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Untersuchungen zur zellulären Seneszenz Cathepsin X-defizienter Zellen
Untersuchungen zur zellulären Seneszenz Cathepsin X-defizienter Zellen
Die Cathepsine bilden eine Gruppe innerhalb der Cysteinproteasen, die primär an der allgemeinen Proteindegradation innerhalb der Lysosomen beteiligt ist. Daneben übernehmen sie jedoch auch zusätzliche wichtige und spezifische Funktionen im Extrazellulärraum sowie in weiteren Bereichen innerhalb der Zelle, wo sie an den unterschiedlichsten physiologischen und pathologischen Prozessen beteiligt sind. Cathepsin X ist ein bislang nur unzureichend untersuchter Vertreter der lysosomalen Cysteinproteasen. Man findet in verschiedenen Tumorarten eine Überexpression dieser Pro¬tease. Über Ursachen und Wirkung dieser erhöhten Cathepsin X-Expression war zu Beginn dieser Arbeit nur sehr wenig bekannt. Hinweise auf eine Beteiligung dieser Protease an Tumorerkran¬kungen liefern im Tiermodell gewonnene Daten, wonach sich ein Fehlen von Cathepsin X negativ auf die Tumorprogression auswirkt. Weiterhin belegen zahlreiche in-vitro- Studien anhand von Transwell-Experimenten eine verminderte Invasion von humanen Tumorzel¬len unter Cathepsin X-Defizienz. Ziel dieser Promotionsarbeit war es, diesem Aspekt weiter nachzugehen und aufzuklären, über welche Mechanismen Cathepsin X die für Tumor¬erkrankungen entscheiden¬den zellulären Eigenschaften wie Zellproliferation bzw. invasion beeinflussen kann. Wir stellten die Hypothese auf, dass die gehemmte Invasion Cathepsin X-defizienter Tumorzel¬len möglicherweise auf Vorgänge zurückzuführen ist, die unter anderem zelluläre Seneszenz induzieren. Zelluläre Seneszenz ist ein Tumor¬suppressor¬mecha¬nis¬mus, dessen vorrangige Auf-gabe es ist, DNA-geschädigte Zellen in einen Wachstumsstopp zu überführen und somit deren Ausbreitung zu verhindern. Um zu klären, ob die zuvor beschriebenen pro-kanzerogenen Effekte von Cathepsin X auch auf physiologische Zellen zutreffen und um die zelluläre Seneszenz bei Cathepsin X-Defizienz zu untersuchen, verwendeten wir Fibroblasten zweierlei Ursprungs: neonatale normale humane dermale Fibroblasten (NHDF), deren Cathepsin X-Expression durch einen siRNA-vermittelten Knockdown unterdrückt wurde sowie murine embryonale Fibroblasten (MEF) aus Cathepsin X-/--Mäusen. Zusätzlich analysierten wir Prostatakarzinomzellen (PC-3, LNCaP), die, ebenso wie die humanen Fibroblasten, mit Cathepsin X-siRNAs behandelt wurden. Die Analysen der Cathepsin X-defizienten Zellen bestätigten unsere Hypothese einer beschleunigten zellulären Seneszenz. Neben der Ausbildung eines abgeflachten Phänotyps und der Zunahme des Zelldurchmessers konnten wir eine erhöhte Aktivität der Seneszenz-assoziierten -Galaktosidase nachweisen. Zudem konnte eine verstärkte Expression weiterer für die Seneszenz charakteristische Gene sowie ein partieller Zellzyklusarrest in G1 gezeigt werden. Im Rahmen der Untersuchungen zu den zugrunde liegenden Mechanismen der durch Cathepsin X-Defizienz ausgelösten Seneszenz wurden auch Auswirkungen auf die Autophagie festgestellt. So führte der Verlust der Protease zu verkleinerten LC3B-positiven Autophagosomen und einer Anreicherung saurer Vesikel innerhalb der Zellen. Insgesamt handelt es sich hierbei jedoch um sehr dezente Unterschiede. Sehr viel deutlichere Differenzen traten dagegen bei der Untersuchung des insulin-like growth factor (IGF)-Systems zutage. Ein Knockdown von Cathepsin X in Prostatakarzinomzellen wirkte sich wesentlich auf den IGF-I-Rezeptor (IGF-IR) aus. Während die IGF-IR-Expression zwar erhöht war, ermittelten wir eine starke Verminderung der Rezeptorphosphorylierung als Antwort auf eine Stimulation mit IGF-I. Zudem konnten Immun¬fluoreszenz-Aufnahmen belegen, dass die in Kontrollzellen deutlich erkennbare Aktivierung der focal adhesion kinase (FAK) durch den IGF-I-Rezeptor in Cathepsin X-defizienten Zellen trotz IGF-I-Zugabe ausblieb. Im Gegensatz dazu ergab eine Stimulation der Zellen mit IGF-II keine markanten Abweichungen zwischen Cathepsin X-siRNA-behandelten Zellen und den Kontroll¬zellen. Das IGF-System ist ein wesentlicher Regulator des downstream gelegenen mitogen-activated protein kinase (MAPK)-Signalwegs, bei dem wir ebenfalls eine differentielle Aktivierung nachweisen konnten. So war die Phosphorylierung der extracellular signal-regulated kinase (ERK) stark vermindert. Im Gegenzug war die Aktivierung der c-Jun N-terminal kinase (JNK) bei Cathepsin X-defizienten Zellen erhöht. Zusammenfassend liefern die Ergebnisse dieser Arbeit zum ersten Mal einen Hinweis, auf welche Weise Cathepsin X die Tumorprogression begünstigen kann. Wir konnten mit unseren Experimenten zeigen, dass in Cathepsin X-defizienten Zellen eine beschleunigte zelluläre Seneszenz stattfindet. Im Umkehrschluss kann man nun die Hypothese aufstellen, dass Seneszenzmechanismen durch eine Cathepsin X-Überexpression umgangen werden können. Dabei ist es gut denkbar, dass dies nicht ausschließlich auf Cathepsin X zutrifft, sondern auch auf weitere Cathepsin-Vertreter, die ebenfalls in großen Mengen von Tumoren exprimiert werden. Mögliche Kandidaten sind beispielsweise Cathepsin B oder Cathepsin L. Dieses Wissen ist im Hinblick auf neue Therapieansätze höchst interessant, da die zelluläre Seneszenz als möglicher Angriffsunkt zur Tumorbekämpfung zunehmende Beachtung erfährt.
Protease, Seneszenz, Proliferation, Fibroblast
Kraus, Steffen
2014
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Kraus, Steffen (2014): Untersuchungen zur zellulären Seneszenz Cathepsin X-defizienter Zellen. Dissertation, LMU München: Fakultät für Chemie und Pharmazie
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Abstract

Die Cathepsine bilden eine Gruppe innerhalb der Cysteinproteasen, die primär an der allgemeinen Proteindegradation innerhalb der Lysosomen beteiligt ist. Daneben übernehmen sie jedoch auch zusätzliche wichtige und spezifische Funktionen im Extrazellulärraum sowie in weiteren Bereichen innerhalb der Zelle, wo sie an den unterschiedlichsten physiologischen und pathologischen Prozessen beteiligt sind. Cathepsin X ist ein bislang nur unzureichend untersuchter Vertreter der lysosomalen Cysteinproteasen. Man findet in verschiedenen Tumorarten eine Überexpression dieser Pro¬tease. Über Ursachen und Wirkung dieser erhöhten Cathepsin X-Expression war zu Beginn dieser Arbeit nur sehr wenig bekannt. Hinweise auf eine Beteiligung dieser Protease an Tumorerkran¬kungen liefern im Tiermodell gewonnene Daten, wonach sich ein Fehlen von Cathepsin X negativ auf die Tumorprogression auswirkt. Weiterhin belegen zahlreiche in-vitro- Studien anhand von Transwell-Experimenten eine verminderte Invasion von humanen Tumorzel¬len unter Cathepsin X-Defizienz. Ziel dieser Promotionsarbeit war es, diesem Aspekt weiter nachzugehen und aufzuklären, über welche Mechanismen Cathepsin X die für Tumor¬erkrankungen entscheiden¬den zellulären Eigenschaften wie Zellproliferation bzw. invasion beeinflussen kann. Wir stellten die Hypothese auf, dass die gehemmte Invasion Cathepsin X-defizienter Tumorzel¬len möglicherweise auf Vorgänge zurückzuführen ist, die unter anderem zelluläre Seneszenz induzieren. Zelluläre Seneszenz ist ein Tumor¬suppressor¬mecha¬nis¬mus, dessen vorrangige Auf-gabe es ist, DNA-geschädigte Zellen in einen Wachstumsstopp zu überführen und somit deren Ausbreitung zu verhindern. Um zu klären, ob die zuvor beschriebenen pro-kanzerogenen Effekte von Cathepsin X auch auf physiologische Zellen zutreffen und um die zelluläre Seneszenz bei Cathepsin X-Defizienz zu untersuchen, verwendeten wir Fibroblasten zweierlei Ursprungs: neonatale normale humane dermale Fibroblasten (NHDF), deren Cathepsin X-Expression durch einen siRNA-vermittelten Knockdown unterdrückt wurde sowie murine embryonale Fibroblasten (MEF) aus Cathepsin X-/--Mäusen. Zusätzlich analysierten wir Prostatakarzinomzellen (PC-3, LNCaP), die, ebenso wie die humanen Fibroblasten, mit Cathepsin X-siRNAs behandelt wurden. Die Analysen der Cathepsin X-defizienten Zellen bestätigten unsere Hypothese einer beschleunigten zellulären Seneszenz. Neben der Ausbildung eines abgeflachten Phänotyps und der Zunahme des Zelldurchmessers konnten wir eine erhöhte Aktivität der Seneszenz-assoziierten -Galaktosidase nachweisen. Zudem konnte eine verstärkte Expression weiterer für die Seneszenz charakteristische Gene sowie ein partieller Zellzyklusarrest in G1 gezeigt werden. Im Rahmen der Untersuchungen zu den zugrunde liegenden Mechanismen der durch Cathepsin X-Defizienz ausgelösten Seneszenz wurden auch Auswirkungen auf die Autophagie festgestellt. So führte der Verlust der Protease zu verkleinerten LC3B-positiven Autophagosomen und einer Anreicherung saurer Vesikel innerhalb der Zellen. Insgesamt handelt es sich hierbei jedoch um sehr dezente Unterschiede. Sehr viel deutlichere Differenzen traten dagegen bei der Untersuchung des insulin-like growth factor (IGF)-Systems zutage. Ein Knockdown von Cathepsin X in Prostatakarzinomzellen wirkte sich wesentlich auf den IGF-I-Rezeptor (IGF-IR) aus. Während die IGF-IR-Expression zwar erhöht war, ermittelten wir eine starke Verminderung der Rezeptorphosphorylierung als Antwort auf eine Stimulation mit IGF-I. Zudem konnten Immun¬fluoreszenz-Aufnahmen belegen, dass die in Kontrollzellen deutlich erkennbare Aktivierung der focal adhesion kinase (FAK) durch den IGF-I-Rezeptor in Cathepsin X-defizienten Zellen trotz IGF-I-Zugabe ausblieb. Im Gegensatz dazu ergab eine Stimulation der Zellen mit IGF-II keine markanten Abweichungen zwischen Cathepsin X-siRNA-behandelten Zellen und den Kontroll¬zellen. Das IGF-System ist ein wesentlicher Regulator des downstream gelegenen mitogen-activated protein kinase (MAPK)-Signalwegs, bei dem wir ebenfalls eine differentielle Aktivierung nachweisen konnten. So war die Phosphorylierung der extracellular signal-regulated kinase (ERK) stark vermindert. Im Gegenzug war die Aktivierung der c-Jun N-terminal kinase (JNK) bei Cathepsin X-defizienten Zellen erhöht. Zusammenfassend liefern die Ergebnisse dieser Arbeit zum ersten Mal einen Hinweis, auf welche Weise Cathepsin X die Tumorprogression begünstigen kann. Wir konnten mit unseren Experimenten zeigen, dass in Cathepsin X-defizienten Zellen eine beschleunigte zelluläre Seneszenz stattfindet. Im Umkehrschluss kann man nun die Hypothese aufstellen, dass Seneszenzmechanismen durch eine Cathepsin X-Überexpression umgangen werden können. Dabei ist es gut denkbar, dass dies nicht ausschließlich auf Cathepsin X zutrifft, sondern auch auf weitere Cathepsin-Vertreter, die ebenfalls in großen Mengen von Tumoren exprimiert werden. Mögliche Kandidaten sind beispielsweise Cathepsin B oder Cathepsin L. Dieses Wissen ist im Hinblick auf neue Therapieansätze höchst interessant, da die zelluläre Seneszenz als möglicher Angriffsunkt zur Tumorbekämpfung zunehmende Beachtung erfährt.