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Langzeitergebnisse operativ versorgter traumatischer Kniegelenksluxationen
Langzeitergebnisse operativ versorgter traumatischer Kniegelenksluxationen
Die Kniegelenksluxation als Komplextrauma der unteren Extremität hat aufgrund der hohen Komplikationsraten eine sehr geringe Fehlertoleranz bezüglich des Therapieschemas. Gefäßläsionen in der Poplitealregion, erhebliche Weichteildefekte bis hin zum Kompartmentsyndrom und Dehnungsschäden exponierter Nerven wie des Nervus peroneus communis verschlechtern die Prognose. Deshalb müssen etablierte Therapiekonzepte unbedingt eingehalten werden. Dabei ist eine frühzeitige, situativ adäquate operative Versorgung und ein kontinuierliches Monitoring des Gefäß-Nerven-Status anzustreben. Eine in jedem Fall obligate Angiographie ist nicht indiziert, besonders dann nicht, wenn sich das operative Vorgehen des Chirurgen über die Ischämietoleranz hinaus verzögern würde. Folge einer erfolgreichen operativen Therapie sind eine hohe Kapsel-Band-Stabilität und ein früh mobilisierbares Gelenk. Die vorliegende Studie befasste sich mit den Ergebnissen der Nachuntersuchung von 30 an der ehemaligen Staatlich Orthopädischen Klinik München-Harlaching operierten Patienten, die eine Kniegelenksluxation erlitten hatten. Die Ergebnisse wurden klinisch nach dem IKDC-Evaluatiosblatt aufgearbeitet. Technisch wurden die Instabilitäten der verletzten Kniegelenke mit dem KT-1000 Arthrometer verifiziert. Zudem gingen die subjektive Funktionalität nach Lysholm sowie die Aktivitätsniveaus vor der Verletzung und zum Untersuchungszeitpunkt nach Tegner in die Bewertung mit ein. Schließlich wurde der Grad der Arthrose im verletzten Kniegelenk nach dem Arthrosescore von Jäger und Wirth klassifiziert. Hinsichtlich des Geschlechts oder der verletzten Seite konnten keine Unterschiede festgestellt werden. Bezüglich des Alters schnitten die jüngeren Patienten im Bereich der postoperativen Funktionalität besser ab als die Älteren. Was die Verletzungsart betrifft, so hatten die Verkehrsverletzten aufgrund der Begleitverletzungen und der größeren Rasanz des Verletzungsmusters eine schlechtere Prognose als die Patienten , die nach einem Sportunfall eine isolierte Kapsel-Band-Verletzung erlitten hatten. Bei Patienten mit 4-Band-Verletzungen und mehr konnten keine sehr guten Ergebnisse separiert werden im Vergleich zu den 3-Band-Verletzungen. In der technischen Verifizierung der Kreuzbandinstabilitäten wurden in über 50% chronische Instabilitäten der vorderen Kreuzbänder dokumentiert. Langfristig gesehen zeigten sich nach Evaluation mit dem IKDC-Score nur befriedigende und schlechte Ergebnisse. Für die befriedigenden Ergebnisse, also die Gruppe-C-Ergebnisse, waren in erster Linie die Instabilitäten des Kapsel-Band-Apparates verantwortlich, gefolgt von den Symptomen, die sich auf die entsprechenden Aktivitätsniveaus beziehen. Für die Gruppe-D-Ergebnisse waren in den meisten Fällen die Einschränkung des Bewegungsumfangs verantwortlich. Die subjektive Beurteilung durch den Patienten war nicht in erster Linie verantwortlich für das schlechte Gesamtergebnis. Eine limitierende Rolle spielte auch die posttraumatische Arthrose nach langjähriger chronischer Instabilität des Kniegelenkes. Die Grad-I-Gonarthrose rekrutierte sich zum Großteil aus den jüngeren Patienten (< 40 Jahre) sowie aus den 3-Band-Verletzungen, die Grad-2 und 3-Gonarthrose aus der Gruppe der Patienten mit mehr als 3-Band-Verletzungen, komplizierten Verläufen und höherem Alter (> 40 Jahre). In 86,67% konnten die Patienten wieder in ihrem ursprünglichen Beruf integriert werden. In nur 10% waren Umschulungen notwendig. Die sportliche Leistungsfähigkeit vor dem Unfall wurde hingegen in 90% der Fälle nicht mehr erreicht. Die Studie bestätigt die nur befriedigenden Ergebnisse der Literatur. Das klinische Gesamtergebnis mit knapp 60% befriedigenden und 30% schlechten Ergebnissen zeigt, dass die Fehlertoleranz des Therapieschemas sehr gering ist. In der Diskussion der Literatur zeigt sich aber auch, dass aufgrund der geringen Fallzahlen eine gewisse Uneinheitlichkeit bezüglich der Therapieschemen besteht. In jedem Fall muß eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Gefäßchirurgen, Unfallchirurgen und Orthopäden gefordert werden, so dass diese Komplexverletzung der unteren Extremität nur an entsprechenden Schwerpunktzentren therapiert werden sollte.
Langzeitergebnisse, traumatische Kniegelenksluxation
Holzer, Ralf
2005
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Holzer, Ralf (2005): Langzeitergebnisse operativ versorgter traumatischer Kniegelenksluxationen. Dissertation, LMU München: Medizinische Fakultät
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Abstract

Die Kniegelenksluxation als Komplextrauma der unteren Extremität hat aufgrund der hohen Komplikationsraten eine sehr geringe Fehlertoleranz bezüglich des Therapieschemas. Gefäßläsionen in der Poplitealregion, erhebliche Weichteildefekte bis hin zum Kompartmentsyndrom und Dehnungsschäden exponierter Nerven wie des Nervus peroneus communis verschlechtern die Prognose. Deshalb müssen etablierte Therapiekonzepte unbedingt eingehalten werden. Dabei ist eine frühzeitige, situativ adäquate operative Versorgung und ein kontinuierliches Monitoring des Gefäß-Nerven-Status anzustreben. Eine in jedem Fall obligate Angiographie ist nicht indiziert, besonders dann nicht, wenn sich das operative Vorgehen des Chirurgen über die Ischämietoleranz hinaus verzögern würde. Folge einer erfolgreichen operativen Therapie sind eine hohe Kapsel-Band-Stabilität und ein früh mobilisierbares Gelenk. Die vorliegende Studie befasste sich mit den Ergebnissen der Nachuntersuchung von 30 an der ehemaligen Staatlich Orthopädischen Klinik München-Harlaching operierten Patienten, die eine Kniegelenksluxation erlitten hatten. Die Ergebnisse wurden klinisch nach dem IKDC-Evaluatiosblatt aufgearbeitet. Technisch wurden die Instabilitäten der verletzten Kniegelenke mit dem KT-1000 Arthrometer verifiziert. Zudem gingen die subjektive Funktionalität nach Lysholm sowie die Aktivitätsniveaus vor der Verletzung und zum Untersuchungszeitpunkt nach Tegner in die Bewertung mit ein. Schließlich wurde der Grad der Arthrose im verletzten Kniegelenk nach dem Arthrosescore von Jäger und Wirth klassifiziert. Hinsichtlich des Geschlechts oder der verletzten Seite konnten keine Unterschiede festgestellt werden. Bezüglich des Alters schnitten die jüngeren Patienten im Bereich der postoperativen Funktionalität besser ab als die Älteren. Was die Verletzungsart betrifft, so hatten die Verkehrsverletzten aufgrund der Begleitverletzungen und der größeren Rasanz des Verletzungsmusters eine schlechtere Prognose als die Patienten , die nach einem Sportunfall eine isolierte Kapsel-Band-Verletzung erlitten hatten. Bei Patienten mit 4-Band-Verletzungen und mehr konnten keine sehr guten Ergebnisse separiert werden im Vergleich zu den 3-Band-Verletzungen. In der technischen Verifizierung der Kreuzbandinstabilitäten wurden in über 50% chronische Instabilitäten der vorderen Kreuzbänder dokumentiert. Langfristig gesehen zeigten sich nach Evaluation mit dem IKDC-Score nur befriedigende und schlechte Ergebnisse. Für die befriedigenden Ergebnisse, also die Gruppe-C-Ergebnisse, waren in erster Linie die Instabilitäten des Kapsel-Band-Apparates verantwortlich, gefolgt von den Symptomen, die sich auf die entsprechenden Aktivitätsniveaus beziehen. Für die Gruppe-D-Ergebnisse waren in den meisten Fällen die Einschränkung des Bewegungsumfangs verantwortlich. Die subjektive Beurteilung durch den Patienten war nicht in erster Linie verantwortlich für das schlechte Gesamtergebnis. Eine limitierende Rolle spielte auch die posttraumatische Arthrose nach langjähriger chronischer Instabilität des Kniegelenkes. Die Grad-I-Gonarthrose rekrutierte sich zum Großteil aus den jüngeren Patienten (< 40 Jahre) sowie aus den 3-Band-Verletzungen, die Grad-2 und 3-Gonarthrose aus der Gruppe der Patienten mit mehr als 3-Band-Verletzungen, komplizierten Verläufen und höherem Alter (> 40 Jahre). In 86,67% konnten die Patienten wieder in ihrem ursprünglichen Beruf integriert werden. In nur 10% waren Umschulungen notwendig. Die sportliche Leistungsfähigkeit vor dem Unfall wurde hingegen in 90% der Fälle nicht mehr erreicht. Die Studie bestätigt die nur befriedigenden Ergebnisse der Literatur. Das klinische Gesamtergebnis mit knapp 60% befriedigenden und 30% schlechten Ergebnissen zeigt, dass die Fehlertoleranz des Therapieschemas sehr gering ist. In der Diskussion der Literatur zeigt sich aber auch, dass aufgrund der geringen Fallzahlen eine gewisse Uneinheitlichkeit bezüglich der Therapieschemen besteht. In jedem Fall muß eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Gefäßchirurgen, Unfallchirurgen und Orthopäden gefordert werden, so dass diese Komplexverletzung der unteren Extremität nur an entsprechenden Schwerpunktzentren therapiert werden sollte.