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Proteomanalyse postmortaler Hirn- und Liquorproben von Suizidopfern versus Kontrollen
Proteomanalyse postmortaler Hirn- und Liquorproben von Suizidopfern versus Kontrollen
In der vorliegenden Arbeit wurden mit Hilfe der subtraktiven Proteomanalyse Hirn- und Liquorproben von 20 Suizidopfern und 10 Kontrollpersonen untersucht. Das Ziel war die Identifikation möglicher suizidassoziierter Proteine. Bei den Hirnregionen handelte es sich um den präfrontalen Cortex, die Amygdala, den Hippocampus, den Thalamus und die Hypophyse sowie als Referenzregion das Cerebellum. Es wurden insgesamt 15 Proteine in den Hirnregionen präfrontaler Cortex, Amygdala, Hippocampus, Thalamus sowie ein Protein im Liquor identifiziert, deren Expression sich signifikant zwischen Suizidopfern und Kontrollen unterschied. Obwohl die Methodik primär für die Erfassung quantitativer Expressionsunterschiede sowie für die Proteinidentifikation ausgelegt war, erlaubten zudem die Massenspektren und die identifizierten Peptidsequenzen Annahmen über mögliche posttranslationale Modifikationen sowie deren funktionellen Konsequenzen für die betroffenen Neuronen. Sieben der 16 Proteine waren Komponenten des Intermediärmetabolismus', insbesondere des Glukose- und Energiestoffwechsels: Die Enzyme Fruktose-Bisphosphat-Aldolase C, ATP-Synthase, Alpha Enolase und die Neuronen-spezifische Gamma Enolase sowie die Astrozyten-spezifische Glutamin-Synthetase. Nicht enzymatisch waren Galectin-1 und Neuropolypeptid h3. Die Art der Proteinveränderungen ließ auf mögliche Verluste der enzymatischen Aktivitäten schließen mit der möglichen Folge verminderter Astrozyten-vermittelter Glukoseversorgung, reduziertem Energieumsatzes sowie exzitotoxischer Erhöhung der Glutamatkonzentration. Alle drei Faktoren können letztlich zur Degeneration von Neuronen führen. Fünf Proteine waren Bestandteile des Zytoskelettes: Das Neuronen-spezifische Neurofilament Triplet L Protein, zwei Tubulin-Isoformen, das als Astrozyten-Marker geltende saure fibrilläre Gliaprotein sowie das im Liquor identifizierte Beta Aktin Fragment. Die modifizierten Proteine könnten zu einer Instabilisierung des Zytoskelettes, zu vermindertem axonalem Transport und ebenfalls zum Zelltod führen. Die Expressionsunterschiede in zwei Antioxidationsproteinen (Mangan Superoxid Dismutase und Peroxiredoxin2) sowie die Hochregulation des Hitzeschockproteins Alpha Crystallin wiesen auf ein erhöhtes Aufkommen von oxidativem Streß in den Zellen hin. Zusammengefaßt gaben diese Proteinmodifikationen in den Gehirnen der Suizidopfer Anzeichen von exzitotoxischem, proteolytischem, oxidativem und von Energie-Mangel-Streß. Gestützt durch entsprechende Hinweise aus der Literatur wurde daraus die Hypothese formuliert, daß diesen suizidassoziierten zellulären Streßfaktoren eine Form von psychischem Streß, insbesondere in chronischer Form zugrunde lag. Hierzu wurden Mechanismen vorgeschlagen, über die dauerhafter Streß zu den beschriebenen Expressionsveränderungen beigetragen haben könnte. Bislang wurden diese Mechanismen im Zusammenhang mit Suizidalität nicht untersucht und es ist denkbar, daß sie zusätzlich zu den bekannten Streßsystemen wirksam geworden sind.
Suizid, Proteomanalyse, postmortal, oxidativer Stress, chronischer psychischer Stress
Schlicht, Katja
2006
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Schlicht, Katja (2006): Proteomanalyse postmortaler Hirn- und Liquorproben von Suizidopfern versus Kontrollen. Dissertation, LMU München: Medizinische Fakultät
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Abstract

In der vorliegenden Arbeit wurden mit Hilfe der subtraktiven Proteomanalyse Hirn- und Liquorproben von 20 Suizidopfern und 10 Kontrollpersonen untersucht. Das Ziel war die Identifikation möglicher suizidassoziierter Proteine. Bei den Hirnregionen handelte es sich um den präfrontalen Cortex, die Amygdala, den Hippocampus, den Thalamus und die Hypophyse sowie als Referenzregion das Cerebellum. Es wurden insgesamt 15 Proteine in den Hirnregionen präfrontaler Cortex, Amygdala, Hippocampus, Thalamus sowie ein Protein im Liquor identifiziert, deren Expression sich signifikant zwischen Suizidopfern und Kontrollen unterschied. Obwohl die Methodik primär für die Erfassung quantitativer Expressionsunterschiede sowie für die Proteinidentifikation ausgelegt war, erlaubten zudem die Massenspektren und die identifizierten Peptidsequenzen Annahmen über mögliche posttranslationale Modifikationen sowie deren funktionellen Konsequenzen für die betroffenen Neuronen. Sieben der 16 Proteine waren Komponenten des Intermediärmetabolismus', insbesondere des Glukose- und Energiestoffwechsels: Die Enzyme Fruktose-Bisphosphat-Aldolase C, ATP-Synthase, Alpha Enolase und die Neuronen-spezifische Gamma Enolase sowie die Astrozyten-spezifische Glutamin-Synthetase. Nicht enzymatisch waren Galectin-1 und Neuropolypeptid h3. Die Art der Proteinveränderungen ließ auf mögliche Verluste der enzymatischen Aktivitäten schließen mit der möglichen Folge verminderter Astrozyten-vermittelter Glukoseversorgung, reduziertem Energieumsatzes sowie exzitotoxischer Erhöhung der Glutamatkonzentration. Alle drei Faktoren können letztlich zur Degeneration von Neuronen führen. Fünf Proteine waren Bestandteile des Zytoskelettes: Das Neuronen-spezifische Neurofilament Triplet L Protein, zwei Tubulin-Isoformen, das als Astrozyten-Marker geltende saure fibrilläre Gliaprotein sowie das im Liquor identifizierte Beta Aktin Fragment. Die modifizierten Proteine könnten zu einer Instabilisierung des Zytoskelettes, zu vermindertem axonalem Transport und ebenfalls zum Zelltod führen. Die Expressionsunterschiede in zwei Antioxidationsproteinen (Mangan Superoxid Dismutase und Peroxiredoxin2) sowie die Hochregulation des Hitzeschockproteins Alpha Crystallin wiesen auf ein erhöhtes Aufkommen von oxidativem Streß in den Zellen hin. Zusammengefaßt gaben diese Proteinmodifikationen in den Gehirnen der Suizidopfer Anzeichen von exzitotoxischem, proteolytischem, oxidativem und von Energie-Mangel-Streß. Gestützt durch entsprechende Hinweise aus der Literatur wurde daraus die Hypothese formuliert, daß diesen suizidassoziierten zellulären Streßfaktoren eine Form von psychischem Streß, insbesondere in chronischer Form zugrunde lag. Hierzu wurden Mechanismen vorgeschlagen, über die dauerhafter Streß zu den beschriebenen Expressionsveränderungen beigetragen haben könnte. Bislang wurden diese Mechanismen im Zusammenhang mit Suizidalität nicht untersucht und es ist denkbar, daß sie zusätzlich zu den bekannten Streßsystemen wirksam geworden sind.