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Requiem oder Ouvertüre - Physiologische Effekte durch Mozartsche Klaviersonaten bei schwerstkranken Intensivpatienten
Requiem oder Ouvertüre - Physiologische Effekte durch Mozartsche Klaviersonaten bei schwerstkranken Intensivpatienten
Die vorliegende Arbeit bettet eine musiktherapeutische Studie an schwerstkranken, beatmeten, chirurgischen Intensivpatienten in einen musikwissenschaftlichen Kontext ein. Dabei ist der Fokus auf durch Musik messbare, anxiolytische Reaktionen bei diesem Patientengut gelegt, die sich auf die Bereiche physiologische Parameter, Sedierung, Laborparameter und Gehirnstrommessung beziehen. In dem musikwissenschaftlichen Kontext sind die historische Verwendung von Musik in der Medizin und der Einsatz von Musik in der modernen Medizin einbezogen. Es wird weiter eine kurze Darstellung des Lebens von Hermann von Helmholtz mit Betonung seiner musik-wissenschaftlichen und akustischen Forschung gegeben. Darüberhinaus wird der kognitive Transfereffekt von Musik unter besonderer Berücksichtigung des so genannten „Mozart- Effekts“ beleuchtet. Schließlich werden kompositorische Elemente der Entspannung bei Mozart als Ausdruck seines von Krankheit geprägten Lebens untersucht. Der historische Überblick zeigt Beispiele von Musik als therapeutisches Instrument in sechs Jahrtausenden Kulturgeschichte. Neben der Verwendung im religiösen, kultischen Umfeld wurde Musik auch bei konkreten Krankheiten und unter Einbeziehung von harmonischen Entdeckungen wie dem Schwingungsverhältnis der Saiten benutzt. Bis in das 19. und 20. Jahrhundert wird die therapeutische Wirkung von Musik als mystisch verklärt dargestellt, was auch heute noch häufig auf dem Gebiet der Esoterik der Fall ist. Dieser Ansatz der Kalogathie (kalós kai agathós), dass man sich nur an das Schöne halten müsse um das Gute zu erreichen, wurde als antikes Gedankenkonstrukt identifiziert. Anschließend wird der Einsatz von Musik in den großen Fächern der Medizin wie Intensivmedizin, Kinderheilkunde, Frauenheilkunde, Chirurgie und Neurologie/Psychiatrie beschrieben, wobei wichtige Studienergebnisse dargelegt werden. Der Bereich der unerwünschten Wirkung durch Musik, zu dem verminderte Konzentration von Ärzten, Stress bei Patienten und auch die epilepsieauslösende Wirkung von Musik gehört, wird beschrieben. Es folgt ein Abschnitt über den Komplex kognitiver Transferleistung durch Musik, die als die Übertragung von durch Musik ausgelösten Wirkungen auf rein kognitive Leistungen definiert ist, wobei besonders auf den von den Medien geprägten Begriff des „Mozart-Effekts“ eingegangen wird. Dieser beschreibt verbesserte Leistungen in Aufgaben, die das mentale Drehen von Objekten im Raum während des Hörens der Mozart Sonate für zwei Klaviere KV 448 testen. Anschließend wird der Pionier der akustischen Physiologie, der Mediziner und Physiker Hermann von Helmholtz vorgestellt, der mit seinem Werk „Die Lehre von den Tonempfindungen als physiologische Grundlage für die Theorie der Musik“ die Grundlage für die wissenschaftliche Wirkungsforschung der Musik legte. Da bei unseren Studien langsame Sätze aus Mozartschen Klaviersonaten verwendet wurden, haben wir in einem Kapitel über Mozart versucht, die Ursache für die besondere Wirkung auf Kranke zu finden. Erst wird eine ausführliche Anamnese über den Patienten Mozart erhoben, die das von Krankheit geprägte Leben und seine unklare Todesursache mit einbezieht. Dessen kompositorische Verarbeitung von Krankheit und Todeseinstellung könnte eine Ursache für die besondere Wirkung seiner Musik sein. In dem Kapitel über die Wirkungsforschung seiner Musik werden die mit wissenschaftlichen Mitteln erhobenen Analysen vorgestellt, die seine Musik als besonders wirksames Therapeutikum bei Kranken sehen. Es folgt die Beschreibung der Studienergebnisse, wobei man sowohl bei den physiologischen Parametern (Herzfrequenz, Blutdruck), der Sedierung (Einsparung an Narkosemittel Propofol, Wert auf der Ramsay Sedation Scale), den Laborparametern (Dehydroepiandrosteron, Wachstumshormon, Interleukin-6, Adrenalin) signifikant messbare und bei den Gehirnströmen (kein Signifikanzniveau von p<0,05) deutliche Hinweise auf entspannende Effekte durch die Mozartschen langsamen Sätze aus den Klaviersonaten findet. Dadurch werden neue Hinweise auf die Wirkung von Musik bei schwerstkranken, beatmeten Intensivpatienten gegeben, wobei die Ergebnisse eine wissenschaftlich begründete Indikation für den Einsatz von Musik zur Behandlung von Intensivpatienten begründet.
Mozart, Klaviersonaten, Mozart Effekt, Physiologische Effekte, Intensivpatient
Conrad, Claudius
2006
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Conrad, Claudius (2006): Requiem oder Ouvertüre - Physiologische Effekte durch Mozartsche Klaviersonaten bei schwerstkranken Intensivpatienten. Dissertation, LMU München: Fakultät für Geschichts- und Kunstwissenschaften
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Abstract

Die vorliegende Arbeit bettet eine musiktherapeutische Studie an schwerstkranken, beatmeten, chirurgischen Intensivpatienten in einen musikwissenschaftlichen Kontext ein. Dabei ist der Fokus auf durch Musik messbare, anxiolytische Reaktionen bei diesem Patientengut gelegt, die sich auf die Bereiche physiologische Parameter, Sedierung, Laborparameter und Gehirnstrommessung beziehen. In dem musikwissenschaftlichen Kontext sind die historische Verwendung von Musik in der Medizin und der Einsatz von Musik in der modernen Medizin einbezogen. Es wird weiter eine kurze Darstellung des Lebens von Hermann von Helmholtz mit Betonung seiner musik-wissenschaftlichen und akustischen Forschung gegeben. Darüberhinaus wird der kognitive Transfereffekt von Musik unter besonderer Berücksichtigung des so genannten „Mozart- Effekts“ beleuchtet. Schließlich werden kompositorische Elemente der Entspannung bei Mozart als Ausdruck seines von Krankheit geprägten Lebens untersucht. Der historische Überblick zeigt Beispiele von Musik als therapeutisches Instrument in sechs Jahrtausenden Kulturgeschichte. Neben der Verwendung im religiösen, kultischen Umfeld wurde Musik auch bei konkreten Krankheiten und unter Einbeziehung von harmonischen Entdeckungen wie dem Schwingungsverhältnis der Saiten benutzt. Bis in das 19. und 20. Jahrhundert wird die therapeutische Wirkung von Musik als mystisch verklärt dargestellt, was auch heute noch häufig auf dem Gebiet der Esoterik der Fall ist. Dieser Ansatz der Kalogathie (kalós kai agathós), dass man sich nur an das Schöne halten müsse um das Gute zu erreichen, wurde als antikes Gedankenkonstrukt identifiziert. Anschließend wird der Einsatz von Musik in den großen Fächern der Medizin wie Intensivmedizin, Kinderheilkunde, Frauenheilkunde, Chirurgie und Neurologie/Psychiatrie beschrieben, wobei wichtige Studienergebnisse dargelegt werden. Der Bereich der unerwünschten Wirkung durch Musik, zu dem verminderte Konzentration von Ärzten, Stress bei Patienten und auch die epilepsieauslösende Wirkung von Musik gehört, wird beschrieben. Es folgt ein Abschnitt über den Komplex kognitiver Transferleistung durch Musik, die als die Übertragung von durch Musik ausgelösten Wirkungen auf rein kognitive Leistungen definiert ist, wobei besonders auf den von den Medien geprägten Begriff des „Mozart-Effekts“ eingegangen wird. Dieser beschreibt verbesserte Leistungen in Aufgaben, die das mentale Drehen von Objekten im Raum während des Hörens der Mozart Sonate für zwei Klaviere KV 448 testen. Anschließend wird der Pionier der akustischen Physiologie, der Mediziner und Physiker Hermann von Helmholtz vorgestellt, der mit seinem Werk „Die Lehre von den Tonempfindungen als physiologische Grundlage für die Theorie der Musik“ die Grundlage für die wissenschaftliche Wirkungsforschung der Musik legte. Da bei unseren Studien langsame Sätze aus Mozartschen Klaviersonaten verwendet wurden, haben wir in einem Kapitel über Mozart versucht, die Ursache für die besondere Wirkung auf Kranke zu finden. Erst wird eine ausführliche Anamnese über den Patienten Mozart erhoben, die das von Krankheit geprägte Leben und seine unklare Todesursache mit einbezieht. Dessen kompositorische Verarbeitung von Krankheit und Todeseinstellung könnte eine Ursache für die besondere Wirkung seiner Musik sein. In dem Kapitel über die Wirkungsforschung seiner Musik werden die mit wissenschaftlichen Mitteln erhobenen Analysen vorgestellt, die seine Musik als besonders wirksames Therapeutikum bei Kranken sehen. Es folgt die Beschreibung der Studienergebnisse, wobei man sowohl bei den physiologischen Parametern (Herzfrequenz, Blutdruck), der Sedierung (Einsparung an Narkosemittel Propofol, Wert auf der Ramsay Sedation Scale), den Laborparametern (Dehydroepiandrosteron, Wachstumshormon, Interleukin-6, Adrenalin) signifikant messbare und bei den Gehirnströmen (kein Signifikanzniveau von p<0,05) deutliche Hinweise auf entspannende Effekte durch die Mozartschen langsamen Sätze aus den Klaviersonaten findet. Dadurch werden neue Hinweise auf die Wirkung von Musik bei schwerstkranken, beatmeten Intensivpatienten gegeben, wobei die Ergebnisse eine wissenschaftlich begründete Indikation für den Einsatz von Musik zur Behandlung von Intensivpatienten begründet.