Logo Logo
Hilfe
Kontakt
Switch language to English
Vorkommen von Angstverhalten bei Hunden in der tierärztlichen Praxis und Darstellung der Möglichkeiten einer angst- und stressarmen Behandlung
Vorkommen von Angstverhalten bei Hunden in der tierärztlichen Praxis und Darstellung der Möglichkeiten einer angst- und stressarmen Behandlung
Die meisten Tierbesitzer erwarten von einem Tierarzt eine hohe medizinische Kompetenz und optimale Behandlungsmethoden. Es ist jedoch für die Mehrzahl der Besitzer entscheidend, dass ein Tierarzt liebevoll und freundlich mit seinen Patienten umgeht. Wenn ein Hund die tierärztliche Praxis freiwillig betritt und sich auch während der Behandlung entspannt verhält, ist dies außerdem ein Vorteil in Bezug auf die Kundenbindung. In der vorliegenden Arbeit sollte die Häufigkeit des Vorkommens von Angstverhalten bei Hunden in der tierärztlichen Praxis erfasst werden. Das Ziel war die Entwicklung von vertrauensbildenden Maßnahmen und eines praxistauglichen Managements für Tierärzte, um das Angstverhalten und die Stressbelastung der Hunde während des Tierarztbesuches zu reduzieren. Es wurde das Verhalten von 135 Hunden im Rahmen einer "Allgemeinen Untersuchung" bei Eintritt in den Behandlungsraum (Check 1), im Behandlungsraum (Check 2), während einer standardisierten Test-Untersuchung auf dem Behandlungstisch (Check 3) und beim Verlassen des Behandlungsraumes (Check 4) beobachtet. Mit Hilfe einer Checkliste erfolgte die Datenerfassung der ethologischen und physiologischen Parameter. Während der standardisierten Test-Untersuchung auf dem Behandlungstisch wurde das Verhalten der Hunde anhand fünf ausgewählter Parameter (Blickrichtung, Rutenhaltung, Körperhaltung, Stresszeichen, Meideverhalten) mit Hilfe eines 5-Punktesystems bewertet. Der Großteil der untersuchten Hunde (78,5% von n=135) verhielt sich "ängstlich" (3-5 Punkte). Nur ein geringer Teil der Hunde war "entspannt" (0-1 Punkt). Nach der "Allgemeinen Untersuchung" der Hunde bekamen die Besitzer einen Fragebogen ausgehändigt. Von 60 Hunden, die während der "Allgemeinen Untersuchung" Angstverhalten gezeigt hatten, wurden 30 Hunde in eine Versuchsgruppe und 30 Hunde in eine Kontrollgruppe eingeteilt. Im Rahmen einer "Zweiten Untersuchung" wurde das Verhalten der Hunde beider Gruppen während der standardisierten Test-Untersuchung (Check 3) und beim Verlassen des Behandlungsraumes (Check 4) erfasst. Dabei wurden nur bei den Hunden der Versuchsgruppe vertrauensbildende Maßnahmen sowie ein geeignetes Management angewandt (u.a. tierfreundliche Körperhaltung bei der ersten Kontaktaufnahme; Anbieten von Leckerlis unterschiedlicher Attraktivitätsstufen; dem Hund Zeit geben, den Behandlungsraum zu erkunden; dem Besitzer Anweisungen geben, wie er sich gegenüber seinem Hund verhalten sollte; Angstverhalten des Hundes ignorieren bzw. angstfreies Verhalten belohnen). Anschließend erfolgte die Beobachtung der Hunde beider Gruppen während einer "Dritten Untersuchung" ohne vertrauensbildende Maßnahmen oder ein geeignetes Management bei Eintritt in den Behandlungsraum (Check 1) und im Behandlungsraum (Check 2). Fast alle Hunde der Versuchsgruppe (93,3% von n=30) nahmen ein Leckerli an. Über die Hälfte der Hunde akzeptierte dabei ein Trockenfutter. Der Großteil der Hunde nahm die Leckerlis vom Tierarzt und vom Besitzer sowie im Behandlungsraum und auf dem Behandlungstisch an. Bei der Auswertung der Versuchs- und Kontrollgruppe wurden die Ergebnisse der "Allgemeinen Untersuchung" (vorher) mit den Ergebnissen der "Zweiten und Dritten Untersuchung" (nachher) verglichen. Im Rahmen der "Zweiten Untersuchung" bestand bei den Hunden der Versuchsgruppe u.a. ein signifikanter Unterschied (p<0,01) bezüglich der Körperhaltung (z.B. vorher: 100,0% geduckt; nachher: 66,7% geduckt). Bei diesen Hunden konnte zudem während der "Zweiten Untersuchung" ein signifikanter Abfall der Punktzahl zur Beurteilung des Angstverhaltens ermittelt werden. Nach Anwendung der vertrauensbildenden Maßnahmen und des geeigneten Managements zeigten viele Hunde der Versuchsgruppe während der "Dritten Untersuchung" im Behandlungsraum weniger Angstverhalten, Meideverhalten oder Stresszeichen. Es bestanden u.a. signifikante Unterschiede hinsichtlich der Kopfhaltung (p<0,05), der Körperhaltung (p<0,01), der Rutenhaltung (p<0,05) und der Rutenbewegung (p<0,05). Beispielsweise konnten deutliche Veränderungen anhand der gesenkten Kopfhaltung (vorher: 40,0%; nachher: 10,0%), der geduckten Körperhaltung (vorher: 53,3%; nachher: 10,0%), der enspannten Rutenhaltung (vorher: 20,0%; nachher: 53,3%) sowie bei Hunden mit Rutenbewegungen (vorher: 30,0%; nachher: 50,0%) festgestellt werden. Es zeigte sich, dass bereits durch den Einsatz äußerst einfacher Maßnahmen das Verhalten der Hunde in der tierärztlichen Praxis entscheidend beeinflusst werden kann. Aus diesem Grund ist die Anwendung der entwickelten vertrauensbildenden Maßnahmen und des geeingneten Managements für Tierärzte zu empfehlen, um das Angstverhalten und die Stressbelastung der Hunde während des Tierarztbesuches zu vermindern.
Hunde, Tierarzt, Angst, Stress, Behandlung
Roscher, Anita
2005
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Roscher, Anita (2005): Vorkommen von Angstverhalten bei Hunden in der tierärztlichen Praxis und Darstellung der Möglichkeiten einer angst- und stressarmen Behandlung. Dissertation, LMU München: Tierärztliche Fakultät
[thumbnail of Roscher_Anita.pdf]
Vorschau
PDF
Roscher_Anita.pdf

610kB

Abstract

Die meisten Tierbesitzer erwarten von einem Tierarzt eine hohe medizinische Kompetenz und optimale Behandlungsmethoden. Es ist jedoch für die Mehrzahl der Besitzer entscheidend, dass ein Tierarzt liebevoll und freundlich mit seinen Patienten umgeht. Wenn ein Hund die tierärztliche Praxis freiwillig betritt und sich auch während der Behandlung entspannt verhält, ist dies außerdem ein Vorteil in Bezug auf die Kundenbindung. In der vorliegenden Arbeit sollte die Häufigkeit des Vorkommens von Angstverhalten bei Hunden in der tierärztlichen Praxis erfasst werden. Das Ziel war die Entwicklung von vertrauensbildenden Maßnahmen und eines praxistauglichen Managements für Tierärzte, um das Angstverhalten und die Stressbelastung der Hunde während des Tierarztbesuches zu reduzieren. Es wurde das Verhalten von 135 Hunden im Rahmen einer "Allgemeinen Untersuchung" bei Eintritt in den Behandlungsraum (Check 1), im Behandlungsraum (Check 2), während einer standardisierten Test-Untersuchung auf dem Behandlungstisch (Check 3) und beim Verlassen des Behandlungsraumes (Check 4) beobachtet. Mit Hilfe einer Checkliste erfolgte die Datenerfassung der ethologischen und physiologischen Parameter. Während der standardisierten Test-Untersuchung auf dem Behandlungstisch wurde das Verhalten der Hunde anhand fünf ausgewählter Parameter (Blickrichtung, Rutenhaltung, Körperhaltung, Stresszeichen, Meideverhalten) mit Hilfe eines 5-Punktesystems bewertet. Der Großteil der untersuchten Hunde (78,5% von n=135) verhielt sich "ängstlich" (3-5 Punkte). Nur ein geringer Teil der Hunde war "entspannt" (0-1 Punkt). Nach der "Allgemeinen Untersuchung" der Hunde bekamen die Besitzer einen Fragebogen ausgehändigt. Von 60 Hunden, die während der "Allgemeinen Untersuchung" Angstverhalten gezeigt hatten, wurden 30 Hunde in eine Versuchsgruppe und 30 Hunde in eine Kontrollgruppe eingeteilt. Im Rahmen einer "Zweiten Untersuchung" wurde das Verhalten der Hunde beider Gruppen während der standardisierten Test-Untersuchung (Check 3) und beim Verlassen des Behandlungsraumes (Check 4) erfasst. Dabei wurden nur bei den Hunden der Versuchsgruppe vertrauensbildende Maßnahmen sowie ein geeignetes Management angewandt (u.a. tierfreundliche Körperhaltung bei der ersten Kontaktaufnahme; Anbieten von Leckerlis unterschiedlicher Attraktivitätsstufen; dem Hund Zeit geben, den Behandlungsraum zu erkunden; dem Besitzer Anweisungen geben, wie er sich gegenüber seinem Hund verhalten sollte; Angstverhalten des Hundes ignorieren bzw. angstfreies Verhalten belohnen). Anschließend erfolgte die Beobachtung der Hunde beider Gruppen während einer "Dritten Untersuchung" ohne vertrauensbildende Maßnahmen oder ein geeignetes Management bei Eintritt in den Behandlungsraum (Check 1) und im Behandlungsraum (Check 2). Fast alle Hunde der Versuchsgruppe (93,3% von n=30) nahmen ein Leckerli an. Über die Hälfte der Hunde akzeptierte dabei ein Trockenfutter. Der Großteil der Hunde nahm die Leckerlis vom Tierarzt und vom Besitzer sowie im Behandlungsraum und auf dem Behandlungstisch an. Bei der Auswertung der Versuchs- und Kontrollgruppe wurden die Ergebnisse der "Allgemeinen Untersuchung" (vorher) mit den Ergebnissen der "Zweiten und Dritten Untersuchung" (nachher) verglichen. Im Rahmen der "Zweiten Untersuchung" bestand bei den Hunden der Versuchsgruppe u.a. ein signifikanter Unterschied (p<0,01) bezüglich der Körperhaltung (z.B. vorher: 100,0% geduckt; nachher: 66,7% geduckt). Bei diesen Hunden konnte zudem während der "Zweiten Untersuchung" ein signifikanter Abfall der Punktzahl zur Beurteilung des Angstverhaltens ermittelt werden. Nach Anwendung der vertrauensbildenden Maßnahmen und des geeigneten Managements zeigten viele Hunde der Versuchsgruppe während der "Dritten Untersuchung" im Behandlungsraum weniger Angstverhalten, Meideverhalten oder Stresszeichen. Es bestanden u.a. signifikante Unterschiede hinsichtlich der Kopfhaltung (p<0,05), der Körperhaltung (p<0,01), der Rutenhaltung (p<0,05) und der Rutenbewegung (p<0,05). Beispielsweise konnten deutliche Veränderungen anhand der gesenkten Kopfhaltung (vorher: 40,0%; nachher: 10,0%), der geduckten Körperhaltung (vorher: 53,3%; nachher: 10,0%), der enspannten Rutenhaltung (vorher: 20,0%; nachher: 53,3%) sowie bei Hunden mit Rutenbewegungen (vorher: 30,0%; nachher: 50,0%) festgestellt werden. Es zeigte sich, dass bereits durch den Einsatz äußerst einfacher Maßnahmen das Verhalten der Hunde in der tierärztlichen Praxis entscheidend beeinflusst werden kann. Aus diesem Grund ist die Anwendung der entwickelten vertrauensbildenden Maßnahmen und des geeingneten Managements für Tierärzte zu empfehlen, um das Angstverhalten und die Stressbelastung der Hunde während des Tierarztbesuches zu vermindern.