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Das Konzept zentraler Wortschätze. Bestandsaufnahme, theoretisch-methodische Weiterführung und praktische Untersuchung
Das Konzept zentraler Wortschätze. Bestandsaufnahme, theoretisch-methodische Weiterführung und praktische Untersuchung
Gegenstand dieser Arbeit ist die Neubetrachtung und Weiterführung des bisher vor allem unter dem Namen 'Grundwortschatz' bekannten lexikographischen Konzeptes zentraler Wortschätze. Dieses Konzept hat im Bereich der Didaktik des Deutschen bereits eine lange Tradition; dort wird es verwendet, um spezielle reduzierte Wortschätze für den Erst- und Zweitsprachenerwerb zu erstellen. Mit Hilfe dieser Wortschätze soll der Spracherwerb effektiver gestaltet werden, indem der Lernende mit den zentralsten Einheiten des Wortschatzes zuerst konfrontiert wird. Diese Versuche sind wegen des Mangels an objektiven Kriterien dafür, welche Einheiten des Wortschatzes zentral sind und wie eine Selektion für einen Grundwortschatz aussehen könnte, immer kontrovers diskutiert worden. Auch in der Sprachverwandtschaftsforschung hat man das Konzept zentraler Wortschatzelemente diskutiert, wenn man etwa im Rahmen der Glottochronologie bzw. Lexikostatistik versuchte, die verwandtschaftliche Nähe zweier Sprachen zueinander festzustellen, indem man vergleicht, wie eine vorab definierte Liste zentraler Begriffe in den einzelnen Sprachen realisiert wird. Darüberhinaus wird in der allgemeinen linguistischen Forschung immer wieder die Frage diskutiert, ob es so etwas wie ein absolutes Zentrum des Wortschatzes einer Sprache überhaupt gibt und wie dieses definiert sein könnte. In der Computerlinguistik schließlich findet das Konzept zentraler Wortschätze ebenfalls Anwendung, wenn auch bisher nur implizit und ohne direkten Bezug zu den entsprechenden praktischen Anwendungen in der Sprachdidaktik; so etwa in den sogenannten Stopwortlisten des Information Retrieval oder in den Neutralwortschätzen der maschinellen Klassifikation von Texten. Das Konzept zentraler Wortschätze wird also in verschiedenen Bereichen der angewandten Linguistik aktiv eingesetzt. Explizit diskutiert worden ist es bisher aber fast nur von Sprachdidaktikern und Lexikographen. Lexikologen, theoretisch orientierte Linguisten und Computerlinguisten haben sich bisher kaum oder nur am Rande dazu geäußert. Was fehlt, ist eine Betrachtung des Konzeptes von einem weiter gefassten, anwendungsübergreifenden Standpunkt aus. Die bisherigen Diskussionsbeiträge bestehen zu einem großen Teil aus der Erarbeitung konkreter Grundwortschätze für verschiedene sprachdidaktische Anwendungen und aus kritischen Beurteilungen dieser Versuche. Die wenigen Arbeiten, die sich diesem Konzept von einem theoretisch-methodischen Winkel her nähern, tun dies fast ausschließlich im Hinblick auf den konkreten Bereich der Sprachdidaktik, indem sie etwa konkrete (sprachdidaktisch orientierte) Grundwortschätze analysieren und anhand dieser Ergebnisse spezifische Fragen der Sprachdidaktik diskutieren. Grundlegende methodische und lexikologische Fragen werden entweder im Lichte der Sprachdidaktik besprochen oder vernachlässigt. So fehlt etwa die explizite Einbindung von Erkenntnissen der Lexikologie zur Makrostruktur des Wortschatzes, die Zusammenstellung der verschiedenen konkreten Anwendungen in Sprachdidaktik und Computerlinguistik unter einem konzeptuellen Dach, die Etablierung einer konsistenten Terminologie oder eine konkrete Wortschatzanalyse zur Beantwortung lexikologischer Fragen unabhängig von einer praktischen Anwendung. Das Fehlen einer solchen übergreifenden Betrachtung ist zwar nachvollziehbar, weil das Konzept zentraler Wortschätze zunächst aus einer praktischen Notwendigkeit heraus in verschiedenen Bereichen entstanden ist; theoretisch-methodische Überlegungen, die über die einzelne praktische Anwendung hinausgehen, mussten dabei vorläufig in den Hintergrund rücken. Dennoch ist eine solch übergreifende Betrachtung nötig, um die Arbeit an zentralen Wortschätzen stärker lexikologisch zu verankern und Synergien zwischen den verschiedenen Anwendungsbereichen zu erzielen. Dazu soll die vorliegende Arbeit einen Beitrag leisten.
Grundwortschatz, basic vocabulary, Lexikologie, lexicology, coreness
Haderlein, Veronika
2007
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Haderlein, Veronika (2007): Das Konzept zentraler Wortschätze: Bestandsaufnahme, theoretisch-methodische Weiterführung und praktische Untersuchung. Dissertation, LMU München: Fakultät für Sprach- und Literaturwissenschaften
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Abstract

Gegenstand dieser Arbeit ist die Neubetrachtung und Weiterführung des bisher vor allem unter dem Namen 'Grundwortschatz' bekannten lexikographischen Konzeptes zentraler Wortschätze. Dieses Konzept hat im Bereich der Didaktik des Deutschen bereits eine lange Tradition; dort wird es verwendet, um spezielle reduzierte Wortschätze für den Erst- und Zweitsprachenerwerb zu erstellen. Mit Hilfe dieser Wortschätze soll der Spracherwerb effektiver gestaltet werden, indem der Lernende mit den zentralsten Einheiten des Wortschatzes zuerst konfrontiert wird. Diese Versuche sind wegen des Mangels an objektiven Kriterien dafür, welche Einheiten des Wortschatzes zentral sind und wie eine Selektion für einen Grundwortschatz aussehen könnte, immer kontrovers diskutiert worden. Auch in der Sprachverwandtschaftsforschung hat man das Konzept zentraler Wortschatzelemente diskutiert, wenn man etwa im Rahmen der Glottochronologie bzw. Lexikostatistik versuchte, die verwandtschaftliche Nähe zweier Sprachen zueinander festzustellen, indem man vergleicht, wie eine vorab definierte Liste zentraler Begriffe in den einzelnen Sprachen realisiert wird. Darüberhinaus wird in der allgemeinen linguistischen Forschung immer wieder die Frage diskutiert, ob es so etwas wie ein absolutes Zentrum des Wortschatzes einer Sprache überhaupt gibt und wie dieses definiert sein könnte. In der Computerlinguistik schließlich findet das Konzept zentraler Wortschätze ebenfalls Anwendung, wenn auch bisher nur implizit und ohne direkten Bezug zu den entsprechenden praktischen Anwendungen in der Sprachdidaktik; so etwa in den sogenannten Stopwortlisten des Information Retrieval oder in den Neutralwortschätzen der maschinellen Klassifikation von Texten. Das Konzept zentraler Wortschätze wird also in verschiedenen Bereichen der angewandten Linguistik aktiv eingesetzt. Explizit diskutiert worden ist es bisher aber fast nur von Sprachdidaktikern und Lexikographen. Lexikologen, theoretisch orientierte Linguisten und Computerlinguisten haben sich bisher kaum oder nur am Rande dazu geäußert. Was fehlt, ist eine Betrachtung des Konzeptes von einem weiter gefassten, anwendungsübergreifenden Standpunkt aus. Die bisherigen Diskussionsbeiträge bestehen zu einem großen Teil aus der Erarbeitung konkreter Grundwortschätze für verschiedene sprachdidaktische Anwendungen und aus kritischen Beurteilungen dieser Versuche. Die wenigen Arbeiten, die sich diesem Konzept von einem theoretisch-methodischen Winkel her nähern, tun dies fast ausschließlich im Hinblick auf den konkreten Bereich der Sprachdidaktik, indem sie etwa konkrete (sprachdidaktisch orientierte) Grundwortschätze analysieren und anhand dieser Ergebnisse spezifische Fragen der Sprachdidaktik diskutieren. Grundlegende methodische und lexikologische Fragen werden entweder im Lichte der Sprachdidaktik besprochen oder vernachlässigt. So fehlt etwa die explizite Einbindung von Erkenntnissen der Lexikologie zur Makrostruktur des Wortschatzes, die Zusammenstellung der verschiedenen konkreten Anwendungen in Sprachdidaktik und Computerlinguistik unter einem konzeptuellen Dach, die Etablierung einer konsistenten Terminologie oder eine konkrete Wortschatzanalyse zur Beantwortung lexikologischer Fragen unabhängig von einer praktischen Anwendung. Das Fehlen einer solchen übergreifenden Betrachtung ist zwar nachvollziehbar, weil das Konzept zentraler Wortschätze zunächst aus einer praktischen Notwendigkeit heraus in verschiedenen Bereichen entstanden ist; theoretisch-methodische Überlegungen, die über die einzelne praktische Anwendung hinausgehen, mussten dabei vorläufig in den Hintergrund rücken. Dennoch ist eine solch übergreifende Betrachtung nötig, um die Arbeit an zentralen Wortschätzen stärker lexikologisch zu verankern und Synergien zwischen den verschiedenen Anwendungsbereichen zu erzielen. Dazu soll die vorliegende Arbeit einen Beitrag leisten.