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Liegeverhalten von Pferden im Offenlaufstall auf unterschiedlichen Bodenmaterialien (Gummimatten, Späne und Sand)
Liegeverhalten von Pferden im Offenlaufstall auf unterschiedlichen Bodenmaterialien (Gummimatten, Späne und Sand)
Die angemessenste Art ein Pferd als soziales Wesen unter menschlicher Obhut zu halten, ist in der Gruppe mit Seinesgleichen. Dabei gilt der Offenlaufstall mit getrennten Funktionsbereichen (Mehrraum-Außenlaufstall mit Auslauf) als die tiergerechteste Haltungsform für Pferde (BMELV, 2009). Aus Gründen der Arbeits- und Kostenersparnis sowie zur Reduzierung der Keim- und Staubbelastung werden in jüngster Zeit vermehrt Gummimatten als Einstreuersatz in Liegehallen von Offenlaufställen eingesetzt. In vorliegender Arbeit sollte überprüft werden, ob Gummimatten (7,5 cm hoch, schaumstoffgefüllt; HIT-Softbed plus®) in Kombination mit minimaler Späneeinstreu als Liegeunterlage in Liegehallen von Offenlaufställen als tiergerecht beurteilt werden können. Darüber hinaus galt es zu klären, ob die Klimaverhältnisse in den Liegehallen trotz nicht saugfähiger Gummiunterlage den hygienischen Anforderungen des BMELVs (2009) an das Stallklima entsprechen. Dazu wurde das Liegeverhalten von einer repräsentativen Anzahl von 56 Pferden in einem Offenlaufstall mit getrennten Funktionsbereichen an jeweils 6 Tagen je Jahreszeit (Frühling, Sommer, Herbst, Winter) mittels kontinuierlicher Videoaufzeichnungen (n= 24 Tage) und zusätzlichen visuellen Direkt-beobachtungen (n= 60 Std) erfasst. Die Pferde hatten zum Liegen die Wahl zwischen folgenden drei Arealen: drei identisch ausgestatteten, jedoch unterschiedlich großen Liegehallen (mittig Gummimatten; Randbereich Späneeinstreu), einem Unterstand (Sand), sowie einem Sandplatz. Die Größe der Liegefläche in den drei Liegehallen (LH I 172 m², LH II und III jeweils 143 m²) entsprach den Anforderungen des BMELVs (2009). Unterstand und Sandplatz konnten zusätzlich von den Pferden zum Ruhen im Liegen genutzt werden. Ergänzend wurden folgende Einflussfaktoren auf das Liegeverhalten der Pferde erfasst: Tageszeit, Jahreszeit und Witterung sowie Alter, Stockmaß, Gewicht, „Body Condition Score“ und Rangordnung. Durchschnittlich ruhten lediglich 35,2 der 52,3 in der Anlage befindlichen Pferde (67,3%) pro Beobachtungstag im Liegen in den Arealen. Demzufolge nahmen viele Pferde nicht jede Nacht eine Liegeposition ein. Die Hauptliegezeit mit 72% der erfassten Liegephasen war zwischen 0 und 6 Uhr. Bezogen auf die vorhandene Liegefläche je Areal ergab sich lediglich eine 50%ige Maximalauslastung an gleichzeitig liegenden Pferden. Die Liegephasendauer variierte -unabhängig vom Areal- signifikant zwischen den Pferden (p=0,028) und darüber hinaus auch je Pferd (p<0,001). Die durchschnittliche Dauer pro Liegephase war mit 28,8 ± 0,5 (SEM) min signifikant länger in den Liegehallen (I, II und III), als im Unterstand mit 24,6 ± 0,9 min und auf dem Sandplatz mit 20,0 ± 1,9 min (p<0,001). Die mittlere tägliche Gesamtliegedauer eines Pferdes betrug 91 ± 2,7 min in den Liegehallen (I, II und III), 43 ± 2,3 min im Unterstand und 27 ± 2,9 min auf dem Sandplatz (p<0,001). In den Liegehallen legte sich ein Pferd im Mittel 3,2 Mal am Tag ab, im Unterstand lediglich 1,7 und auf dem Sandplatz 1,3 Mal (p<0,001). 79% der registrierten Liegephasen (n= 2410) fanden darüber hinaus in den Liegehallen (I, II und III) statt, was deren zentrale Bedeutung als Liegebereich hervorhebt. In der größeren Liegehalle I ruhten eine größere Anzahl an unterschiedlichen Pferden häufiger (p<0,0002) und länger (p<0,0005) pro Tag im Liegen als in den beiden etwas kleineren Liegehallen II und III. Die tägliche Gesamtliegedauer pro Pferd war mit aufgestütztem Kopf mit 54,8 ± 1,6 Minuten länger als ohne aufgestützten Kopf mit 45,2 ± 1,8 min. In Seitenlage wurde im Durchschnitt pro Tag und Pferd 27,5 ± 1,1 min geruht (p<0,001). Diese Ruheposition wurde in den Liegehallen signifikant häufiger eingenommen, als auf dem Sandplatz oder im Unterstand (p<0,001). Die tägliche mittlere Gesamtliegedauer pro Pferd auf Späne war mit 74,3 ± 2,9 min gegenüber 62,4 ± 2,3 min auf Gummimatten signifikant länger (p=0,005). Ebenso fanden in Relation zum Flächenangebot in den Liegehallen geringfügig mehr Liegephasen auf dem Späne-Bereich als auf den Gummimatten statt. Ebenfalls in Flächenrelation wurde der offen gestaltete Unterstand deutlich vor den anderen Arealen zum Ruhen im Liegen von den Pferden präferiert. Es sei deshalb auf die Bedeutung eines Unterstandes als zusätzliche Liegefläche in Offenlaufstallhaltung hingewiesen. Die meisten Liegephasen und auch die längsten täglichen Liegezeiten fanden in den warmen Monaten statt (p=0,013). Im Winter flachte das Ruhen im Liegen deutlich ab und verlagerte sich bei unter -10°C nahezu ausschließlich auf die Liegehallen (p=0,001). Der leichte Späne-Überzug und der positive Effekt der bereits integrierten und die Gummimatten zum Liegen nutzenden Pferde waren mögliche Gründe dafür, dass die Neuankömmlinge ohne Gummimatten-Vorerfahrung (n= 10 Pferde ≤ 6 Monate in der Anlage) kein vermindertes Liegeverhalten im Vergleich zur bestehenden Herde (n= 46 Pferde; mind. 1 bis max. 3 J. in der Anlage) aufwiesen. Die Rangordnung wurde mittels modifiziertem „Average Dominance Index“ berechnet. Die rangniederen Pferde hatten mit 2,6 gegenüber 3,4 und 3,1 sowohl signifikant weniger Liegephasen pro Pferd und Tag, als auch mit 69,3 ± 3,9 min eine um 22 min signifikant kürzere tägliche Gesamtliegedauer als die Ranghöheren (jeweils p<0,001). Rangniedrige Pferde ruhten in den Liegehallen weniger häufig (2,7 gegenüber 3,5 und 3,2 mittlere Anzahl Liegephasen/ Pferd/ Tag) und auch signifikant (p<0,001) kürzer je Tag (77,8 ± 5,0 min gegenüber 97,3 ± 3,9 min und 98,8 ± 5,1 min). Je jünger ein Pferd war, desto öfter (3,5 gegenüber 2,6 mittlere Anzahl Liegephasen/ Pferd/ Tag) und länger (103,7 ± 7,6 min gegenüber 56,1 ± 13,2 min) legte es sich am Tag nieder, und desto häufiger (90% der Liegephasen der 4 und 5 Jährigen gegenüber 39% und 70% der 16 bis 25 J.) nutzte es die Liegehallen zum Liegen (p<0,001). Das Stockmaß der Pferde und das Pferdegewicht zeigten keinen eindeutigen Einfluss auf das Liegeverhalten. Für den „Body Condition Score“ (Skala 1 bis 9) ergaben sich signifikante Unterschiede. Je höher der BCS der Pferde war, desto häufigere (p=0,0185) und längere Liegezeiten (p=0,007) wiesen sie auf. Der monatlich gemessenen Ammoniakgehalt sowie Luftgeschwindigkeit, Luftfeuchtigkeit und Temperatur entsprachen bei Einsatz von Gummimatten in den Liegehallen den Anforderungen des BMELV (2009) an ein tiergerechtes Stallklima. Voraussetzung hierfür ist jedoch eine ausreichende Luftzirkulation im Stallgebäude sowie eine gute Stallhygiene. Die Ergebnisse aus den vergleichenden Beobachtungen der unterschiedlichen Liegematerialien lassen schlussfolgern, dass die hier untersuchten verformbaren Gummimatten in Kombination mit minimaler Späneeinstreu in Offenlaufställen von der Mehrzahl der Pferde zum Ruhen im Liegen angenommen wurde und deshalb als weitgehend tiergerecht beurteilt werden können.
Liegeverhalten, Pferd, Liegeunterlage, Gummimatten, Gruppenhaltung
Baumgartner, Miriam
2012
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Baumgartner, Miriam (2012): Liegeverhalten von Pferden im Offenlaufstall auf unterschiedlichen Bodenmaterialien (Gummimatten, Späne und Sand). Dissertation, LMU München: Tierärztliche Fakultät
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Abstract

Die angemessenste Art ein Pferd als soziales Wesen unter menschlicher Obhut zu halten, ist in der Gruppe mit Seinesgleichen. Dabei gilt der Offenlaufstall mit getrennten Funktionsbereichen (Mehrraum-Außenlaufstall mit Auslauf) als die tiergerechteste Haltungsform für Pferde (BMELV, 2009). Aus Gründen der Arbeits- und Kostenersparnis sowie zur Reduzierung der Keim- und Staubbelastung werden in jüngster Zeit vermehrt Gummimatten als Einstreuersatz in Liegehallen von Offenlaufställen eingesetzt. In vorliegender Arbeit sollte überprüft werden, ob Gummimatten (7,5 cm hoch, schaumstoffgefüllt; HIT-Softbed plus®) in Kombination mit minimaler Späneeinstreu als Liegeunterlage in Liegehallen von Offenlaufställen als tiergerecht beurteilt werden können. Darüber hinaus galt es zu klären, ob die Klimaverhältnisse in den Liegehallen trotz nicht saugfähiger Gummiunterlage den hygienischen Anforderungen des BMELVs (2009) an das Stallklima entsprechen. Dazu wurde das Liegeverhalten von einer repräsentativen Anzahl von 56 Pferden in einem Offenlaufstall mit getrennten Funktionsbereichen an jeweils 6 Tagen je Jahreszeit (Frühling, Sommer, Herbst, Winter) mittels kontinuierlicher Videoaufzeichnungen (n= 24 Tage) und zusätzlichen visuellen Direkt-beobachtungen (n= 60 Std) erfasst. Die Pferde hatten zum Liegen die Wahl zwischen folgenden drei Arealen: drei identisch ausgestatteten, jedoch unterschiedlich großen Liegehallen (mittig Gummimatten; Randbereich Späneeinstreu), einem Unterstand (Sand), sowie einem Sandplatz. Die Größe der Liegefläche in den drei Liegehallen (LH I 172 m², LH II und III jeweils 143 m²) entsprach den Anforderungen des BMELVs (2009). Unterstand und Sandplatz konnten zusätzlich von den Pferden zum Ruhen im Liegen genutzt werden. Ergänzend wurden folgende Einflussfaktoren auf das Liegeverhalten der Pferde erfasst: Tageszeit, Jahreszeit und Witterung sowie Alter, Stockmaß, Gewicht, „Body Condition Score“ und Rangordnung. Durchschnittlich ruhten lediglich 35,2 der 52,3 in der Anlage befindlichen Pferde (67,3%) pro Beobachtungstag im Liegen in den Arealen. Demzufolge nahmen viele Pferde nicht jede Nacht eine Liegeposition ein. Die Hauptliegezeit mit 72% der erfassten Liegephasen war zwischen 0 und 6 Uhr. Bezogen auf die vorhandene Liegefläche je Areal ergab sich lediglich eine 50%ige Maximalauslastung an gleichzeitig liegenden Pferden. Die Liegephasendauer variierte -unabhängig vom Areal- signifikant zwischen den Pferden (p=0,028) und darüber hinaus auch je Pferd (p<0,001). Die durchschnittliche Dauer pro Liegephase war mit 28,8 ± 0,5 (SEM) min signifikant länger in den Liegehallen (I, II und III), als im Unterstand mit 24,6 ± 0,9 min und auf dem Sandplatz mit 20,0 ± 1,9 min (p<0,001). Die mittlere tägliche Gesamtliegedauer eines Pferdes betrug 91 ± 2,7 min in den Liegehallen (I, II und III), 43 ± 2,3 min im Unterstand und 27 ± 2,9 min auf dem Sandplatz (p<0,001). In den Liegehallen legte sich ein Pferd im Mittel 3,2 Mal am Tag ab, im Unterstand lediglich 1,7 und auf dem Sandplatz 1,3 Mal (p<0,001). 79% der registrierten Liegephasen (n= 2410) fanden darüber hinaus in den Liegehallen (I, II und III) statt, was deren zentrale Bedeutung als Liegebereich hervorhebt. In der größeren Liegehalle I ruhten eine größere Anzahl an unterschiedlichen Pferden häufiger (p<0,0002) und länger (p<0,0005) pro Tag im Liegen als in den beiden etwas kleineren Liegehallen II und III. Die tägliche Gesamtliegedauer pro Pferd war mit aufgestütztem Kopf mit 54,8 ± 1,6 Minuten länger als ohne aufgestützten Kopf mit 45,2 ± 1,8 min. In Seitenlage wurde im Durchschnitt pro Tag und Pferd 27,5 ± 1,1 min geruht (p<0,001). Diese Ruheposition wurde in den Liegehallen signifikant häufiger eingenommen, als auf dem Sandplatz oder im Unterstand (p<0,001). Die tägliche mittlere Gesamtliegedauer pro Pferd auf Späne war mit 74,3 ± 2,9 min gegenüber 62,4 ± 2,3 min auf Gummimatten signifikant länger (p=0,005). Ebenso fanden in Relation zum Flächenangebot in den Liegehallen geringfügig mehr Liegephasen auf dem Späne-Bereich als auf den Gummimatten statt. Ebenfalls in Flächenrelation wurde der offen gestaltete Unterstand deutlich vor den anderen Arealen zum Ruhen im Liegen von den Pferden präferiert. Es sei deshalb auf die Bedeutung eines Unterstandes als zusätzliche Liegefläche in Offenlaufstallhaltung hingewiesen. Die meisten Liegephasen und auch die längsten täglichen Liegezeiten fanden in den warmen Monaten statt (p=0,013). Im Winter flachte das Ruhen im Liegen deutlich ab und verlagerte sich bei unter -10°C nahezu ausschließlich auf die Liegehallen (p=0,001). Der leichte Späne-Überzug und der positive Effekt der bereits integrierten und die Gummimatten zum Liegen nutzenden Pferde waren mögliche Gründe dafür, dass die Neuankömmlinge ohne Gummimatten-Vorerfahrung (n= 10 Pferde ≤ 6 Monate in der Anlage) kein vermindertes Liegeverhalten im Vergleich zur bestehenden Herde (n= 46 Pferde; mind. 1 bis max. 3 J. in der Anlage) aufwiesen. Die Rangordnung wurde mittels modifiziertem „Average Dominance Index“ berechnet. Die rangniederen Pferde hatten mit 2,6 gegenüber 3,4 und 3,1 sowohl signifikant weniger Liegephasen pro Pferd und Tag, als auch mit 69,3 ± 3,9 min eine um 22 min signifikant kürzere tägliche Gesamtliegedauer als die Ranghöheren (jeweils p<0,001). Rangniedrige Pferde ruhten in den Liegehallen weniger häufig (2,7 gegenüber 3,5 und 3,2 mittlere Anzahl Liegephasen/ Pferd/ Tag) und auch signifikant (p<0,001) kürzer je Tag (77,8 ± 5,0 min gegenüber 97,3 ± 3,9 min und 98,8 ± 5,1 min). Je jünger ein Pferd war, desto öfter (3,5 gegenüber 2,6 mittlere Anzahl Liegephasen/ Pferd/ Tag) und länger (103,7 ± 7,6 min gegenüber 56,1 ± 13,2 min) legte es sich am Tag nieder, und desto häufiger (90% der Liegephasen der 4 und 5 Jährigen gegenüber 39% und 70% der 16 bis 25 J.) nutzte es die Liegehallen zum Liegen (p<0,001). Das Stockmaß der Pferde und das Pferdegewicht zeigten keinen eindeutigen Einfluss auf das Liegeverhalten. Für den „Body Condition Score“ (Skala 1 bis 9) ergaben sich signifikante Unterschiede. Je höher der BCS der Pferde war, desto häufigere (p=0,0185) und längere Liegezeiten (p=0,007) wiesen sie auf. Der monatlich gemessenen Ammoniakgehalt sowie Luftgeschwindigkeit, Luftfeuchtigkeit und Temperatur entsprachen bei Einsatz von Gummimatten in den Liegehallen den Anforderungen des BMELV (2009) an ein tiergerechtes Stallklima. Voraussetzung hierfür ist jedoch eine ausreichende Luftzirkulation im Stallgebäude sowie eine gute Stallhygiene. Die Ergebnisse aus den vergleichenden Beobachtungen der unterschiedlichen Liegematerialien lassen schlussfolgern, dass die hier untersuchten verformbaren Gummimatten in Kombination mit minimaler Späneeinstreu in Offenlaufställen von der Mehrzahl der Pferde zum Ruhen im Liegen angenommen wurde und deshalb als weitgehend tiergerecht beurteilt werden können.