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Einfluß von endogenem Oxytocin auf die neuroendokrine und verhaltensbiologische Streßreaktivität unterschiedlicher Tiermodelle
Einfluß von endogenem Oxytocin auf die neuroendokrine und verhaltensbiologische Streßreaktivität unterschiedlicher Tiermodelle
Diese Arbeit konnte eine inhibitorische Kontrolle der HPA-Achse unter basalen und Streß-induzierten Bedingungen durch intrazerebrales OXT zeigen, die zumindest anteilig über Neuronen des hypothalamischen PVN vermittelt wird. Die neurohypophysäre Freisetzung von OXT und das angstbezogene Verhalten scheinen hingegen von zentralem OXT unabhängig zu sein. Eine ähnliche Funktion bei der Regulation der HPA-Achse und des Angstverhaltens wurde bereits für AVP beschrieben. Also sind beide Neuropeptide, wenn sie zentral freigesetzt werden, an der Modulation der Streßreaktion beteiligt und diese Funktion ist dissoziiert von ihrer peripheren Freisetzung und Wirkung. Während der peripartalen Periode, die Trächtigkeit, Geburt und Laktation einschließt, sind morphologische und funktionelle Veränderungen von OXT-Neuronen bekannt. So erfolgt eine spezifische Aktivierung des Systems durch Reproduktions-bezogene Stimuli, während, wie auch hier bestätigt werden konnte, die Streßreaktivität der selben Neuronen inhibiert wird. Ähnlich ist die Streßreaktivität der HPA-Achse während Trächtigkeit und Laktation reduziert. So wurde in dieser Arbeit erstmalig eine Suppression der ACTH- und Corticosteron-Freisetzung auch während des Geburtsvorganges beschrieben. Die Untersuchung der Wechselwirkungen des zentralen OXT-Systems und der hypophysären Sekretion nach Streß-Exposition zeigte deutlich veränderte Effekte intrazerebral freigesetzten OXTs während der peripartalen Periode. Bezüglich der HPA-Achse konnte ein Nachlassen der tonischen Inhibition durch zentrales OXT beobachtet werden, während nun die Streßinduzierte neurohypophysäre Freisetzung von OXT sowie das angstbezogene Verhalten auf der plus-maze dadurch kontrolliert wurden. Die während der peripartalen Periode verminderte Streßreaktivität der HPA-Achse wird also, entgegen der primären Hypothese, offensichtlich nicht durch das aktivierte OXT-System vermittelt. Da sowohl die HPA-Achse als auch das OXT-System z. T. durch endogene Opiate beeinflußt werden, lag die Vermutung nahe, daß Opiat-Rezeptoren die Reproduktionsbezogenen Modifikationen der neuroendokrinen Streßreaktivität vermitteln. Diese Hypothese konnte in der Tat bestätigt werden. Die Stimulation der HPA-Achse virginer Weibchen durch endogene Opiate verschwand gegen Ende der Trächtigkeit und resultierte in einer effektiven Inhibition der HPA-Achse während der Geburt. Während die neurohypophysäre OXTFreisetzung bei virginen Tieren nicht durch Opiate beeinflußt wurde, entwickelte sich während der späten Trächtigkeit und während der Geburt einen effektive Kontrolle durch endogene Opiate. Die zentrale Freisetzung von OXT im PVN unterlag keinen merklichen Reproduktions-bedingten Modifikationen, wurde jedoch unabhängig von der peripheren Sekretion durch endogene Opiate beeinflußt. Auch hier kehrte sich die bei virginen Tieren deutliche Stimulation der OXT-Freisetzung im PVN in eine effektive Inhibition während der Trächtigkeit um. Diese Modifikationen in der Wirkung von Opiat-Rezeptoren scheinen sowohl lokal als auch funktionell eng begrenzt zu sein, da auch bei trächtigen Tieren veränderte Opiat-Wirkungen weder hinsichtlich der OXT-Freisetzung im SON noch der verhaltensbiologischen Streßbewältigung beobachtet werden konnten. Die primäre Intention der Arbeit, die funktionelle Relevanz zentralen OXTs bei der Expression von Angstverhalten und der Streßreaktivität der HPA-Achse zu klären, konnte mittels des Tiermodells der peripartalen Periode nicht weiter verfolgt werden. Erstens verschwand die bei männlichen und virginen Tieren beschriebene Kontrolle der HPA-Achse durch endogenes OXT während Trächtigkeit und Laktation. Zweitens deutet die nur bei trächtigen und laktierenden Tieren beobachtete anxiolytische Wirkung zentralen OXTs eine während der peripartalen Periode von neuroendokrinen Parametern dissoziierte Regulation verhaltensbiologischer Streßreaktionen an. Drittens erlauben die vielfältigen systemischen Modifikationen während der Reproduktion, einschließlich schwankender Konzentrationen von Sexualhormonen und der Veränderungen des endogenen Opiat-Systems, keine unbeeinflußte Untersuchung einzelner Streßhormon-Systeme. Deshalb war es sinnvoller, sich dem Tiermodell der HAB/LAB-Ratten zuzuwenden, das pathophysiologische Veränderungen der Emotionalität vorweist. Hier konnte die Assoziation von verhaltensbiologischen und neuroendokrinen Streßreaktionen selektiv untersucht werden. Zunächst wurden die HAB/LAB-Tiere einer verhaltensbiologischen Charakterisierung unterzogen, die stabile Linien-spezifische Verhaltens-Unterschiede unter allen untersuchten Bedingungen bestätigen konnte. Die neuroendokrine Charakterisierung der Zuchttiere zeigte bei HAB-Männchen eine Assoziation der extremen Ängstlichkeit mit einer erhöhten Reaktivität der HPA-Achse auf einen emotionalen Stressor (open-arm). Jedoch konnte weder im Blut noch im PVN unter basalen oder stimulierten Konditionen eine differentielle Freisetzung von OXT gezeigt werden. Mit diesem Ergebnis konnte kein kausaler Zusammenhang des Linien-spezifisch unterschiedlichen Angstverhaltens und der unterschiedlichen Reaktivität der HPA-Achse auf Streß mit der zentralen oder peripheren OXT-Freisetzung festgestellt werden. Da jedoch eine erhöhte basale und Schwimmstreßinduzierte Freisetzung von AVP im PVN männlicher HABs ermittelt werden konnte, wurden weitere Untersuchungen bezüglich dieses Neuropetides unternommen. So konnte bei männlichen HAB-Ratten mittels in situ Hybridisierung eine signifikant höhere basale Expression von AVP-mRNA in magnozellulären Neuronen des PVN nachgewiesen werden. Die periphere AVP-Sekretion unter basalen und open-arm-stimulierten Konditionen zeigte weder Unterschiede zwischen HABs und LABs noch eine effektive Stimulation durch Streß- Exposition, so daß die erhöhte AVP-mRNA-Expression bei HABs die Grundlage für die gesteigerte zentrale Freisetzung bilden dürfte. Diese Ergebnisse signalisieren eine Interaktion von extremem Angstverhalten, erhöhter Streßreaktivität der HPA-Achse und gesteigerter Freisetzung von AVP im PVN bei HAB-Ratten. Unterstützt wurde diese Theorie auch durch die Normalisierung des pathologischen Dex/CRH-Tests bei HABs durch Applikation eines AVP-Antagonisten. Trotz dieser überzeugenden Hinweise sollten noch weitere Untersuchungen folgen, die durch Ausschalten der hypothalamischen AVP-Freisetzung mittels Antagonisten oder antisense targeting die Kausalität dieser Zusammenhänge klären könnten. Neben der gesteigerten Reaktivität der HPA-Achse zeigten HAB-Ratten eine höhere periphere Freisetzung von Prolaktin unter basalen und Streß-stimulierten Bedingungen. Da dieses Ergebnis u. a. eine differentielle Aktivierung des zentralen Dopaminund /oder Serotonin-Systems andeutet, sollten auch in dieser Hinsicht weitere Untersuchungen erfolgen, da auch diese Neurotransmitter mittelbaren oder unmittelbaren Einfluß auf die HPA-Achse ausüben können und zudem bei der Entstehung von Angst- /Depressions-Erkrankungen beteiligt zu sein scheinen. Wie durch die cross-mating-Studie bestätigt, liegt bei HAB/LAB-Ratten eine eindeutige genetische Determination des zwischen den Linien differierenden angstbezogenen Verhaltens vor. Die Untersuchung perinataler Faktoren ergab zwar eine mögliche hormonelle Beeinflussung von HAB-Föten durch eine chronisch erhöhte Plasmakonzentration mütterlichen Corticosterons, jedoch dürfte diese allenfalls einen modulierenden Einfluß auf die fötale Entwicklung haben. So bietet dieses Tiermodell einzigartige Möglichkeiten nicht nur zum Studium der neuroendokrinen Grundlagen psychopathologischer Emotionalität sondern auch der genetischen Korrelate. Solche genetischen Studien, z. B. die Suche nach "quantitative trait loci" oder genetische Assoziationsstudien bei den HAB/LAB-Ratten werden möglicherweise einen großen Beitrag zum Verständnis der Entstehung psychiatrischer Erkrankungen beim Menschen leisten und zu einer spezifischeren pharmakologischen Therapie führen können.
Not available
Wigger, Alexandra
2000
German
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Wigger, Alexandra (2000): Einfluß von endogenem Oxytocin auf die neuroendokrine und verhaltensbiologische Streßreaktivität unterschiedlicher Tiermodelle. Dissertation, LMU München: Faculty of Biology
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Abstract

Diese Arbeit konnte eine inhibitorische Kontrolle der HPA-Achse unter basalen und Streß-induzierten Bedingungen durch intrazerebrales OXT zeigen, die zumindest anteilig über Neuronen des hypothalamischen PVN vermittelt wird. Die neurohypophysäre Freisetzung von OXT und das angstbezogene Verhalten scheinen hingegen von zentralem OXT unabhängig zu sein. Eine ähnliche Funktion bei der Regulation der HPA-Achse und des Angstverhaltens wurde bereits für AVP beschrieben. Also sind beide Neuropeptide, wenn sie zentral freigesetzt werden, an der Modulation der Streßreaktion beteiligt und diese Funktion ist dissoziiert von ihrer peripheren Freisetzung und Wirkung. Während der peripartalen Periode, die Trächtigkeit, Geburt und Laktation einschließt, sind morphologische und funktionelle Veränderungen von OXT-Neuronen bekannt. So erfolgt eine spezifische Aktivierung des Systems durch Reproduktions-bezogene Stimuli, während, wie auch hier bestätigt werden konnte, die Streßreaktivität der selben Neuronen inhibiert wird. Ähnlich ist die Streßreaktivität der HPA-Achse während Trächtigkeit und Laktation reduziert. So wurde in dieser Arbeit erstmalig eine Suppression der ACTH- und Corticosteron-Freisetzung auch während des Geburtsvorganges beschrieben. Die Untersuchung der Wechselwirkungen des zentralen OXT-Systems und der hypophysären Sekretion nach Streß-Exposition zeigte deutlich veränderte Effekte intrazerebral freigesetzten OXTs während der peripartalen Periode. Bezüglich der HPA-Achse konnte ein Nachlassen der tonischen Inhibition durch zentrales OXT beobachtet werden, während nun die Streßinduzierte neurohypophysäre Freisetzung von OXT sowie das angstbezogene Verhalten auf der plus-maze dadurch kontrolliert wurden. Die während der peripartalen Periode verminderte Streßreaktivität der HPA-Achse wird also, entgegen der primären Hypothese, offensichtlich nicht durch das aktivierte OXT-System vermittelt. Da sowohl die HPA-Achse als auch das OXT-System z. T. durch endogene Opiate beeinflußt werden, lag die Vermutung nahe, daß Opiat-Rezeptoren die Reproduktionsbezogenen Modifikationen der neuroendokrinen Streßreaktivität vermitteln. Diese Hypothese konnte in der Tat bestätigt werden. Die Stimulation der HPA-Achse virginer Weibchen durch endogene Opiate verschwand gegen Ende der Trächtigkeit und resultierte in einer effektiven Inhibition der HPA-Achse während der Geburt. Während die neurohypophysäre OXTFreisetzung bei virginen Tieren nicht durch Opiate beeinflußt wurde, entwickelte sich während der späten Trächtigkeit und während der Geburt einen effektive Kontrolle durch endogene Opiate. Die zentrale Freisetzung von OXT im PVN unterlag keinen merklichen Reproduktions-bedingten Modifikationen, wurde jedoch unabhängig von der peripheren Sekretion durch endogene Opiate beeinflußt. Auch hier kehrte sich die bei virginen Tieren deutliche Stimulation der OXT-Freisetzung im PVN in eine effektive Inhibition während der Trächtigkeit um. Diese Modifikationen in der Wirkung von Opiat-Rezeptoren scheinen sowohl lokal als auch funktionell eng begrenzt zu sein, da auch bei trächtigen Tieren veränderte Opiat-Wirkungen weder hinsichtlich der OXT-Freisetzung im SON noch der verhaltensbiologischen Streßbewältigung beobachtet werden konnten. Die primäre Intention der Arbeit, die funktionelle Relevanz zentralen OXTs bei der Expression von Angstverhalten und der Streßreaktivität der HPA-Achse zu klären, konnte mittels des Tiermodells der peripartalen Periode nicht weiter verfolgt werden. Erstens verschwand die bei männlichen und virginen Tieren beschriebene Kontrolle der HPA-Achse durch endogenes OXT während Trächtigkeit und Laktation. Zweitens deutet die nur bei trächtigen und laktierenden Tieren beobachtete anxiolytische Wirkung zentralen OXTs eine während der peripartalen Periode von neuroendokrinen Parametern dissoziierte Regulation verhaltensbiologischer Streßreaktionen an. Drittens erlauben die vielfältigen systemischen Modifikationen während der Reproduktion, einschließlich schwankender Konzentrationen von Sexualhormonen und der Veränderungen des endogenen Opiat-Systems, keine unbeeinflußte Untersuchung einzelner Streßhormon-Systeme. Deshalb war es sinnvoller, sich dem Tiermodell der HAB/LAB-Ratten zuzuwenden, das pathophysiologische Veränderungen der Emotionalität vorweist. Hier konnte die Assoziation von verhaltensbiologischen und neuroendokrinen Streßreaktionen selektiv untersucht werden. Zunächst wurden die HAB/LAB-Tiere einer verhaltensbiologischen Charakterisierung unterzogen, die stabile Linien-spezifische Verhaltens-Unterschiede unter allen untersuchten Bedingungen bestätigen konnte. Die neuroendokrine Charakterisierung der Zuchttiere zeigte bei HAB-Männchen eine Assoziation der extremen Ängstlichkeit mit einer erhöhten Reaktivität der HPA-Achse auf einen emotionalen Stressor (open-arm). Jedoch konnte weder im Blut noch im PVN unter basalen oder stimulierten Konditionen eine differentielle Freisetzung von OXT gezeigt werden. Mit diesem Ergebnis konnte kein kausaler Zusammenhang des Linien-spezifisch unterschiedlichen Angstverhaltens und der unterschiedlichen Reaktivität der HPA-Achse auf Streß mit der zentralen oder peripheren OXT-Freisetzung festgestellt werden. Da jedoch eine erhöhte basale und Schwimmstreßinduzierte Freisetzung von AVP im PVN männlicher HABs ermittelt werden konnte, wurden weitere Untersuchungen bezüglich dieses Neuropetides unternommen. So konnte bei männlichen HAB-Ratten mittels in situ Hybridisierung eine signifikant höhere basale Expression von AVP-mRNA in magnozellulären Neuronen des PVN nachgewiesen werden. Die periphere AVP-Sekretion unter basalen und open-arm-stimulierten Konditionen zeigte weder Unterschiede zwischen HABs und LABs noch eine effektive Stimulation durch Streß- Exposition, so daß die erhöhte AVP-mRNA-Expression bei HABs die Grundlage für die gesteigerte zentrale Freisetzung bilden dürfte. Diese Ergebnisse signalisieren eine Interaktion von extremem Angstverhalten, erhöhter Streßreaktivität der HPA-Achse und gesteigerter Freisetzung von AVP im PVN bei HAB-Ratten. Unterstützt wurde diese Theorie auch durch die Normalisierung des pathologischen Dex/CRH-Tests bei HABs durch Applikation eines AVP-Antagonisten. Trotz dieser überzeugenden Hinweise sollten noch weitere Untersuchungen folgen, die durch Ausschalten der hypothalamischen AVP-Freisetzung mittels Antagonisten oder antisense targeting die Kausalität dieser Zusammenhänge klären könnten. Neben der gesteigerten Reaktivität der HPA-Achse zeigten HAB-Ratten eine höhere periphere Freisetzung von Prolaktin unter basalen und Streß-stimulierten Bedingungen. Da dieses Ergebnis u. a. eine differentielle Aktivierung des zentralen Dopaminund /oder Serotonin-Systems andeutet, sollten auch in dieser Hinsicht weitere Untersuchungen erfolgen, da auch diese Neurotransmitter mittelbaren oder unmittelbaren Einfluß auf die HPA-Achse ausüben können und zudem bei der Entstehung von Angst- /Depressions-Erkrankungen beteiligt zu sein scheinen. Wie durch die cross-mating-Studie bestätigt, liegt bei HAB/LAB-Ratten eine eindeutige genetische Determination des zwischen den Linien differierenden angstbezogenen Verhaltens vor. Die Untersuchung perinataler Faktoren ergab zwar eine mögliche hormonelle Beeinflussung von HAB-Föten durch eine chronisch erhöhte Plasmakonzentration mütterlichen Corticosterons, jedoch dürfte diese allenfalls einen modulierenden Einfluß auf die fötale Entwicklung haben. So bietet dieses Tiermodell einzigartige Möglichkeiten nicht nur zum Studium der neuroendokrinen Grundlagen psychopathologischer Emotionalität sondern auch der genetischen Korrelate. Solche genetischen Studien, z. B. die Suche nach "quantitative trait loci" oder genetische Assoziationsstudien bei den HAB/LAB-Ratten werden möglicherweise einen großen Beitrag zum Verständnis der Entstehung psychiatrischer Erkrankungen beim Menschen leisten und zu einer spezifischeren pharmakologischen Therapie führen können.