PPV detection. Phylogenetic analysis of the DNA fragments from PCR results allowed for the affiliation of the virus isolates to one of the established virus species as well as tracing back the human PPV isolates to the animal host of origin. Moreover the DNA genome of three virus isolates was sequenced by NGS. To avoid genomic changes by in vitro influences cell culture passages were strictly kept at low numbers. The generated virus genome sequences revealed typical features of PPVs: a size of about 140 kbp, a high G+C content of 64-65 % and the presence of a set of 88 genes, which are conserved within the subfamily Chordopoxvirinae as well as 12 additional genes that are known to be PPV specific. Comparative analysis of the genome sequences of a corresponding ORFV pair from a sheep (B015) and a contact person (B029) demonstrated that the virus preserves its genomic integrity at almost 100 % even after the transmission to a new host species. The presence of the PPV species PVNZ has long been restricted to New Zealand, albeit a more widespread occurrence in other countries, especially in Europe, was assumed. In the context of a monitoring program 1764 tonsil swabs of red deer in the Bavarian Alps were examined for the presence of PPV specific DNA using a real time PCR. Fourteen samples (0.79 %) tested positive for PPV DNA. From one sample, a virus (HL953) was successfully isolated in cell culture. Subsequently the viral DNA was sequenced and yielded the first (nearly) complete genome sequence of a PPV of red deer. In addition to classical biological features, detailed molecular characterization of the virus, including a phylogenetic analysis based on 125 genes, allowed for its classification as a member of a separate PPV species in red deer in close relation to PVNZ. Strikingly, about a quarter of all HL953 ORFs were found to be larger than the corresponding ORFs in the reference PPV genome sequences used for comparison. The absence of clinical symptoms in infected red deer indicates the asymptomatic persistence of the virus, creating another potential source of virus transmission to susceptible livestock and humans.
Parapockenviren, Gesamtgenomanalyse
Friederichs, Schirin
2015
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Friederichs, Schirin (2015): Molekulare Charakterisierung von Parapockenviren mittels Gesamtgenomanalyse, Molecular characterization of parapoxviruses through whole genome analysis. Dissertation, LMU München: Tierärztliche Fakultät
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Abstract

Die epitheliotropen Parapockenviren sind Mitglieder der Familie Poxviridae und treten ubiquitär in der Wiederkäuerpopulation auf. Sie verursachen kontagiöse, pustulöse Haut und Schleimhautläsionen, die meist auf den Bereich des Kopfes oder des Euters beschränkt sind (Lokalinfektion). Die Erkrankung verläuft unter Ausprägung milder bis schwerwiegender Symptome und ist i. d. R. durch eine hohe Morbidität, aber geringe Mortalität gekennzeichnet. Derzeit existieren vier in das Genus eingeordnete Virusspezies: ORFV (Schaf und Ziege), PCPV und BPSV (Rind), sowie PVNZ (neuseeländisches Rotwild). Mit Ausnahme von PVNZ konnte eine Übertragung aller Parapockenviren auf den Menschen nachgewiesen werden (Zoonoseerreger). Die Infektion des Menschen führt zum Auftreten lokal begrenzter Hautläsionen, die historisch bedingt als „Melkerknoten“ bezeichnet werden. Nach erfolgter Parapocken Diagnose werden Humaninfektionen unter Vernachlässigung der virusübertragenden Wirtstierspezies meist lapidar als erworbene Tierpocken oder pauschal als PCPV bezeichnet. In der vorliegenden Arbeit wurde eine einzigartige Kollektion von 21 historischen und aktuellen Parapockenvirus Zellkultur Isolaten von Mensch und Tier (sowie zwei Parapockenvirus DNA Proben aus Schottland) untersucht. Dabei kamen zwei selbstentwickelte diskriminierende PCR Protokolle zur Anwendung, die einen sicheren Nachweis der Parapockenviren erlauben. Die phylogenetische Analyse der DNA Fragmente aus den PCR Ergebnissen ermöglicht die Zuordnung zu einer der etablierten Virusspezies sowie die Rückverfolgung humaner Parapockenvirus Isolate zum animalen Ursprungswirt. Überdies wurden die DNA Genome dreier Virusisolate mittels NGS sequenziert. Um genomische Veränderungen durch in vitro Einflüsse auszuschließen, wurde die Anzahl der Zellkulturpassagen strikt niedrig gehalten. Die sequenzierten Virusgenome offenbarten Parapockenvirus typische Eigenschaften: eine Größe von rund 140 kbp, einen hohen GC Gehalt von 64-65 %, das Vorhandensein eines Sets aus 88 Genen, die innerhalb der Subfamilie Chordopoxvirinae konserviert sind, sowie weiterer 12 Parapockenvirus spezifischer Gene. Die vergleichende Analyse der Genomsequenzen eines korrespondierenden ORFV Paares von Schaf (B015) und Mensch (B029) konnte zeigen, dass das Virus auch nach einer Übertragung auf eine neue Wirtsspezies seine genetische Integrität zu nahezu 100 % bewahrt. Das Auftreten der Parapockenvirusspezies PVNZ war lange Zeit auf Neuseeland beschränkt, obgleich eine weitere Verbreitung, insbesondere auch in Europa, für wahrscheinlich gehalten wurde. Im Rahmen eines Monitorings wurden 1764 Tonsillentupfer von Rotwild im bayerischen Alpenraum untersucht. In 14 (0,79 %) wurde die Präsenz von Parapockenvirus DNA mit einer real time PCR nachgewiesen. Aus einer Probe konnte erfolgreich ein Virus (HL953) in Zellkultur isoliert und seine DNA anschließend sequenziert werden, was in der ersten (nahezu) vollständigen Genomsequenz eines Parapockenvirus vom Rotwild resultierte. Tests auf klassische biologische Eigenschaften sowie die eingehende molekulare Charakterisierung des Virus mit phylogenetischer Analyse anhand von 125 Genen, ermöglichten seine Identifizierung als Vertreter einer eigenen Parapockenvirusspezies beim Rotwild in nächster Verwandtschaftsbeziehung zu PVNZ. Auffälligerweise war ca. ein Viertel aller HL953 ORFs größer als die entsprechenden ORFs in den verwendeten Parapockenvirus Referenzgenomen. Das Fehlen klinischer Symptome beim infizierten Rotwild deutet darauf hin, dass es persistierende, asymptomatische Infektionsverläufe gibt. Hieraus ergibt sich eine weitere potentielle Infektionsquelle für empfängliche Nutztiere und den Menschen.

Abstract

The epitheliotropic parapoxviruses belong to the family Poxviridae and are found ubiquitously among ruminants. They cause contagious pustular skin and mucosa lesions that are generally localized at the head or udder. The disease exhibits mild to severe symptoms and is normally characterized by a high morbidity but low mortality. Currently the genus consists of four classified virus species: ORFV (sheep and goat), PCPV and BPSV (cattle) and PVNZ (red deer from New Zealand). The transmission to humans has been proven for all parapoxviruses (zoonotic agent), except for PVNZ. In humans the infection causes circumscribed skin lesions, historically referred to as „milker’s nodules”. When PPV diagnosis is made, human infections are mostly oversimplified as acquired animal pox or PCPV, disregarding the animal origin of virus transmission. In the present work a unique collection of 21 historic and recent human and animal PPV cell culture isolates (and two DNA samples from Scotland) was investigated. Two different discriminating PCR protocols were developed, to assure PPV detection. Phylogenetic analysis of the DNA fragments from PCR results allowed for the affiliation of the virus isolates to one of the established virus species as well as tracing back the human PPV isolates to the animal host of origin. Moreover the DNA genome of three virus isolates was sequenced by NGS. To avoid genomic changes by in vitro influences cell culture passages were strictly kept at low numbers. The generated virus genome sequences revealed typical features of PPVs: a size of about 140 kbp, a high G+C content of 64-65 % and the presence of a set of 88 genes, which are conserved within the subfamily Chordopoxvirinae as well as 12 additional genes that are known to be PPV specific. Comparative analysis of the genome sequences of a corresponding ORFV pair from a sheep (B015) and a contact person (B029) demonstrated that the virus preserves its genomic integrity at almost 100 % even after the transmission to a new host species. The presence of the PPV species PVNZ has long been restricted to New Zealand, albeit a more widespread occurrence in other countries, especially in Europe, was assumed. In the context of a monitoring program 1764 tonsil swabs of red deer in the Bavarian Alps were examined for the presence of PPV specific DNA using a real time PCR. Fourteen samples (0.79 %) tested positive for PPV DNA. From one sample, a virus (HL953) was successfully isolated in cell culture. Subsequently the viral DNA was sequenced and yielded the first (nearly) complete genome sequence of a PPV of red deer. In addition to classical biological features, detailed molecular characterization of the virus, including a phylogenetic analysis based on 125 genes, allowed for its classification as a member of a separate PPV species in red deer in close relation to PVNZ. Strikingly, about a quarter of all HL953 ORFs were found to be larger than the corresponding ORFs in the reference PPV genome sequences used for comparison. The absence of clinical symptoms in infected red deer indicates the asymptomatic persistence of the virus, creating another potential source of virus transmission to susceptible livestock and humans.