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Bovine neonatale Panzytopenie. Laborexperimentelle Untersuchungen im Rahmen der Ursachenforschung
Bovine neonatale Panzytopenie. Laborexperimentelle Untersuchungen im Rahmen der Ursachenforschung
Die bovine neonatale Panzytopenie (BNP) ist ein seit 2006 auftretendes Krankheitsbild mit hoher Mortalität, bei dem neugeborene Kälber an einer hämorrhagischen Diathese aufgrund einer Panmyelophthise erkranken. Vielfältige mikrobiologisch-diagnostische Untersuchungen ergaben, wie bei anderen Arbeitsgruppen auch, keinen Hinweis auf ein infektiöses Geschehen in Zusammenhang mit BNP. IgG wurde, neben anderen Proteinen, aus Kolostrumproben von BNP- und Kontrollmüttern gereinigt, identifiziert und quantifiziert. In anschließenden Versuchen konnte eine signifikant höhere Bindung von IgG aus BNP-Kolostrum (IgGBNP) im Vergleich zu IgG aus Kontrollkolostrum (IgGKontr) an die peripheren Leukozyten genetisch nicht verwandter, junger Kälber nachgewiesen werden. Dabei war eine Bindung sowohl an Granulozyten, als auch an die peripheren mononukleären Blutzellen (PBMC) nachweisbar, wobei die Bindung an die PBMC-Population signifikant höher war. Zudem wurde eine signifikante Bindung von IgGBNP an die bovinen Zelllinien MDBK und BK-KL3A nachgewiesen. Eine Bindung an die porzine Zelllinie PK15 war nicht festzustellen. Die mögliche Toxizität von kolostralen Proteinen und von Serumproben, die von durch BNP betroffenen Kälbern und den Mutterkühen gewonnen wurden, wurde in verschiedenen Ansätzen mit oder ohne Komplementzusatz mit peripheren Leukozyten gesunder Kälber getestet. Es war weder ein Einfluss auf die Zellvitalität, noch ein Unterschied zwischen BNP- und Kontrollproben festzustellen. Da ein Zusammenhang von BNP mit dem, mittlerweile vom europäischen Markt genommenen, Impfstoff PregSure-BVD® (Pfizer) gegen die bovine Virusdiarrhö diskutiert wird, wurden Versuche zur Reduktion der Bindung von IgGBNP an die Leukozyten neugeborener Kälber mit Viruszellkulturernten verschiedener Pestiviren und den dazugehörigen Zellüberständen durchgeführt. Eine Vorinkubation von IgGBNP mit Zellkulturernten des, in MDBK-Zellen vermehrten, bovinen Virusdiarrhövirus (BVDV) und des, ebenfalls in MDBK-Zellen vermehrten, Border Disease Virus (BDV) ergab eine signifikante Reduktion der Bindung an die Leukozyten im Vergleich zu den Kontrollen. Interessanterweise war nach Vorinkubation mit Viruszellkulturernte des, in PK15-Zellen vermehrten, verwandten Pestivirus der europäischen Schweinepest (ESPV) keine Reduktion nachweisbar. Sowohl bei den Bindungstests, als auch bei den Reduktionsversuchen war es auffällig, dass dieselben IgGBNP-Proben unter gleichen Bedingungen in unterschiedlich starkem Ausmaß an die Leukozyten verschiedener Spenderkälber gebunden haben. Dies würde die bereits von anderen Arbeitsgruppen vorgeschlagene genetische Prädisposition in Zusammenhang mit der Entwicklung von BNP unterstützen. Erste Versuche zur Charakterisierung der/des Liganden der kolostralen Antikörper durch Versuche zur Reduktion der Bindung durch Vorbehandlung von MDBK-Zellen mit MHC-Klasse I-reaktiven, monoklonalen Antikörpern erbrachten keine eindeutigen Ergebnisse. Die Ergebnisse sprechen für einen oder mehrere wiederkäuerspezifische Zellliganden von IgGBNP, die entweder mit den Pestiviren BVDV und BDV assoziiert sind oder aber, hinsichtlich der Bindung an MDBK- und BK-KL3A-Zellen, auch mit Zellfragmenten aus der Produzentenzelllinie des Impfvirus in Verbindung stehen. Ein Zusammenhang mit dem Einsatz des BVDV-Impfstoffes PregSure-BVD® (Pfizer) erscheint möglich, da Impfstoffkomponenten die Bildung der leukozytenreaktiven IgG-Alloantikörper verursacht haben könnten. Ergänzend könnte eine genetische Prädisposition eine wichtige Rolle in der Entwicklung von BNP spielen., Bovine neonatal pancytopenia (BNP) is a newly emerging disease that has been occurring since 2006 in neonatal calves showing dramatic and mostly lethal hemorrhagic diathesis due to panmyelophthisis. As found by other research groups, broad spectrum microbial diagnostics did not reveal an infectious process linked to BNP. Among other proteins, IgG was purified and identified from colostrum samples of BNP and control dams and additionally quantified. In subsequent experiments a significantly higher binding of IgG from BNP colostrum (IgGBNP) compared to IgG from control colostrum (IgGKontr) to the peripheral blood leukocytes of non related young calves was detected. Thereby a binding to both the granulocytes and the peripheral blood mononuclear cells (PBMC) could be demonstrated, whereas the binding to the PBMC population was significantly higher. Furthermore, a significant IgG reaction with the bovine cell lines BK-KL3A and MDBK was found. No binding occurred to the porcine cell line PK15. Possible toxicity of colostral proteins and serum samples from BNP affected calves and dams was tested in several approaches with or without addition of complement with peripheral blood leukocytes of healthy donor calves. The experiments showed no influence on cell vitality and no differences between BNP-and control samples. Since there is evidence that BNP might be linked to the use of the PregSure-BVD® vaccine (Pfizer) for prevention of bovine virus diarrhea virus (BVDV), IgG pre-incubation experiments were carried out with cell culture harvests of different pestiviruses and non infected cell culture supernatants. A significant reduction of binding of IgGBNP to the leukocytes of newborn calves was confirmed by pre-incubation of IgGBNP with crude cell culture harvests of bovine viral diarrhea virus (BVDV) and border disease virus (BDV), both multiplied in MDBK cells, when compared to the controls. Interestingly, pre-incubation with a crude cell culture harvest of the related European swine fever virus (ESPV), multiplied in PK15 cells, revealed no reduction. It was noticeable in both the binding assays and in the reduction experiments that the same IgGBNP samples bound in varying degrees to the leukocytes of different donor calves under standardized conditions. This observation supports the possible link of BNP to a genetic predisposition suggested by other research groups. First attempts to characterize the binding reduction by a pretreatment of MDBK cells with MHC-class I reactive monoclonal antibodies did not provide clear results. So far, the results allude to one or more ruminant cell surface ligands of IgGBNP, which are possibly linked to either ruminant pestivirus (BVDV and BDV) components or, regarding the binding to MDBK and BK-KL3A cells, to cell debris in the virus harvest used in the vaccine. The generation of the IgG alloantibodies and the application of the BVDV vaccine PregSure-BVD® (Pfizer) seem to be linked as vaccine components could have induced the alloantibodies. Additionally, a genetic predisposition could play an important role in the development of BNP.
Bovine neonatale Panzytopenie, Panzytopenie
Schumann, Daniela
2011
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Schumann, Daniela (2011): Bovine neonatale Panzytopenie: Laborexperimentelle Untersuchungen im Rahmen der Ursachenforschung. Dissertation, LMU München: Tierärztliche Fakultät
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Abstract

Die bovine neonatale Panzytopenie (BNP) ist ein seit 2006 auftretendes Krankheitsbild mit hoher Mortalität, bei dem neugeborene Kälber an einer hämorrhagischen Diathese aufgrund einer Panmyelophthise erkranken. Vielfältige mikrobiologisch-diagnostische Untersuchungen ergaben, wie bei anderen Arbeitsgruppen auch, keinen Hinweis auf ein infektiöses Geschehen in Zusammenhang mit BNP. IgG wurde, neben anderen Proteinen, aus Kolostrumproben von BNP- und Kontrollmüttern gereinigt, identifiziert und quantifiziert. In anschließenden Versuchen konnte eine signifikant höhere Bindung von IgG aus BNP-Kolostrum (IgGBNP) im Vergleich zu IgG aus Kontrollkolostrum (IgGKontr) an die peripheren Leukozyten genetisch nicht verwandter, junger Kälber nachgewiesen werden. Dabei war eine Bindung sowohl an Granulozyten, als auch an die peripheren mononukleären Blutzellen (PBMC) nachweisbar, wobei die Bindung an die PBMC-Population signifikant höher war. Zudem wurde eine signifikante Bindung von IgGBNP an die bovinen Zelllinien MDBK und BK-KL3A nachgewiesen. Eine Bindung an die porzine Zelllinie PK15 war nicht festzustellen. Die mögliche Toxizität von kolostralen Proteinen und von Serumproben, die von durch BNP betroffenen Kälbern und den Mutterkühen gewonnen wurden, wurde in verschiedenen Ansätzen mit oder ohne Komplementzusatz mit peripheren Leukozyten gesunder Kälber getestet. Es war weder ein Einfluss auf die Zellvitalität, noch ein Unterschied zwischen BNP- und Kontrollproben festzustellen. Da ein Zusammenhang von BNP mit dem, mittlerweile vom europäischen Markt genommenen, Impfstoff PregSure-BVD® (Pfizer) gegen die bovine Virusdiarrhö diskutiert wird, wurden Versuche zur Reduktion der Bindung von IgGBNP an die Leukozyten neugeborener Kälber mit Viruszellkulturernten verschiedener Pestiviren und den dazugehörigen Zellüberständen durchgeführt. Eine Vorinkubation von IgGBNP mit Zellkulturernten des, in MDBK-Zellen vermehrten, bovinen Virusdiarrhövirus (BVDV) und des, ebenfalls in MDBK-Zellen vermehrten, Border Disease Virus (BDV) ergab eine signifikante Reduktion der Bindung an die Leukozyten im Vergleich zu den Kontrollen. Interessanterweise war nach Vorinkubation mit Viruszellkulturernte des, in PK15-Zellen vermehrten, verwandten Pestivirus der europäischen Schweinepest (ESPV) keine Reduktion nachweisbar. Sowohl bei den Bindungstests, als auch bei den Reduktionsversuchen war es auffällig, dass dieselben IgGBNP-Proben unter gleichen Bedingungen in unterschiedlich starkem Ausmaß an die Leukozyten verschiedener Spenderkälber gebunden haben. Dies würde die bereits von anderen Arbeitsgruppen vorgeschlagene genetische Prädisposition in Zusammenhang mit der Entwicklung von BNP unterstützen. Erste Versuche zur Charakterisierung der/des Liganden der kolostralen Antikörper durch Versuche zur Reduktion der Bindung durch Vorbehandlung von MDBK-Zellen mit MHC-Klasse I-reaktiven, monoklonalen Antikörpern erbrachten keine eindeutigen Ergebnisse. Die Ergebnisse sprechen für einen oder mehrere wiederkäuerspezifische Zellliganden von IgGBNP, die entweder mit den Pestiviren BVDV und BDV assoziiert sind oder aber, hinsichtlich der Bindung an MDBK- und BK-KL3A-Zellen, auch mit Zellfragmenten aus der Produzentenzelllinie des Impfvirus in Verbindung stehen. Ein Zusammenhang mit dem Einsatz des BVDV-Impfstoffes PregSure-BVD® (Pfizer) erscheint möglich, da Impfstoffkomponenten die Bildung der leukozytenreaktiven IgG-Alloantikörper verursacht haben könnten. Ergänzend könnte eine genetische Prädisposition eine wichtige Rolle in der Entwicklung von BNP spielen.

Abstract

Bovine neonatal pancytopenia (BNP) is a newly emerging disease that has been occurring since 2006 in neonatal calves showing dramatic and mostly lethal hemorrhagic diathesis due to panmyelophthisis. As found by other research groups, broad spectrum microbial diagnostics did not reveal an infectious process linked to BNP. Among other proteins, IgG was purified and identified from colostrum samples of BNP and control dams and additionally quantified. In subsequent experiments a significantly higher binding of IgG from BNP colostrum (IgGBNP) compared to IgG from control colostrum (IgGKontr) to the peripheral blood leukocytes of non related young calves was detected. Thereby a binding to both the granulocytes and the peripheral blood mononuclear cells (PBMC) could be demonstrated, whereas the binding to the PBMC population was significantly higher. Furthermore, a significant IgG reaction with the bovine cell lines BK-KL3A and MDBK was found. No binding occurred to the porcine cell line PK15. Possible toxicity of colostral proteins and serum samples from BNP affected calves and dams was tested in several approaches with or without addition of complement with peripheral blood leukocytes of healthy donor calves. The experiments showed no influence on cell vitality and no differences between BNP-and control samples. Since there is evidence that BNP might be linked to the use of the PregSure-BVD® vaccine (Pfizer) for prevention of bovine virus diarrhea virus (BVDV), IgG pre-incubation experiments were carried out with cell culture harvests of different pestiviruses and non infected cell culture supernatants. A significant reduction of binding of IgGBNP to the leukocytes of newborn calves was confirmed by pre-incubation of IgGBNP with crude cell culture harvests of bovine viral diarrhea virus (BVDV) and border disease virus (BDV), both multiplied in MDBK cells, when compared to the controls. Interestingly, pre-incubation with a crude cell culture harvest of the related European swine fever virus (ESPV), multiplied in PK15 cells, revealed no reduction. It was noticeable in both the binding assays and in the reduction experiments that the same IgGBNP samples bound in varying degrees to the leukocytes of different donor calves under standardized conditions. This observation supports the possible link of BNP to a genetic predisposition suggested by other research groups. First attempts to characterize the binding reduction by a pretreatment of MDBK cells with MHC-class I reactive monoclonal antibodies did not provide clear results. So far, the results allude to one or more ruminant cell surface ligands of IgGBNP, which are possibly linked to either ruminant pestivirus (BVDV and BDV) components or, regarding the binding to MDBK and BK-KL3A cells, to cell debris in the virus harvest used in the vaccine. The generation of the IgG alloantibodies and the application of the BVDV vaccine PregSure-BVD® (Pfizer) seem to be linked as vaccine components could have induced the alloantibodies. Additionally, a genetic predisposition could play an important role in the development of BNP.