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Strukturelle und funktionelle Eigenschaften neuer cis-Platin-Chelatkomplexe und ihrer DNA-Addukte. Relevanz für die cytotoxische Wirkung
Strukturelle und funktionelle Eigenschaften neuer cis-Platin-Chelatkomplexe und ihrer DNA-Addukte. Relevanz für die cytotoxische Wirkung
Ziel dieser Arbeit war es, durch die Untersuchung verschiedener Cisplatinanaloga zum einen Substanzen zu finden, die aufgrund ihrer cytotoxischen Wirkung antitumoraktiv sein könnten. Zum anderen sollte durch den Vergleich cytotoxischer und weniger cytotoxischer Verbindungen untersucht werden, ob die Aufnahme in die Zellen, die Bindung an DNA und den damit verbundenen Sekundärstrukturveränderungen, die Reparatur der DNA-Addukte und die koordinative Bindung von Proteinen an DNA über die Platinkomplexe die Cytotoxizität beeinflussen. Die Cytotoxizitätsuntersuchungen haben gezeigt, dass zwar viele der untersuchten Verbindungen [(1a), (8), (11), (12) und (13)] als inaktiv einzustufen sind, einige aber zeigten eine leichte [(9), (10), (14) und (15)] bis starke cytotoxische Wirkung (16). Da alle untersuchten Cisplatinanaloga Chelatliganden aufweisen, führt eine Verbrückung der Aminliganden allein nicht zu einer Erhöhung der Cytotoxizität. Die Verknüpfung zweier cis-Platineinheiten führte überwiegend zu geringen Cytotoxizitäten. Für die untersuchten Alkyl-bis-ethylendiaminplatin( II)-Verbindungen (11) – (14) nahm die cytotoxische Wirkung mit dem Abstand der Platinsphären zu. Die schwache Wirkung der Bisplatinkomplexe ist wahrscheinlich überwiegend auf die DMSO-Solvolyse zurückzuführen, die auch die Cytotoxizität von Cisplatin stark vermindert. Dementsprechend zeigten der wasserlösliche Platin(IV)-Komplexe (9) eine stärkere Cytotoxizität als der analoge Platin(II)-Komplex (8). Andererseits war der Chelatkomplex (16) des sterisch anspruchsvollen Anilin-4Hisochinolin-liganden trotz der Solvolyse in DMSO am wirkungsvollsten. Durch den Vergleich der unterschiedlichen Platinkomplexe konnte gezeigt werden, dass eine eingeschränkte Korrelation zwischen Zellaufnahme, der Bindung an zelluläre DNA und der Cytotoxizität existiert, dass aber beide Prozesse nicht allein ausschlaggebend für die großen Unterschiede in der Wirkung der verschiedenen Komplexe sein können. Eigenschaften, die die Zellaufnahme verbessern, wie z.B. die erhöhte Lipophilie mit zunehmender Länge der Alkylkette in den Alkyl-bis-ethylendiaminplatin(II)-Verbindungen (11) – (14), könnten die Cytotoxizität positiv beeinflussen. Die Vergleiche der Platinkomplexe haben zudem gezeigt, dass sich weder anhand der Platinmenge in den Zellen, noch anhand der Adduktmenge an zellulärer DNA auf die zu erwartende oder resultierende Cytotoxizität der jeweiligen Verbindung schließen läßt. So gibt es z.B. Verbindungen, die zwar vermehrt in die Zellen aufgenommen werden oder mehr DNA-Addukte bilden und dennoch weniger cytotoxisch sind, als Komplexe, die in geringerem Maße in den Zellen bzw. an DNA gebunden sind. Ebensowenig läßt sich anhand der Cytotoxizität auf die Komplexmenge in den Zellen bzw. an zellulärer DNA schließen. Die unterschiedlichen Veränderungen der DNA-Sekundärstruktur und die Kinetiken der Interstrangverknüpfungen ermöglichen Rückschlüsse auf die Art der Addukte der jeweiligen Komplexe. So verlangsamt die Solvolyse in DMSO die Ausbildung bifunktionaler Addukte innerhalb einer Platinsphäre. Die Bisplatinverbindungen [(8), (9), (11), (12), (13) und (14)] drillen aufgrund von ligandenvermittelten bifunktionalen Addukten die DNA dennoch teilweise schneller als Cisplatin (1) auf und bilden mehr Interstrangverknüpfungen aus als Cisplatin (1). Da die meisten dieser Bisplatinverbindungen [(8), (11), (12) und (13)] aber in L1210 Zellen nur wenig cytotoxisch waren, kann daraus die Schlußfolgerung gezogen werden, dass weder das Ausbilden von mehr Interstrangverknüpfungen noch stärkeres Aufdrillen der DNA für die Cytotoxizität der Platinkomplexe verantwortlich ist. Nachdem auch die Verkürzung durch nicht-periodische Biegungen der DNA sowohl bei inaktiven oder wenig cytotoxischen Verbindungen [(10), (11) und (15)] als auch bei dem wirkungsvollen Cisplatin (1) beobachtet wurde, sind DNA-Biegungen an sich auch nicht ausreichend als Erklärung für die Cytotoxiziät. Eine Möglichkeit wäre, dass lokales Aufschmelzen der DNAStränge bzw. eine erhöhte Flexibiltät der DNA,133 die mit den angewendeten Methoden nicht detektiert werden können, die Wirkung der Addukte zusätzlich moduliert. Eine Sonderstellung nehmen die Platin(IV)-Verbindungen (9) und (10) ein, da sie DNA-Strangbrüche erzeugen. DNA-Strangbrüche stellen einen zusätzlichen Schaden neben dem eigentlichen Platinaddukt dar und könnten evtl. über einen anderen Mechanismus zum Zelltod führen. Als weitere Ursache für die unterschiedlichen cytotoxischen Wirkungen der Platinkomplexe wurde auch die Reparatur der DNA-Addukte in vitro untersucht. Dabei waren die Unterschiede in der Reparatur der Platinaddukte an DNA geringer als das Auflösungsvermögen des DNA-Reparatursynthesetests. Eventuelle Unterschiede in der Reparatur der Platinkomplexe sind auf jeden Fall so gering, dass sie nicht für die deutlichen Cytotoxizitätsunterschiede verantwortlich gemacht werden können. Es muß allerdings eingeschränkt werden, dass zwar prinzipiell die Reparaturenzyme alle untersuchten Addukte gleich effizient reparieren können, aber die tatsächliche Reparatur in Zellen durch Transkriptions- gekoppelte Reparatur oder induzierte Reparaturaktivität dominiert werden könnnte. Während der Behandlung von platinierter DNA mit Zellextrakten wurden ein Teil der an die DNA Addukte gebundenen Proteine über ein Platinatom koordinativ mit der DNA verknüpft. Dabei wurden die meisten DNA-Proteinquervernetzungen für inaktive Komplexe gefunden. Dabei handelt es sich um die tetrafunktionalen Bisplatinkomplexe und Platin(II)-Komplexe nach der Solvolyse in DMSO mit Ausnahme von Anilin-4H-isochinolinplatin(II) (16). Offenbar führt die größere Zahl freier Bindungsstellen zu mehr koordinativen Verknüpfungen von Proteinen an DNA. Aus den gewonnenen Erkenntnissen wurde zur Erklärung der unterschiedlichen Cytotoxizität der verschiedenen Komplexe folgendes Modell vorgeschlagen: Cisplatinanaloga bilden zuerst monofunktionale Addukte aus. Eine koordinative Bindung von Proteinen kann die Weiterreaktion zu bifunktionalen DNA-Addukten verhindern. Die monofunktionalen Addukte werden entweder toleriert oder repariert und sind dementsprechend nicht cytotoxisch. Wenigstens ein Teil der bifunktionalen Addukte wirkt dagegen, wahrscheinlich auch über induzierte Veränderungen der DNA-Sekundärstruktur, cytotoxisch. Die langsame Ausbildung von bifunktionalen DNA-Addukten bzw. eine größere Zahl von DNAProteinquervernetzungen vermindert dementsprechend die Cytotoxizität. Je schneller sich also bifunktionale DNA-Addukte ausbilden bzw. je höher der Anteil an bifunktionalen Addukten ist, umso cytotoxischer ist der entsprechende Platinkomplex. Das in dieser Arbeit beschriebene Anilin-4H-isochinolinplatin(II) (16) ist ein vielversprechender Kandidat für die Tumortherpie, da es keine DNA-Proteinquervernetzungen ausbildet, deutliche Unterschiede in den induzierten DNA-Sekundärstrukturveränderungen zu Cisplatin (1) zeigt und stark cytotoxisch wirkt.
Not available
Wild, Stefan
2001
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Wild, Stefan (2001): Strukturelle und funktionelle Eigenschaften neuer cis-Platin-Chelatkomplexe und ihrer DNA-Addukte: Relevanz für die cytotoxische Wirkung. Dissertation, LMU München: Fakultät für Chemie und Pharmazie
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Abstract

Ziel dieser Arbeit war es, durch die Untersuchung verschiedener Cisplatinanaloga zum einen Substanzen zu finden, die aufgrund ihrer cytotoxischen Wirkung antitumoraktiv sein könnten. Zum anderen sollte durch den Vergleich cytotoxischer und weniger cytotoxischer Verbindungen untersucht werden, ob die Aufnahme in die Zellen, die Bindung an DNA und den damit verbundenen Sekundärstrukturveränderungen, die Reparatur der DNA-Addukte und die koordinative Bindung von Proteinen an DNA über die Platinkomplexe die Cytotoxizität beeinflussen. Die Cytotoxizitätsuntersuchungen haben gezeigt, dass zwar viele der untersuchten Verbindungen [(1a), (8), (11), (12) und (13)] als inaktiv einzustufen sind, einige aber zeigten eine leichte [(9), (10), (14) und (15)] bis starke cytotoxische Wirkung (16). Da alle untersuchten Cisplatinanaloga Chelatliganden aufweisen, führt eine Verbrückung der Aminliganden allein nicht zu einer Erhöhung der Cytotoxizität. Die Verknüpfung zweier cis-Platineinheiten führte überwiegend zu geringen Cytotoxizitäten. Für die untersuchten Alkyl-bis-ethylendiaminplatin( II)-Verbindungen (11) – (14) nahm die cytotoxische Wirkung mit dem Abstand der Platinsphären zu. Die schwache Wirkung der Bisplatinkomplexe ist wahrscheinlich überwiegend auf die DMSO-Solvolyse zurückzuführen, die auch die Cytotoxizität von Cisplatin stark vermindert. Dementsprechend zeigten der wasserlösliche Platin(IV)-Komplexe (9) eine stärkere Cytotoxizität als der analoge Platin(II)-Komplex (8). Andererseits war der Chelatkomplex (16) des sterisch anspruchsvollen Anilin-4Hisochinolin-liganden trotz der Solvolyse in DMSO am wirkungsvollsten. Durch den Vergleich der unterschiedlichen Platinkomplexe konnte gezeigt werden, dass eine eingeschränkte Korrelation zwischen Zellaufnahme, der Bindung an zelluläre DNA und der Cytotoxizität existiert, dass aber beide Prozesse nicht allein ausschlaggebend für die großen Unterschiede in der Wirkung der verschiedenen Komplexe sein können. Eigenschaften, die die Zellaufnahme verbessern, wie z.B. die erhöhte Lipophilie mit zunehmender Länge der Alkylkette in den Alkyl-bis-ethylendiaminplatin(II)-Verbindungen (11) – (14), könnten die Cytotoxizität positiv beeinflussen. Die Vergleiche der Platinkomplexe haben zudem gezeigt, dass sich weder anhand der Platinmenge in den Zellen, noch anhand der Adduktmenge an zellulärer DNA auf die zu erwartende oder resultierende Cytotoxizität der jeweiligen Verbindung schließen läßt. So gibt es z.B. Verbindungen, die zwar vermehrt in die Zellen aufgenommen werden oder mehr DNA-Addukte bilden und dennoch weniger cytotoxisch sind, als Komplexe, die in geringerem Maße in den Zellen bzw. an DNA gebunden sind. Ebensowenig läßt sich anhand der Cytotoxizität auf die Komplexmenge in den Zellen bzw. an zellulärer DNA schließen. Die unterschiedlichen Veränderungen der DNA-Sekundärstruktur und die Kinetiken der Interstrangverknüpfungen ermöglichen Rückschlüsse auf die Art der Addukte der jeweiligen Komplexe. So verlangsamt die Solvolyse in DMSO die Ausbildung bifunktionaler Addukte innerhalb einer Platinsphäre. Die Bisplatinverbindungen [(8), (9), (11), (12), (13) und (14)] drillen aufgrund von ligandenvermittelten bifunktionalen Addukten die DNA dennoch teilweise schneller als Cisplatin (1) auf und bilden mehr Interstrangverknüpfungen aus als Cisplatin (1). Da die meisten dieser Bisplatinverbindungen [(8), (11), (12) und (13)] aber in L1210 Zellen nur wenig cytotoxisch waren, kann daraus die Schlußfolgerung gezogen werden, dass weder das Ausbilden von mehr Interstrangverknüpfungen noch stärkeres Aufdrillen der DNA für die Cytotoxizität der Platinkomplexe verantwortlich ist. Nachdem auch die Verkürzung durch nicht-periodische Biegungen der DNA sowohl bei inaktiven oder wenig cytotoxischen Verbindungen [(10), (11) und (15)] als auch bei dem wirkungsvollen Cisplatin (1) beobachtet wurde, sind DNA-Biegungen an sich auch nicht ausreichend als Erklärung für die Cytotoxiziät. Eine Möglichkeit wäre, dass lokales Aufschmelzen der DNAStränge bzw. eine erhöhte Flexibiltät der DNA,133 die mit den angewendeten Methoden nicht detektiert werden können, die Wirkung der Addukte zusätzlich moduliert. Eine Sonderstellung nehmen die Platin(IV)-Verbindungen (9) und (10) ein, da sie DNA-Strangbrüche erzeugen. DNA-Strangbrüche stellen einen zusätzlichen Schaden neben dem eigentlichen Platinaddukt dar und könnten evtl. über einen anderen Mechanismus zum Zelltod führen. Als weitere Ursache für die unterschiedlichen cytotoxischen Wirkungen der Platinkomplexe wurde auch die Reparatur der DNA-Addukte in vitro untersucht. Dabei waren die Unterschiede in der Reparatur der Platinaddukte an DNA geringer als das Auflösungsvermögen des DNA-Reparatursynthesetests. Eventuelle Unterschiede in der Reparatur der Platinkomplexe sind auf jeden Fall so gering, dass sie nicht für die deutlichen Cytotoxizitätsunterschiede verantwortlich gemacht werden können. Es muß allerdings eingeschränkt werden, dass zwar prinzipiell die Reparaturenzyme alle untersuchten Addukte gleich effizient reparieren können, aber die tatsächliche Reparatur in Zellen durch Transkriptions- gekoppelte Reparatur oder induzierte Reparaturaktivität dominiert werden könnnte. Während der Behandlung von platinierter DNA mit Zellextrakten wurden ein Teil der an die DNA Addukte gebundenen Proteine über ein Platinatom koordinativ mit der DNA verknüpft. Dabei wurden die meisten DNA-Proteinquervernetzungen für inaktive Komplexe gefunden. Dabei handelt es sich um die tetrafunktionalen Bisplatinkomplexe und Platin(II)-Komplexe nach der Solvolyse in DMSO mit Ausnahme von Anilin-4H-isochinolinplatin(II) (16). Offenbar führt die größere Zahl freier Bindungsstellen zu mehr koordinativen Verknüpfungen von Proteinen an DNA. Aus den gewonnenen Erkenntnissen wurde zur Erklärung der unterschiedlichen Cytotoxizität der verschiedenen Komplexe folgendes Modell vorgeschlagen: Cisplatinanaloga bilden zuerst monofunktionale Addukte aus. Eine koordinative Bindung von Proteinen kann die Weiterreaktion zu bifunktionalen DNA-Addukten verhindern. Die monofunktionalen Addukte werden entweder toleriert oder repariert und sind dementsprechend nicht cytotoxisch. Wenigstens ein Teil der bifunktionalen Addukte wirkt dagegen, wahrscheinlich auch über induzierte Veränderungen der DNA-Sekundärstruktur, cytotoxisch. Die langsame Ausbildung von bifunktionalen DNA-Addukten bzw. eine größere Zahl von DNAProteinquervernetzungen vermindert dementsprechend die Cytotoxizität. Je schneller sich also bifunktionale DNA-Addukte ausbilden bzw. je höher der Anteil an bifunktionalen Addukten ist, umso cytotoxischer ist der entsprechende Platinkomplex. Das in dieser Arbeit beschriebene Anilin-4H-isochinolinplatin(II) (16) ist ein vielversprechender Kandidat für die Tumortherpie, da es keine DNA-Proteinquervernetzungen ausbildet, deutliche Unterschiede in den induzierten DNA-Sekundärstrukturveränderungen zu Cisplatin (1) zeigt und stark cytotoxisch wirkt.