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Neuronale Kontrolle von Echoortungs- und Kommunikationslauten bei der Fledermaus Phyllostomus discolor. selektive Ausschaltung des periaquädukten Graus und des Nucleus des Brachiums des Colliculus inferior.
Neuronale Kontrolle von Echoortungs- und Kommunikationslauten bei der Fledermaus Phyllostomus discolor. selektive Ausschaltung des periaquädukten Graus und des Nucleus des Brachiums des Colliculus inferior.
Vokalisationen von Fledermäusen können in zwei Gruppen unterteilt werden: Kommunikationslaute und Echoortungslaute. Diese Arbeit wurde durchgeführt, um herauszufinden, ob in die Steuerung der unterschiedlichen Laute unterschiedliche Hirnstrukturen involviert sind. Dazu wurden zwei Hirnstrukturen zur näheren Betrachtung herangezogen und ihre Funktion und Verschaltung zueinenander innerhalb der Vokalisationsbahn untersucht. Diese Strukturen waren zum einen das periaquädukte Grau (PAG) oder zentrale Höhlengrau und zum anderen der Nucleus des Brachiums des Colliculus inferior (NBIC). In beiden Strukturen waren sowohl Echoortungslaute als auch Kommunikationslaute auslösbar. Im PAG waren bei 11 Tieren an insgesamt 517 Positionen Vokalisationen auslösbar. Neben Echoortungslauten (an 348 Positionen) waren auch 6 Kommunikationslauttypen sowie 2 Mischformen der bekannten Kommunikationslaute (an 169 Positionen) auslösbar. Alle Laute hatten einen natürlichen Charakter. Es konnten keine artifiziellen Vokalisationen im PAG evoziert werden. Über die komplette rostrocaudale (rund 3000 µm) und mediolaterale (rund 2000 µm) Ausdehnung des PAGs waren Echoortungslaute auslösbar. Die elektrische Auslösbarkeit der Kommunikationslaute beschränkte sich auf die caudalen zwei Drittel des PAGs. Über das ganze PAG hinweg waren beide Lautgruppen auch pharmakologisch sowohl mit Homocysteinsäure als auch mit Kainsäure auslösbar. Die Schwellen, mit denen die Laute im PAG ausgelöst werden konnten waren relativ gering. In 49% der Fälle konnten Echoortungslaute mit Schwellen zwischen >20 und <50 µA, in 23% mit <20 µA und in 28% mit >50 µA ausgelöst werden. Kommunikationslaute waren in 48% mit <20 µA, in 40% mit >20 bis <50 µA und in 14% mit >50 µA auslösbar. Vokalisationen waren im mittleren Drittel des PAGs in Randbereichen mit geringeren Schwellen auslösbar. Höhere Reizstärken waren in diesem Rostrocaudalbereich in der zentral gelegenen Region notwendig, um Vokalisation zu evozieren. Abgesehen von diesen Gebieten waren keine räumlichen Unterschiede erkennbar. Die Latenzen der im PAG ausgelösten Laute waren sehr gering und lagen in rostralen Bereichen fast ausschließlich unter 40ms. Weiter caudal findet man zudem Latenzen über 40 ms. Eine prozentuale Verteilung der Latenzen gestaltet sich wiefolgt: rund 83% der Echoortungslaute und 71% der Kommunikationslaute haben Latenzen von <40 ms, 15% der Echoortungslaute und rund 9% der Kommunikationslaute haben Latenzen zwischen >40 und <60 ms und lediglich 1% der Echoortungslaute und rund 20% der Kommunikationslaute besitzen Latenzen von >60 ms. Im NBIC waren neben Echoortungslauten ausschließlich den Echoortungslauten sehr ähnliche Zirplaute elektrisch auslösbar. Alle ausgelösten Laute hatten eine Lautlänge von 0,6 - 3ms und 3 - 4 im Spektrogramm sichtbare Harmonische. Die 3. Harmonische trug immer die Hauptenergie. Wie auch im PAG waren die Auslöseschwellen (in 78% unter 15 µA) und Latenzen (26 - 47 ms) sehr gering. Pharmakologisch war im NBIC weder mit dem NMDA-Rezeptoragonist Homocysteinsäure noch mit dem Kainat-Rezeporagonist Kainsäure Vokalisation auslösbar. An 4 Positionen blieb bei elektrischer Stimulation im NBIC und gleichzeitiger pharmakologischer und reversibler Ausschaltung des PAGs (ipsi-, kontra- oder bilateral) die im ventralen NBIC ausgelöste Vokalisation unverändert. Eine an 1 Position im zentralen NBIC ausgelöste Vokalisation konnte durch eine Ausschaltung des PAGs blockiert werden. An 10 Positionen war bei elektrischer Stimulation im PAG nach der Ausschaltung des ipsilateralen ventralen NBICs keine Vokalisation mehr auslösbar, gleichgültig ob im PAG ein Echoortungslaut oder ein Kommunikationslaut ausgelöst wurde. Eine Ausschaltung des zentralen NBICs hatte keinen Einfluss auf die im PAG ausgelösten Laute. Eine Ausschaltung des kontralateralen NBICs beeinflusste die ausgelöste Vokalisation ebenfalls nicht, ebenso wie die unilaterale Ausschaltung des NBICs bei elektrischer Stimulation im zweiten NBIC ausgelöste Vokalisation. Diese Ergebnisse zeigen die Rolle des NBICs auch für Kommunikationslaute, obwohl dort elektrisch nur Echoortungslaute und den Echoortungslauten strukturell sehr ähnliche Zirplaute auslösbar sind. Die unterschiedlichen Ergebnisse für die Stimulation des ventralen und zentralen NBICs bei ausgeschaltetem PAG bzw. die Auswirkung der Ausschaltung des ventralen oder zentralen NBICs auf im PAG ausgelöste Laute deuten zudem darauf hin, dass die Verschaltung zwischen PAG und NBIC nicht hierarchisch sondern eher parallel organisiert ist.
Vokalisation, PAG, NBIC, Fledermaus
Siebert, Silvana
2009
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Siebert, Silvana (2009): Neuronale Kontrolle von Echoortungs- und Kommunikationslauten bei der Fledermaus Phyllostomus discolor: selektive Ausschaltung des periaquädukten Graus und des Nucleus des Brachiums des Colliculus inferior.. Dissertation, LMU München: Fakultät für Biologie
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Abstract

Vokalisationen von Fledermäusen können in zwei Gruppen unterteilt werden: Kommunikationslaute und Echoortungslaute. Diese Arbeit wurde durchgeführt, um herauszufinden, ob in die Steuerung der unterschiedlichen Laute unterschiedliche Hirnstrukturen involviert sind. Dazu wurden zwei Hirnstrukturen zur näheren Betrachtung herangezogen und ihre Funktion und Verschaltung zueinenander innerhalb der Vokalisationsbahn untersucht. Diese Strukturen waren zum einen das periaquädukte Grau (PAG) oder zentrale Höhlengrau und zum anderen der Nucleus des Brachiums des Colliculus inferior (NBIC). In beiden Strukturen waren sowohl Echoortungslaute als auch Kommunikationslaute auslösbar. Im PAG waren bei 11 Tieren an insgesamt 517 Positionen Vokalisationen auslösbar. Neben Echoortungslauten (an 348 Positionen) waren auch 6 Kommunikationslauttypen sowie 2 Mischformen der bekannten Kommunikationslaute (an 169 Positionen) auslösbar. Alle Laute hatten einen natürlichen Charakter. Es konnten keine artifiziellen Vokalisationen im PAG evoziert werden. Über die komplette rostrocaudale (rund 3000 µm) und mediolaterale (rund 2000 µm) Ausdehnung des PAGs waren Echoortungslaute auslösbar. Die elektrische Auslösbarkeit der Kommunikationslaute beschränkte sich auf die caudalen zwei Drittel des PAGs. Über das ganze PAG hinweg waren beide Lautgruppen auch pharmakologisch sowohl mit Homocysteinsäure als auch mit Kainsäure auslösbar. Die Schwellen, mit denen die Laute im PAG ausgelöst werden konnten waren relativ gering. In 49% der Fälle konnten Echoortungslaute mit Schwellen zwischen >20 und <50 µA, in 23% mit <20 µA und in 28% mit >50 µA ausgelöst werden. Kommunikationslaute waren in 48% mit <20 µA, in 40% mit >20 bis <50 µA und in 14% mit >50 µA auslösbar. Vokalisationen waren im mittleren Drittel des PAGs in Randbereichen mit geringeren Schwellen auslösbar. Höhere Reizstärken waren in diesem Rostrocaudalbereich in der zentral gelegenen Region notwendig, um Vokalisation zu evozieren. Abgesehen von diesen Gebieten waren keine räumlichen Unterschiede erkennbar. Die Latenzen der im PAG ausgelösten Laute waren sehr gering und lagen in rostralen Bereichen fast ausschließlich unter 40ms. Weiter caudal findet man zudem Latenzen über 40 ms. Eine prozentuale Verteilung der Latenzen gestaltet sich wiefolgt: rund 83% der Echoortungslaute und 71% der Kommunikationslaute haben Latenzen von <40 ms, 15% der Echoortungslaute und rund 9% der Kommunikationslaute haben Latenzen zwischen >40 und <60 ms und lediglich 1% der Echoortungslaute und rund 20% der Kommunikationslaute besitzen Latenzen von >60 ms. Im NBIC waren neben Echoortungslauten ausschließlich den Echoortungslauten sehr ähnliche Zirplaute elektrisch auslösbar. Alle ausgelösten Laute hatten eine Lautlänge von 0,6 - 3ms und 3 - 4 im Spektrogramm sichtbare Harmonische. Die 3. Harmonische trug immer die Hauptenergie. Wie auch im PAG waren die Auslöseschwellen (in 78% unter 15 µA) und Latenzen (26 - 47 ms) sehr gering. Pharmakologisch war im NBIC weder mit dem NMDA-Rezeptoragonist Homocysteinsäure noch mit dem Kainat-Rezeporagonist Kainsäure Vokalisation auslösbar. An 4 Positionen blieb bei elektrischer Stimulation im NBIC und gleichzeitiger pharmakologischer und reversibler Ausschaltung des PAGs (ipsi-, kontra- oder bilateral) die im ventralen NBIC ausgelöste Vokalisation unverändert. Eine an 1 Position im zentralen NBIC ausgelöste Vokalisation konnte durch eine Ausschaltung des PAGs blockiert werden. An 10 Positionen war bei elektrischer Stimulation im PAG nach der Ausschaltung des ipsilateralen ventralen NBICs keine Vokalisation mehr auslösbar, gleichgültig ob im PAG ein Echoortungslaut oder ein Kommunikationslaut ausgelöst wurde. Eine Ausschaltung des zentralen NBICs hatte keinen Einfluss auf die im PAG ausgelösten Laute. Eine Ausschaltung des kontralateralen NBICs beeinflusste die ausgelöste Vokalisation ebenfalls nicht, ebenso wie die unilaterale Ausschaltung des NBICs bei elektrischer Stimulation im zweiten NBIC ausgelöste Vokalisation. Diese Ergebnisse zeigen die Rolle des NBICs auch für Kommunikationslaute, obwohl dort elektrisch nur Echoortungslaute und den Echoortungslauten strukturell sehr ähnliche Zirplaute auslösbar sind. Die unterschiedlichen Ergebnisse für die Stimulation des ventralen und zentralen NBICs bei ausgeschaltetem PAG bzw. die Auswirkung der Ausschaltung des ventralen oder zentralen NBICs auf im PAG ausgelöste Laute deuten zudem darauf hin, dass die Verschaltung zwischen PAG und NBIC nicht hierarchisch sondern eher parallel organisiert ist.